Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Besteuerung von Online-Klavierkursen, Online-Webinaren und Online-Tastentraining; Theaterbegriff; Urheber- und Nutzungsrecht; Haupt- und Nebenleistung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Auslegung der nationalen Begriffe „Theater” und „den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbare Darbietungen” sind speziell diejenigen Leistungen einheitlich zu behandeln, die aufgrund ihrer Gleichartigkeit in einem Wettbewerb stehen. Der Senat erkennt in der Tätigkeit des Stpfl. betreffend seiner Klavierkurse etc. – unabhängig von einer Wertung, ob er sich hier als ausübender Künstler betätigt – insbesondere keine mit einer Theatervorführung vergleichbare Darbietung.
2. Die Leistungen des Stpfl. in Form der Klavierkurse, Online-Webinare und Online-Tastentrainings sind vorliegend nicht als theaterähnlich einzustufen. Auch wenn die Leistungen des Stpfl. darbietende Elemente wie Klaviervorspiele selbst komponierter Stücke enthalten, steht doch nicht der unterhaltende, kulturelle Konsum, sondern der unterrichtende Charakter im Vordergrund.
3. Es reicht nicht aus, wenn im Rahmen eines Umsatzes auch Rechte nach dem Urheberrecht übertragen werden, wenn dies nicht der Schwerpunkt des umsatzsteuerbaren Vorgangs ist. Die einzelnen Elemente bilden nach außen hin eine zusammenhängende Leistung, die vom Stpfl. grundsätzlich als Paket angeboten und von den Kunden als Paket nachgefragt wird. Eine Aufspaltung des Pakets in die Überlassung des Produkts an sich und die Übertragung des Nutzungsrechts hieran wäre wirklichkeitsfremd.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c; MwStSystRL Art. 98; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Umsatzsteuergesetz (UStG).
Der Kläger kreiert Klavierkurse per Video zum Erlernen des freien Klavierspiels. Seit 2009 bietet er u. a. Videokurse mit eigenen Kompositionen auf seiner Website xxx an, mit denen interessierte Klavierspieler sich das freie Klavierspiel selbst erarbeiten bzw. es erlernen und erweitern können. Seine Videos können vom Kunden im „…-Bereich” angesehen und heruntergeladen werden. Kategorisiert in unterschiedliche Musikrichtungen sollen die Schüler das Klavierspiel nach Akkorden und letztlich ohne Noten erlernen. Durch das spontane Abrufen eines ansprechenden Klavierspiels, z.B. für die Liedbegleitung, soll das persönliche Klavierspiel des Schülers ebenfalls weiterentwickelt werden. Bevor der Kunde vertragliche Vereinbarungen mit dem Kläger eingeht, muss er erst den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustimmen, welche unter xxx/allgemeine-geschaeftsbedingungen-agb-und-widerrufsbelehrung einsehbar sind und auf die vorliegend Bezug genommen wird (Gerichtsakte Bl. 39 ff). Darüber hinaus veranstaltet der Kläger Online-Webinare, die auf eine größere Zahl an Teilnehmern ausgerichtet sind, und bietet ein Online-Tastentraining an, in denen er Stücke vorträgt und gezielt auf die Bedürfnisse der Schüler mittels eines 1:1-Unterrichts eingeht. Mit letzterem bringt der Kläger interessierten Klavierschülern das Klavierspielen individuell bei bzw. erweitert deren Fähigkeiten. Schließlich begleitete der Kläger den Chor Z am Klavier, für deren vier Auftritte im Streitjahr 2017 er pro Auftritt xxx € erhalten hat.
Der Kläger stellte weder den …-Kunden noch dem Chor Rechnungen aus.
In dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung, den der Kläger am 16.03.2010 beim Finanzamt einreichte, gab er als Art der ausgeübten Tätigkeit „Klavierlehrer/Gartenbau, Schwerpunkt: Verkauf von Klaviervideos” an.
Für die Jahre 2015 und 2016 erklärte der Kläger die Umsätze aus den Klavierkursen, Online-Webinaren und Online-Tastentrainings zunächst zum Regelsteuersatz. Mit Schreiben vom 17.04.2018 beantragte er die Änderung der Umsatzsteuern 2015 und 2016 nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Fälschlicherweise habe er diese Umsätze dem Regelsteuersatz unterworfen. Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis habe er nicht erstellt. Den Änderungsantrag für 2015 und 2016 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 23.04.2018 ab. Es handele sich um eine unterrichtende Tätigkeit, die dem Regelsteuersatz zu unterwerfen sei. Der Kläger trug daraufhin vor, dass er zum Großteil künstlerische Leistungen erbringe, welche dem ermäßigten Steuersatz unterlägen. Die Umsätze seien aufzuteilen. Hierzu könne man die Videokurse aufteilen in „Ideenentwicklung/kreative Schaffenskraft/Dokumentation (Handbuch, Noten)” 90 %, „Produktion (Videodreh, Schnitt, DVD-Erstellung, Onlinepräsenz)” 5 % und „Vermarktung” 5 %. Der Kläger kündigte die Erstellung einer Excel-Tabelle an, aus der sich die Aufteilung ergeben sollte. Als der Kläger eine solche Excel-Tabelle nicht vorlegte, teilte der Beklagte mit Schreiben vom 26.11.2018 mit, dass es bei der ablehnenden Entscheidung verbleibe. Er bleibe dabei, dass der Kläger hier vor allem einer Lehrtätigkeit nachgehe. Im Übrigen scheine der vom Kläger avisierte Aufteilungsmaßstab von 90 zu 10 lediglich im Schätzungswege ermi...