Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung der durch eine Kapitalgesellschaft aufgrund Vermächtnisses des verstorbenen Hauptgesellschafters erworbenen eigenen Anteile

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die von einer Kapitalgesellschaft aufgrund eines Vermächtnisses ihres verstorbenen Hauptgesellschafters erworbenen eigenen Anteile sind grundsätzlich mit den Anschaffungskosten des diese Anteile einlegenden Erben zu bewerten.

2. Die Bewertung ist in den einer Einlage folgenden Jahren nicht mehr gemäß § 6 Abs 1 Nr 5 lit b EStG mit den Anschaffungskosten vorzunehmen, wenn bei den Steuerfestsetzungen bzw. Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr der Einlage ihre Bewertung aufgrund zu dieser Zeit bekannten Rechtsprechung mit dem Teilwert zu erfolgen hatte und so erfolgt ist.

 

Normenkette

KStG § 30 Abs. 1-2, 2 Nrn. 2, 4; EStG § 6 Abs. 1, 1 Nrn. 5, 5 Sätze 1, 1 Buchst. b; AO 1977 § 176 Abs. 1, 1 S. 1 Nr. 3, S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.11.2002; Aktenzeichen I R 110/00)

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, wie der Erwerb eigener Anteile aufgrund eines Vermächtnisses des verstorbenen Hauptgesellschafters und die damit verbundenen Verpflichtungen aufgrund von Untervermächtnissen im Rahmen der Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals der die eigenen Anteile erwerbenden GmbH steuerlich zu beurteilen sind.

Die im Jahre 1911 gegründete Klägerin (Klin.) hatte – nach mehrfachem Wechsel der Gesellschafter und mehrfachen Kapitaländerungen – im Zeitpunkt des Todes ihres Hauptgesellschafters am 28.09.1987 ein Stammkapital von 5 Mio. DM. Daran waren beteiligt der verstorbene … (E) mit 79,232 v.H., dessen Tochter … (H) mit 8,3 v.H., … (W) mit 9,236 v.H. und … (T) mit 3,232 v.H.

Alleinerbin des E war H, die alleinige gemeinsame Tochter des E, und dessen Ehefrau F. Als Vermächtnis zugunsten der Klin. hatte E in seinem Testament die Übertragung von Anteilen an der Klin. im Nennwert von 500.000 DM auf dieselbe bestimmt. Als Untervermächtnis sollte die Klin. an F 1 Mio DM zahlen (in vier gleichen Jahresraten, erstmals zum 01.01.1988, zuzüglich Zinsen) und zu deren Gunsten weitere Leistungen bzw. Kosten übernehmen. Außerdem machte E der Klin. zur Auflage, für die Pflege seiner Grabstätte und die seiner Ehefrau F zu sorgen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Testament des E vom 24.05.1979 mit Nachträgen vom 11.01.1986, 12.01.1986, 24.09.1986, 11.02.1987 und 22.07.1987 Bezug genommen.

Durch Gesellschafterbeschluß vom 21.12.1987 nahm die Klin. das – mit den Untervermächtnissen und der Auflage belastete – Vermächtnis an. Mit notariellem Vertrag desselben Datums übertrug der Testamentsvollstrecker einen zuvor abgeteilten Geschäftsanteil im Nennwert von 500.000 DM auf die Klin.

Die Klin bewertete die eigenen Anteile in der am 29.6.1988 aufgestellten Bilanz zum 31.12.1987 nach dem sog Stuttgarter Verfahren mit 324 v.H. und aktivierte sie im Umlaufvermögen mit 1.620.000 DM Die Verbindlichkeiten aufgrund der Untervermächtnisse und der Auflage passivierte sie mit 1.571.804 DM. In Höhe des Differenzbetrags von 48.196 DM nahm sie eine Einlage an und erklärte in der Feststellungserklärung zum 31.12.1987 vom 21.09.1988 einen dementsprechenden Zugang zum verwendbaren Eigenkapital (vEK) i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) – EK 04 – für das Jahr 1987. Die im Jahre 1988 geleisteten Aufwendungen aufgrund der Untervermächtnisse wurden als Aufwand, die Minderung der Verbindlichkeiten als Ertrag erfaßt. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) folgte den vEK-Erklärungen zum 31.12.1987 und 31.12.1988 in den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen vEK-Bescheiden vom 15.11.1988 und vom 15.9.1989.

Im Anschluß an eine Außenprüfung nahm das FA zunächst einen Zugang der eigenen Anteile und der auf Vermächtnissen bzw. auf der Auflage beruhenden Verbindlichkeiten im außerbetrieblichen Bereich der Klin. an, mit nachfolgender Zuführung zum Betriebsvermögen. Die eigenen Anteile erfaßte das FA gestützt auf § 11 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Nominalbetrag i.H.v. 500.000 DM als fortgeführte Anschaffungskosten des Erblassers und berücksichtigte daneben die Bilanzpositionen „Steuerlicher Ausgleichsposten” (Aktiva) und „andere Gewinnrücklagen” (Passiva) in Höhe von 1.120.000 DM Der Ausgleichsposten sollte „bei Abgang des Buchwerts der Anteile” steuerneutral auszubuchen sein. Die Behandlung der Vermächtnisverbindlichkeiten blieb unverändert (vgl. Tz. 20 des Außenprüfungsberichts vom 1.3.1991). Den Differenzbetrag in Höhe von 48.196 DM erfaßte das FA nunmehr als Zugang zum Eigenkapital i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG (EK 02). Gestützt auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erließ das FA am 14.02.1992 entsprechend geänderte vEK-Bescheide zum 31.12.1987 sowie zum 31.12.1988 und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Die aufgrund der Außenprüfung ebenfalls geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1987 und 1988 wurden bestandskräftig. Mit...

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