Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitswert des Betriebsvermögens 01.01.1994
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens auf den 01.01.1994 Geschäftsguthaben ausscheidender Genossenschaftsmitglieder als Betriebsschuld abzugsfähig sind.
Die Klägerin (Klin.) ist eine Bank, die in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft betrieben wird.
In der Handelsbilanz zum 31.12.1993 wies die Klin. gezeichnetes Kapital in Höhe von … DM aus. Die Geschäftsguthaben gliederte sie nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 der Rechnungskreditverordnung im Anhang zur Bilanz und in der Steuerbilanz wie folgt auf:
Geschäftsguthaben
– der verbleibenden Mitglieder |
… DM |
– der ausscheidenden Mitglieder |
… DM |
– aus gekündigten Geschäftsanteilen |
… DM. |
Das Geschäftsguthaben der ausscheidenden Mitglieder setzte sich zusammen aus dem Guthaben von Mitgliedern, die durch Tod ausgeschieden waren (… DM), sowie von Mitgliedern, die ausgeschlossen wurden (… DM).
Das Ausscheiden der Mitglieder erfolgt jeweils zum Schluß eines Geschäftsjahres, und zwar sowohl bei Kündigung als auch bei Ausscheiden durch Tod oder Ausschluß. Wegen der Einzelheiten wird auf die Satzung der Klin. Bezug genommen, insbesondere auf §§ 5, 7 und 9 der Satzung; weiter wird auf §§ 65, 68 und 77 Genossenschaftsgesetz (GenG) Bezug genommen.
In ihrer Vermögensaufstellung auf den 01.01.1994 erfaßte die Klin. die Geschäftsguthaben der ausscheidenden Mitglieder und aus gekündigten Geschäftsanteilen als Schuldposten (… DM).
Das FA folgte zunächst der Erklärung der Klin. und stellte den Einheitswert auf den 01.01.1994 auf … DM fest; Bescheid vom 24.01.1995 unter Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Erlaß vom 14.02.1995 wies die Oberfinanzdirektion (OFD) Münster die Finanzämter an, für Feststellungszeitpunkte ab dem 01.01.1993 die Auffassung zu vertreten, daß ein Abzug der Geschäftsguthaben ausscheidender Mitglieder sowie aus gekündigten Geschäftsanteilen nicht möglich sei, weil diese ertragsteuerlich Eigenkapital seien. Diese Beurteilung sei für das Bewertungsrecht bindend. Das bewertungsrechtliche Stichtagsprinzip stehe dem nicht entgegen, da für den Bestand die Verhältnisse im Abschlußzeitpunkt maßgebend seien. Weiter wird in dem Erlaß darauf hingewiesen, daß Abschnitt 110 Abs. 1 Sätze 4 und 5 Vermögensteuerrichtlinien (VStR) 1989, der den Abzug dieser Geschäftsguthaben als Schuld vorgesehen habe, nicht in die VStR 1993 übernommen worden sei. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Erlaß der OFD Münster vom 14.02.1995 S 3234-48-St 21–33 (Bl. 9 der Vermögensteuer-Akten).
Das FA schloß sich der Auffassung der OFD Münster an und änderte den Bescheid nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Es ließ den Abzug der Geschäftsguthaben ausscheidender Mitglieder sowie aus gekündigten Geschäftsanteilen nicht mehr zu, so daß sich der Schuldenabzug um 12.266,14 DM verringerte. Wegen der Einzelheiten wird auf den weiter unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 04.05.1995, mit dem der Einheitswert auf den 01.01.1994 auf … DM festgestellt wird, Bezug genommen.
Die Klin. legte Einspruch ein und beantragte, die Geschäftsguthaben der ausscheidenden Mitglieder und aus den gekündigten Geschäftsanteilen in Höhe von … DM als Betriebsschuld zum 01.01.1994 anzuerkennen.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Geschäftsguthaben seinen ertragsteuerlich Eigenkapital, diese Beurteilung sei für das Bewertungsrecht maßgeblich. Das bewertungsrechtliche Stichtagsprinzip (Feststellung auf den 01.01.) stehe dem nicht entgegen, da für den Bestand die Verhältnisse im Abschlußzeitpunkt (31.12. des Vorjahres) maßgebend seien (§ 106 Abs. 2 Bewertungsgesetz – BewG –). Im übrigen nimmt das FA auf den Erlaß der OFD Münster vom 14.02.1995 S 3224-48-St 21–33 Bezug. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 21.07.1995 hingewiesen.
Die Klin. erhob Klage. Entgegen der Auffassung des FA stellten die Geschäftsguthaben der ausscheidenden Mitglieder und die Geschäftsguthaben aus gekündigten Geschäftsanteilen kein Eigenkapital dar. Da das Ausscheiden regelmäßig zum Schluß des Geschäftsjahres erfolge, entstehe zu diesem Zeitpunkt die Auseinandersetzungsschuld. Die aufschiebend bedingte Auseinandersetzungsschuld werde mit dem Ausscheiden des Genossen am Schluß des Geschäftsjahres zu einer unbedingten Schuld und damit zu einer frei verfügbaren Forderung des Genossen an seine Genossenschaft. Gleiches gelte für die Geschäftsguthaben aus gekündigten Geschäftsanteilen, da auch hier die Beteiligung mit den weiteren Geschäftsanteilen zum Ende des Geschäftsjahres erlösche.
Ertragsteuerlich seien die Geschäftsguthaben als Schuld mit Fremdkapitalcharakter zu werten. Entscheidend sei, wann sich die Wandlung der Geschäftsguthaben in einen schuldrechtlichen Anspruch auf eine Auseinandersetzungsforderung vollziehe....