Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeit eines Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung eines Grundbesitzwertes für Zwecke der Schenkungsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Ein Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung eines Grundbesitzwertes für Zwecke der Schenkungsteuer, der nicht alle Feststellungsbeteiligten als Inhaltsadressat benennt, ist nichtig.
Normenkette
BewG § 154; AO § 125; BewG § 151
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines nach § 129 Abgabenordnung (AO) berichtigten Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes für den Grundbesitz S-Straße 96, WE 26 in H-Stadt auf den 24.10.2012 für Zwecke der Schenkungsteuer.
Am 24.10.2012 übertrug S. T. seinem Sohn B. T. (Beigeladener) Anteile an der Schott N-AG (Klägerin) mit Sitz in X-Stadt. Die Klägerin hält diversen Grundbesitz. Schenkungsteuerfinanzamt ist das Finanzamt E-Stadt.
Unter Hinweis auf die schenkweise Übertragung von 51 % der Anteile an der Klägerin von S. T. an B. T. richtete das Finanzamt X-Stadt (Herr H.) am 21.05.2013 eine Anfrage nach Grundbesitzwerten für Schenkungsteuerzwecke an den Beklagten. Als betroffener Grundbesitz waren die Grundstücke C-Straße 70a (I. Bauabschnitt) und C-Straße 70 (II. Bauabschnitt) in H-Stadt angegeben. Ausweislich eines handschriftlichen Vermerks vom 13.06.2013 wurde die Anfrage nach Rücksprache mit Herrn H. umgedeutet auf S-Straße 96, H-Stadt (10 ETW).
Der Beklagte forderte daraufhin B. T. zur Abgabe einer Feststellungserklärung über den Bedarfswert auf.
Auf der Grundlage der Erklärung stellte der Beklagte durch Bescheid vom 02.08.2013 den Grundbesitzwert für den Grundbesitz S-Straße 96 in H-Stadt (WE 26) auf den 24.10.2012 gesondert und einheitlich auf 71.113 Euro fest. Weiter ergibt sich aus dem Bescheid, dass der übertragene Anteil am Grundbesitz 51 % betrage, was 36.267 Euro entspreche, und dass die Zurechnung bisher auf die Klägerin und nunmehr auf Herrn B. T. erfolge. Zu den Einzelheiten wird auf Blatt 4 ff. der Gerichtsakte hingewiesen.
Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 08.11.2013 erließ der Beklagte einen gemäß § 129 AO berichtigten Bescheid und stellte den Grundbesitzwert für den Grundbesitz S-Straße 96 (WE 26) auf 71.113 Euro fest. Als Grundstückseigentümerin ist die Klägerin und als Beteiligter am Besteuerungsverfahren Herr B. T. genannt. Unter Erläuterungen heißt es: „Dieser Bescheid ändert den Bescheid vom 02.08.2013.” Weitere Hinweise enthält der Bescheid nicht. Auf den Bescheid vom 08.11.2013, Blatt 8 ff. der Gerichtsakte, wird Bezug genommen.
Gegen den Bescheid legte der Prozessbevollmächtigte am 11.11.2013 Einspruch ein. In der Betreffzeile ist die Klägerin mit „T-AG” bezeichnet. Im Text des Schreibens heißt es „ … im Auftrag meines oben genannten Mandanten …”.
Der Bescheid vom 02.08.2013 könne mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht gemäß § 129 AO berichtigt werden. Im Übrigen seien neben der Feststellung über die Zurechnung Feststellungen zur Art der wirtschaftlichen Einheit, zum Wert (71.113 Euro) und zum übertragenen Anteil am Grundbesitz (36.267 Euro) getroffen worden. Zwar sei nicht die Feststellung über die Zurechnung, jedenfalls aber die Feststellung zum Wert des übertragenen Anteils am Grundbesitz für den Folgebescheid bindend. In der Sache sei der Grundbesitzwert in Höhe des gutachterlich ermittelten Werts festzustellen. Das dazu vorgelegte Verkehrswertgutachten von Herrn Dipl.-Ing. B. S. (Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken) ist auf den 04.07.2014 erstellt.
Nachdem der Beklagte zunächst die Auffassung vertreten hatte, eine Berichtigung gemäß § 129 AO sei möglich, weil bei Erlass des Bescheides vom 02.08.2013 versehentlich die Eingabe einer Kennziffer unterlassen worden sei, die zur zutreffenden Darstellung der Zurechnung und der Beteiligten im Bescheid geführt hätte, und ein Rechtsirrtum insofern nicht vorliege, wies er den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 02.01.2017 – nach Abstimmung mit der Oberfinanzdirektion – nunmehr mit folgender Argumentation als unbegründet zurück:
Die Bindungswirkung von Grundbesitzwertfeststellungen gemäß § 151 Abs. 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) erfasse nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 29.11.2006 II R 42/05; BStBl. II 2007, 319) lediglich die Wertfeststellung, nicht aber die Zurechnung. Eine derartige Bindungswirkung entfalte der Bescheid vom 02.08.2013 nicht, weil er in der Sache die Übertragung eines Grundstücksanteils von der Klägerin an Herrn B. T. darstelle, eine derartige Übertragung aber nicht stattgefunden habe und demgemäß auch nicht Gegenstand der Anfrage des Finanzamts X-Stadt gewesen sei. Demgegenüber beantworte der Bescheid vom 08.11.2013 die Anfrage des Finanzamts X-Stadt, die auf die Feststellung des Grundbesitzwerts für die schenkweise Übertragung eines Anteils an der grundbesitzhaltenden Gesellschaft gerichtet gewesen sei. Dieser Bescheid entfalte mit seinen Feststellungen erstmals Bindun...