rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Steuersatz für die Lieferung von vollständig mit der Hand geschaffenen Gemälden, Zeichnungen, Collagen und ähnlichen dekorativen Bildwerken (Gestaltung von Kirchenfenstern) sowie Originalerzeugnissen der Bildhauerkunst (Gestaltung eines Tabernakels)
Leitsatz (redaktionell)
1) Für das Vorliegen von "Gemälden" und "Zeichnungen" i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG i.V.m. Nr. 53 der dazugehörigen Anlage und Position 97.01 des Zolltarifs ist es unerheblich, auf welchen Stoffen sich diese Werke befinden, ob sie in einer bestimmten überkommenen oder in einer davon abweichenden, zeitgenössischen Technik hergestellt worden sind und ob sie einen besonderen künstlerischen Wert haben.
2) Ob - auch handgefertigte - Werke als nicht steuerbegünstigte gewerbliche Erzeugnisse (Handelswaren) anzusehen sind oder als dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegende Kunstgegenstände, richtet sich danach, ob ihr künstlerischer Eindruck vorherrscht und ihr Erscheinungsbild in der Weise prägt, dass die praktische Nutzungsmöglichkeit zweitrangig erscheint.
3) Zu den "Originalerzeugnissen der Bildhauerkunst aus Stoffen aller Art" i.S. der Position 97.03 des Zolltarifs gehören - ungeachtet der angewandten Technik und des verwendeten Materials - alle dreidimensionalen künstlerischen Produktionen, die nicht den Charakter einer Handelsware haben.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1 Anl. Nr. 52, Nr. 1 S. 1, Nr. 7c, Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob der für die Lieferung von Kunstgegenständen geltende ermäßigte Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in Verbindung mit Nr. 53 der zugehörigen Anlage von 7 % anzuwenden ist.
Der Kläger (Kl.) studierte von 1973 bis 1977 an der Fachhochschule D. das Fach Design und errang den Abschluss eines Diplomdesigners. Von 1979 bis 1986 betätigte er sich als Kunsttherapeut in einem Krankenhaus und ist seither als Objektdesigner unternehmerisch tätig. Er nahm mit seinen Arbeiten an zahlreichen Ausstellungen in Museen und Galerien teil und erhielt 1989 den preis des Landes für Glasgestaltung. In den Streitjahren (1996 und 1997) befasste er sich vorwiegend mit der Gestaltung von Kirchenfenstern und sakralen Gegenständen, wobei er teilweise nur die Entwürfe, teilweise auch die gestalteten Gegenstände gegen Entgelt veräußerte.
In seinen Umsatzsteuer(USt)-Erklärungen für die Streitjahre unterwarf der Kl., der die Istversteuerung gewählt hatte, sämtliche Lieferungen und Leistungen dem ermäßigten Steuersatz von 7 %. Diesen Erklärungen stimmte der Beklagte (Bekl.) zunächst zu, vertrat jedoch nach einer Außenprüfung die Auffassung, dass für die Gestaltung der Fenster in vier Kirchen und anderen Sakralräumen, für die der Kl. in den Streitjahren An- und Schlusszahlungen erhalten hatte, der Regelsteuersatz von 15 % gelte (Prüfungsbericht vom 2.9.1998), und erhöhte die USt'n entsprechend (USt-Bescheide 1996 vom 25.9.1998 und 1997 vom 20.7.1999). Der Einspruch des Kl. hatte keinen Erfolg. Der Bekl. versteuerte nach vorheriger Ankündigung zusätzlich die Gestaltung eines Tabernakels durch den Kl. mit dem Regelsteuersatz und wies den Rechtsbehelf im Übrigen als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung – EE – vom 25.11.1999). Hiergegen hat der Kl. fristgerecht Klage erhoben, mit der er geltend macht:
Auf die streitbefangenen Umsätze sei der ermäßigte Steuersatz von 7 % anzuwenden. Bei der Veräußerung der gestalteten Gegenstände handele es sich um die nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG in Verbindung mit Nr. 53 der zugehörigen Anlage steuerbegünstigte Lieferung von Kunstwerken. Entgegen der Auffassung des Bekl. habe er – der Kl. – keine bloßen Kunstverglasungen für Kirchenfenster, sondern individuelle Kunstobjekte hergestellt, die teilweise als handgefertigte Glasmalereien mit den charakterbestimmenden Merkmalen von Gemälden der Zolltarifposition 97.01 und teilweise als Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst der Zolltarifposition 97.03 zuzuordnen seien. Da er für die erst im Jahr 1998 abgeschlossene künstlerische Glasgestaltung der Kapelle der Stiftung in H. (Schlussrechnung vom 24.4.1998) im Streitjahr 1997 lediglich den Entwurf veräußert habe (Rechnung vom 1.6.1997), liege insoweit eine nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG steuerbegünstigte Einräumung eines Rechts nach dem Urheberrechtsgesetz vor. Insoweit habe er dem Auftraggeber mit Schreiben vom 24.4.1998 ausdrücklich eine entsprechende urheberrechtliche Rechtsstellung eingeräumt.
Der Kl. beantragt sinngemäß,
unter Änderung der USt-Bescheide 1996 vom 25.9.1998 und 1997 vom 20.7.1999 in Gestalt der EE vom 25.11.1999 die in den Streitjahren auf die Rechnungen vom 26.5., 1.6., 1.6. und 17.6.1997 erhaltenen An- und Schlusszahlungen nur mit 7 % zu versteuern.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor:
Die streitbefangenen Umsätze seien nicht mit dem ermäßigten, sondern mit dem Regelsteuersatz zu versteuern. Die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 US...