rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingeschränkter Schuldzinsenabzug
Leitsatz (redaktionell)
1) Der Begriff des Gewinns in § 4 Abs. 4a EStG entspricht demjenigen des § 4 Abs. 1 EStG.
2) § 4 Abs. 4a EStG begegnet weder unter dem Gesichtspunkt der Einschränkung des Nettoprinzips noch wegen unzulässiger Rückwirkung verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4a, § 4
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob den Einkünften der Klägerin (Klin.) aus selbständiger Arbeit Zinsen nach § 4 Abs. 4 a Einkommensteuergesetz (EStG) wegen Überentnahmen zuzurechnen sind oder ob die Einkünfte bei dieser Berechnung um die Abschreibungen zu erhöhen sind bzw. ob die Hinzurechnungsregelung des § 4 Abs. 4 a EStG gegen grundgesetzlich geschützte Positionen der Klin. verstößt.
Die Klin. ist Zahnärztin. In ihrer Einkommensteuererklärung gab sie die für das Streitjahr (1999) durch Betriebsvermögensvergleich errechneten Einkünfte (Gewinn) mit 48.637 DM an. Unter Ansatz eines um 2.000 DM niedrigeren Gewinnes (46.637 DM), Einlagen in Höhe von 19.997 DM und Entnahmen in Höhe von 196.727 DM – die tatsächlichen Entnahmen betrugen laut Gewinnermittlung 196.724 DM – errechnete der Beklagte (Bekl.) im Rahmen der Gewinnfeststellung Überentnahmen im Sinne von § 4 Abs. 4 a Satz 2 EStG in Höhe von 130.093 DM. Bei dem nach § 4 Abs. 4 a Satz 4 EStG anzuwendenden typisierten Zinssatz von 6 % ergab sich daraus ein Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 7.805 DM. Dieser Betrag liegt auch unter Berücksichtigung von Zinsen für Investitionen (§ 4 Abs. 4 a Satz 6 EStG) unter dem tatsächlichen Zinsaufwand der Klin. für das Streitjahr. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Höchstbetragsberechnung nach § 4 Abs. 4 a Satz 5 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 1999 geltenden Fassung. Dementsprechend erhöhte der Bekl. mit Feststellungsbescheid vom 06.04.2001 die Einkünfte der Klin. aus ihrer selbständigen Tätigkeit von 48.637 DM um 7.805 DM auf 56.442 DM. Der hiergegen gerichtete Einspruch, mit dem die Klin. für die Berechnung nach § 4 Abs. 4 a EStG statt des von ihr angegebenen Gewinnes den sogenannten Cash-flow berücksichtigt wissen wollte – den Entnahmen wären dann noch 62.113 DM Abschreibungen für Abnutzungen gegen zu rechnen –, war erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 15.04.2002 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Im Laufe des sich anschließenden Klageverfahrens änderte der Bekl. nach Hinweis des Berichterstatters (Verfügung vom 18.09.2002) den Hinzurechnungsbetrag. Bei der Berechnung wurden nunmehr der tatsächlich erklärte Gewinn von 48.637 DM und die tatsächlich erklärten Entnahmen in Höhe von 196.724 DM angesetzt, so dass bei Beibehaltung von Einlagen in Höhe von 19.997 DM Überentnahmen in Höhe von 128.090 DM errechnet wurden. Daraus ergab sich ein Hinzurechnungsbetrag in Höhe von 7.685 DM. Mit geändertem Bescheid vom 14.10.2002 wurden dementsprechend die Einkünfte der Klin. aus selbständiger Tätigkeit auf (48.637 + 7.685 =) 56.322 DM festgestellt. Dieser Bescheid ist gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens.
Mit der Klage begehrt die Klin. weiterhin, keinen Hinzurechnungsbetrag anzusetzen, sondern die Einkünfte auf den von ihr erklärten Betrag von 48.637 DM festzustellen. Sie meint im Wesentlichen, § 4 Abs. 4 a EStG stelle auf entnahmefähige Mittel eines Unternehmens ab. Diese ergäben sich aus dem sogenannten Cash-flow I des Unternehmens. Dieser treffe eine Aussage über die Liquidität des Unternehmens. Sinn und Zweck der Regelung des § 4 Abs. 4 a EStG sei, zusätzlich entstandene Zinsen, die durch die Anwendung des Zwei-Konten-Modelles als Betriebsausgaben angefallen seien, pauschaliert mit 6 % dem Gewinn wieder hinzuzurechnen, wenn die privaten Aufwendungen größer seien als der erwirtschaftete Überschuss. Gewinnermittlungspositionen, die tatsächlich nicht auf einem Geldfluss beruhten, müssten daher den Entnahmen gegengerechnet werden. Dazu gehörten auch Abschreibungen für Abnutzungen, die im Streitfall 62.113 DM betrügen. Wenn man für den Streitfall diese Berechnung anwende, ergebe sich zwar noch ein Hinzurechnungsbetrag. Dieser dürfe jedoch nicht angesetzt werden, weil im Gesetz eine Startregelung fehle, die auf die schädlichen Zinsen des Veranlagungszeitraumes ab dem 01.01.1999 abstelle. Da im Streitfall der vom Bekl. zur Vergleichsberechnung herangezogene Zinsaufwand von 39.527,69 DM aus Verträgen resultiere, die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden seien, könne insoweit auch kein Betrag hinzugerechnet werden. Die verbliebenen, allein im Jahre 1999 entstandenen Kontokorrentzinsen in Höhe von 2.808,90 DM lägen unter dem Freibetrag von 4.000 DM, so dass im Ergebnis kein Hinzurechnungsbetrag entstehe. Im Übrigen sei § 4 Abs. 4 a EStG auch verfassungsrechtlich bedenklich. Sie, die Klin., habe keine Möglichkeit gehabt, die Darlehenszinsen, die durch langfristige Vertragsbindung mit der Bank vor dem 31.12.1998 entstanden seien, in den Veranlagungszeiträumen ab dem 01.01.1999 den neuen gese...