Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten eines auf nachehelichen Unterhalt gerichteten Prozesses als außergewöhnliche Belastungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Existenzgrundlage i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ist nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen.
2. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Gefährdung der Existenzgrundlage ist die gerichtliche Antragstellung als auslösendes Element der Prozesskosten.
3. Die eigene Arbeitskraft stellt eine wesentliche Existenzgrundlage war, wenn der Steuerpflichtige aufgrund seiner Qualifikation in der Lage ist, eine Anstellung zu finden. Dies gilt auch dann, wenn die Anstellung nur teilweise und befristet erfolgt.
4. Mietobjekte zählen ebenfalls zur Existenzgrundlage und dies auch dann, wenn die Objekte zur Sicherung der Altersversorgung dienen.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts als außergewöhnliche Belastung. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Die im Jahr 1966 geborene Klägerin ist […]. Seit 1989 war die Klägerin mit Herrn U C verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, die 2001 geborene D T und die 2003 geborene B D. Im Januar 2012 zog die Klägerin gemeinsam mit den beiden Kindern aus dem gemeinsamen Haus in K aus und lebt seitdem von ihrem Ehemann getrennt in T. Seit der Trennung zahlte dieser fortwährend Kindesunterhalt für D T i.H.v. 590 € und für B D i.H.v. 491 € monatlich.
Am 13.12.2012 stellte Herr U C vor dem Amtsgericht T einen Scheidungsantrag. Das Verfahren, das dort unter dem Az. xx F xxx/12 geführt wurde, umfasste zunächst nur die Scheidung und den Versorgungsausgleich.
Während des laufenden Scheidungsverfahrens schlossen die Eheleute am 27.5.2013 einen notariellen Vertrag, mit dem sie den Zugewinnausgleich einvernehmlich regelten. Dazu übertrug die Klägerin ihren Miteigentumsanteil an der ehemals gemeinsam bewohnten Immobilie in K an den Ehemann, während dieser an die Klägerin seinen hälftigen Anteil an einem Erbbaurecht in T (A-Straße 10) übertrug, das am selben Tag an die Klägerin übergeben wurde. Auf diesem Erbbaurecht befindet sich eine Immobilie, die an die Mutter des Ehemannes vermietet war. Zu deren Gunsten lastete eine Hypothek auf dem Grundstück, die die Klägerin zusammen mit der zugrunde liegenden Verbindlichkeit übernahm und die nach eigenen Angaben zum Übertragungszeitpunkt mit ca. 14.000 € valutierte. Als Ausgleich zahlte der Ehemann an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 56.678 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag (Bl. 266 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Mit notariellem Vertrag vom 31.7.2013 (Bl. 279 ff. der Gerichtsakte) erwarb die Klägerin eine weitere Immobilie in T (B-Straße 9), die drei Mietwohnungen enthält, für 200.000 €.
Vom 1.1. bis zum 31.7.2013 war die Klägerin bei der Fa. J in N beschäftigt und erzielte hieraus einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. xxx €. Zum 1.8.2013 wechselte sie an das [Krankenhaus] N, wo sie (zunächst befristet, inzwischen unbefristet) in Teilzeit (27,5/38,5 Stunden pro Woche) beschäftigt war und hieraus bis zum Jahresende einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. xxx € erzielte. Ferner erzielte sie im Jahr 2013 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Programmiererin i.H.v. 376 €. Wegen der Beschäftigungsverhältnisse der Klägerin bis zur Trennung wird auf Bl. 18 der beigezogenen Akte des Amtsgerichts T (xx F xxx/12) Bezug genommen.
Im Jahr 2013 zahlte der Ehemann Trennungsunterhalt an die Klägerin in Höhe von 5.228 €. Nachdem die zunächst geplante außergerichtliche einvernehmliche Regelung des nachehelichen Unterhalts nicht zustande gekommen war, beantragte die Klägerin im laufenden Scheidungsverfahren diesen mit Schriftsatz vom 31.10.2013 (Eingang bei Gericht am 2.11.2013) zunächst i.H.v. 1.555,06 € pro Monat. Auch im amtsgerichtlichen Verfahren konnte keine Einigung erzielt werden.
Mit Beschluss des Amtsgerichts T vom 9.9.2014 wurde die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich vorgenommen. Daneben wurde der Ehemann verpflichtet, an die Klägerin ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen nachehelichen Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Höhe von 582,50 € bis längstens Dezember 2020 zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.
Gegen diesen Beschluss erhoben die Klägerin Beschwerde und Herr U C Anschlussbeschwerde beim Oberlandesgericht I. Streitgegenstand dieses Verfahrens war allein der nacheheliche Unterhalt, wobei Herr U C keinen Unterhalt zahlen wollte, während die Klägerin einen höheren monatlichen Unterhalt begehrte. Am 4.3.2015 schlossen die Parteien vor dem Oberlandesgericht I einen Vergleich, in dem sich Herr U C verpflichtete, an die Klägerin beginnend ab dem 1.2.2015 nachehelichen Unterhalt i.H.v. 900 € monatlich zu zahlen, der nach § 1578b BGB bis zum 31.1.2022 begrenzt wurde. Die Kosten der Beschwerdeinstanz einschließlich der Kosten des Vergleichs wurden ...