Entscheidungsstichwort (Thema)
Überschusserzielungsabsicht bei VuV
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei einem Mietobjekt, das im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich übertragen wurde und für das sich der Übergeber ein Nießbrauchsrecht für fünf Jahre zurückbehalten hat, wird die Einkünfteerzielungsabsicht für auf Dauer an Dritte vermietete Wohnungen typisierend unterstellt.
2) Für eine vom Erwerber zu privaten Zwecken genutzte Wohnung gilt die Typisierung in diesem Fall nicht; für sie ist - bezogen auf die Dauer des Nießbrauchs - eine Überschussprognose zu erstellen.
Normenkette
EStG §§ 21, 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in den Streitjahren 2002 bis 2004.
Der Kläger ist Alleinerbe seiner am xx.xx.2008 verstorbenen Ehefrau, EF. C., mit der er im Güterstand der Gütergemeinschaft lebte. Sie betrieben in den Streitjahren eine Pferdepension. Beide waren ferner je zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks A-Str. 1 in A-Stadt, das sie zum 1. Januar 1987 aus dem Betriebs- in das Privatvermögen überführt hatten.
Auf dem Grundstück entstand ein am 1. März 2000 fertiggestelltes Gebäude, in dem drei Wohnungen vermietet wurden. Neben den Mietern Herrn M1 (91 m²) und Herrn M2 (140 m²) bewohnte der Sohn des Klägers, Herr S. C., eine weitere Wohnung (149 m²) und zwar auf Grundlage eines am 10. April 2000 abgeschlossenen Mietvertrages (Mietbeginn Februar 2000), auf den verwiesen wird. Separate Vereinbarungen über Nebenkosten enthält der Vertrag nicht. Die monatliche (Gesamt-) Miete für die Wohnung i.H.v. 1.200 DM verrechneten die Vertragsparteien zunächst mit der Tilgung eines Darlehens; ausweislich der mit einer Verrechnungsabrede verbundenen schriftlichen „Darlehensvereinbarung” vom 2. Mai 2000 hatte Herr S. C. dem Kläger zur Errichtung des Wohnhauses A-Str. 1 ein Darlehen i.H. von 400.000 DM ausgereicht. Auf die Vereinbarung, das notarielle Schuldanerkenntnis vom 10. März 2000 sowie die Nachtragsvereinbarung vom 24. Oktober 2003 wird verwiesen.
Aus den Vermietungsverhältnissen resultierten in den Streitjahren folgende Verluste:
in € |
Herr S. C. |
Herr M1 |
Herr M2 |
Summe Kläger |
2002 |
-xxx |
-xxx |
-xxx |
-xxx |
2003 |
-xxx |
-xxx |
-xxx |
-xxx |
2004 |
-xxx |
-xxx |
-xxx |
-xxx |
Der Kläger und seine Ehefrau übertrugen das Eigentum u.a. an dem von der Vermietung betroffenen Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge (wirtschaftlich) zum 14. April 2000 auf Herrn S. C. (notarieller Vertrag vom 14. April 2000 sowie notarieller (Ergänzungs-)Vertrag vom 22. August 2000). Dabei behielten sie sich für die Dauer von fünf Jahren – bis zum 14. April 2005 – ein Nießbrauchsrecht vor.
Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) führte im Jahr 2006 eine Außenprüfung für die Streitjahre durch. Unter Tz. 2.8 des Betriebsprüfungsberichts vom 13. Dezember 2006, auf den verwiesen wird, legte der Prüfer dar, dass die geltend gemachten Verluste aus der Vermietung nicht anzuerkennen seien, weil die Vermietung auf die Dauer des Nießbrauchs zu begrenzen sei und infolgedessen kein Totalüberschuss zu erzielen sei.
Die nachfolgenden Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2002 bis 2004 wurden einspruchs- und klagebefangen. Der 2. Senat des Finanzgerichts Münster verneinte im Urteil vom 20. November 2008 2 K 3905/07 E die Frage der Einkünfteerzielungsabsicht, weil auf die zeitlich begrenzte Einkunftsquelle „Nießbrauch” abzustellen sei. Die Entscheidung hob der Bundesfinanzhof (BFH) auf, da die aus der Pferdepension erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft einem Feststellungsverfahren unterliegen müssten (BFH-Beschluss vom 19. November 2009 IV B 4/09). Das zurückverwiesene Verfahren trägt das Aktenzeichen 4 K 4573/09 E und ist derzeit wegen der anhängigen Verfahren über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt.
In daraufhin erlassenen Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen entschied der Beklagte – im Ergebnis wie zuvor – über Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie die hier streitigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Diese Bescheide hob das Finanzgericht Münster im Urteil vom 16. Juli 2013 2 K 2087/10 F (rkr.) auf, weil es eine gemeinsame Feststellung der Einkunftsquellen für unzulässig hielt.
Danach sprach der Beklagte in Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 9. April 2014 für 2002 bis 2004 aus, dass eine Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mangels Einkünfteerzielungsabsicht abgelehnt werde. Auf den u.a. wegen falscher Adressierung eingelegten Einspruch des Klägers erließ der Beklagte inhaltlich gleichlautende Feststellungsbescheide vom 11. Juni 2014, die er an den Kläger, zugleich als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau EF. C., beide als ehemalige Gesellschafter der in 2005 vollbeendeten „C. GbR” adressierte. Auch hiergegen legte der Kläger Einspruch ein ...