Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug beim Eigentümer nach Nießbrauchbeendigung
Leitsatz (redaktionell)
Erhaltungsaufwendungen, die der Nießbraucher nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt hat, kann der Eigentümer nach Beendigung des Nießbrauchs innerhalb des Verteilungszeitraums nicht in Höhe des verbliebenen Teils als Werbungskosten geltend machen.
Normenkette
EStDV § 82b; EStG § 9 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren 2012 und 2013 u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Die Mutter der Klägerin, Frau M, übertrug dieser im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Grundstück A-Straße 1 in B-Stadt mit aufstehendem, zu Wohnzwecken vermieteten Einfamilienhaus und behielt sich ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht vor (§ 5 des notariellen Übertragungsvertrags vom 3. November 2006). Dabei ist vereinbart, dass M als Nießbraucherin während der Dauer des Nießbrauchs alle Lasten des Grundstücks trägt, die sonst die Klägerin als Eigentümerin tragen müsste, insbesondere auch die Kosten außerordentlicher Ausbesserungen und Erneuerungen.
M ließ im Rahmen der Vermietung des Objekts im Jahr 2010 auf eigene Rechnung die Heizungsanlage erneuern und im Jahr 2011 u.a. neue Fenster einbauen; auf die einschlägigen in den Akten befindlichen Belege wird Bezug genommen. Für die angefallenen Erhaltungsaufwendungen beantragte sie, diese gem. § 82b der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV) auf drei Jahre zu verteilen. Entsprechend wurde in den Einkommensteuerfestsetzungen 2010 und 2011 gegenüber M verfahren.
Mit notariellem Vertrag vom 11. Mai 2012 bekundeten die Klägerin und M Übereinstimmung darüber, dass (u.a.) aus § 5 des Übertragungsvertrages keine Rechte mehr resultieren sollten, und hoben die Nießbrauchsbelastung des Grundstücks auf.
In den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre machte die Klägerin u.a. den Abzug der von M bis zum Zeitpunkt der Aufhebung des Nießbrauchs noch nicht abgezogenen Erhaltungsaufwendungen als Rechtsnachfolgerin im Rahmen der nunmehr von ihr als Eigentümerin erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend und zwar für 2012 – zeitanteilig für acht Monate – 6.279 Euro aus den Aufwendungen der M aus 2010 und 2011 sowie für 2013 6.982 Euro aus den Aufwendungen der M aus 2011.
In den Einkommensteuerfestsetzungen für 2012 und 2013, auf die sämtlich Bezug genommen wird, erkannte der Beklagte diese Werbungskosten nicht an und wies die u.a. deshalb erhobenen Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück. Die Klägerin sei nicht berechtigt, die originär von M getragenen Werbungskosten bei den von ihr selbst nach Wegfall des Nießbrauchs erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen. Bei Beendigung eines unentgeltlich bestellten Nießbrauchs sei nach § 82b EStDV verteilter Erhaltungsaufwand der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr der Beendigung abzuziehen (Verweis auf Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 30. September 2013, BStBl I 2013, 1184). Die Klägerin erziele als Eigentümerin des Objekts nach dem Erlöschen des Nießbrauchs Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung allein auf der Grundlage ihres Eigentums, nicht aber auf der Grundlage des erloschenen Nießbrauchs. Es handele sich nicht um einen Fall der unentgeltlichen Rechtsnachfolge, weil das Nießbrauchsrecht endgültig untergegangen sei.
Mit der Klage erhalten die Kläger ihr Begehren aufrecht. Sie verweisen darauf, dass § 82b EStDV keine Regelung für eine Rechtsnachfolge enthalte. Das Finanzgericht (FG) Münster habe im Urteil vom 4. Mai 1994 (11 K 495/90 E, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 1088) entschieden, dass im Fall eines unentgeltlichen Erwerbs durch den neuen Grundstückseigentümer die bisher noch nicht in Ansatz gebrachten und verteilten Erhaltungsaufwendungen durch den Rechtsnachfolger (hier die Klägerin) im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung berücksichtigt werden könnten. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Erwerb durch Verzicht des Nießbrauchs oder unentgeltlich gegen Zahlung einer dauernden Last erfolgt sei. Das BMFSchreiben vom 30. September 2013 enthalte keine weitere Begründung.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerfestsetzung für 2012 in der Fassung des Bescheides vom 6. Mai 2014 sowie der Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2015, und die Einkommensteuerfestsetzung für 2013 in der Fassung des Bescheides vom 31. Juli 2015, dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung weitere Werbungskosten für 2012 i.H.v. 6.279 Euro und für 2013 i.H.v. 6.982 Euro berücksichtigt werden,
hilfsweise für den Unterliegensfall die Revision zuzulassen. Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen
Zu Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung.
Der Beklagte hat unter dem 31. Juli 2015 für 2013 einen geänderten Einkommensteuerbesch...