Entscheidungsstichwort (Thema)
Bilanzänderung i.S.v. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG durch Bildung einer § 6b-Rücklage zulässig
Leitsatz (redaktionell)
Eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG darf in Höhe der Gewinnauswirkung des gesamten Geschäftsvorfalls vorgenommen werden und nicht nur in der Höhe, in der sich eine isolierte Ausbuchung einer Bilanzposition auswirken würde. Daher kann ein bei weitem höherer Verkaufserlös als der Buchwert eines Grundstücks noch nachträglich in eine § 6b-Rücklage eingestellt werden, ohne dass der Änderungsrahmen des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG dem entgegenstünde.
Normenkette
EStG §§ 6b, 4 Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob § 4 Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) einer Bilanzänderung durch Bildung einer Rücklage nach § 6 b EStG zulässig ist.
Der Kläger (Kl.) erzielte in den Streitjahren 1995 und 1996 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und aus Kapitalvermögen. Darüber hinaus bezog er Einkünfte aus Aufsichtsratstätigkeit, und er erhielt Abgeordnetenbezüge, die als sonstige Einkünfte erfasst waren. Der Kl. ermittelte seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft durch Aufstellung einer Jahresbilanz jeweils auf den 30.06. eines Kalenderjahres.
Mit notariellem Vertrag vom 25.04.1995 veräußerte der Kl. eine Restfläche seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in D (Buchwert 44.816,– DM) für 362.682,– DM. Der Kaufpreis floss am 22.05.1995 auf ein privates Konto des Kl. und wurde buchmäßig nicht erfasst. Der Grund und Boden wurde weiterhin aktiviert. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten erfolgte zum 01.07.1995. (Anmerkung: Im Wirtschaftsjahr 1995/1996 erwarb der Kl. einen neuen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in S (Bundesland T), in dessen Rahmen er zukünftig Wirtschaftsgüter i.S.v. § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG anschaffen oder herstellen konnte.)
Der Beklagte (Bekl.) setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre zunächst mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheiden vom 28.01.1997 auf 22.042,– DM (1995) und vom 22.01.1998 auf 36.600,– DM (1996) fest.
Nach Durchführung einer am 26.06.2000 begonnenen Betriebsprüfung setzte der Bekl. dem Prüfungsbericht vom 13.10.2000 folgend die Einkommensteuer mit Bescheiden vom 24.01.2001 für 1995 auf 154.819,– DM und für 1996 auf 144.490,– DM fest. Dabei berücksichtigte er den Veräußerungsgewinn aus der Übertragung der Restfläche im Wirtschaftsjahr 1995/1996 mit 317.866,– DM. Ein im Verlaufe der Betriebsprüfung gestellter Antrag auf Bildung einer Rücklage nach § 6 b EStG wurde unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 18.05.2000, BStBl. I 2000, 587 zu § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG abgelehnt. Eine Bilanzänderung sei danach nur möglich, soweit die Auswirkung der Bilanzberichtigung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG auf den Gewinn reiche. Die vorgenommene Bilanzberichtigung (Ausbuchung des Grund und Bodens) löse isoliert betrachtet eine Gewinnminderung aus (Buchung: Aufwand an Grund und Boden), so dass eine (gewinnmindernde) Bilanzänderung durch Berücksichtigung der beantragten Rücklage mangels einer gewinnerhöhenden Bilanzberichtigung nicht in Betracht komme.
Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit seiner Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Das vom Bekl. zur Begründung herangezogene BMF-Schreiben vom 18.05.2000, a.a.O. trage die von diesem vertretene Rechtsauffassung nicht. Der Bekl. betrachte nur die separate Ausbuchung des Grund- und Bodenansatzes und komme hier zu dem Schluss, dass dieser für sich betrachtet keine gewinnerhöhende Auswirkung habe. Diese Aufteilung der Bilanzberichtigung in einen Teil „Bestandskonten” und einen zweiten Teil „Gewinn- und Verlustkonten” sei jedoch unzutreffend. Bereits in dem zitierten Anwendungsschreiben vom 18.05.2000 sei ausgeführt, dass eine Bilanzberichtigung sich auf den unrichtigen Ansatz von Wirtschaftsgütern … dem Grunde und der Höhe nach beziehe. Eine Änderung des steuerlichen Gewinns ohne Auswirkung auf den Ansatz eines Wirtschaftsgutes … sei daher keine Bilanzberichtigung. Hiermit bringe das Bundesfinanzministerium zum Ausdruck, dass im Zusammenhang mit einer Betriebsprüfung erfolgte Korrekturen, die ausschließlich Einfluss auf die Gewinn- und Verlustermittelung des Steuerpflichtigen hätten, den Tatbestand der Bilanzberichtigung nicht erfüllten. Hiermit werde jedoch nicht ausgeschlossen, dass für die mit einer Bilanzberichtigung in Form des korrigierten Ansatzes von Wirtschaftsgütern einhergehende Gewinnauswirkung die Möglichkeit versagt werde, insoweit eine Bilanzänderung durchzuführen.
Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG solle verhindern, dass durch eine Bilanzänderung die damit insgesamt einhergehende Gewinnauswirkung einer Bilanzberichtigung überschritten würde. Dies wäre der Fall, wenn neben der Neutralisierung des im Streitfall entstandenen Veräußerungsgewinns nunmehr erstmals auch noch die Berücksich...