Entscheidungsstichwort (Thema)
Offenbare Unrichtigkeit aufgrund unterbliebener Eintragung der Beendigung der Kirchensteuerpflicht
Leitsatz (redaktionell)
Bei der unterbliebenen Eintragung des Endes der Kirchensteuerpflicht in der sog. Grunddatei handelt es sich um ein mechanisches Versehen i.S.v. § 129 Satz 1 AO, wenn bei der Kirchensteuer als bloßer Annexsteuer angesichts eines unstreitigen Sachverhalts (hier: Wegzug und ganzjährige Veranlagung) und der gesetzlichen Regelung (hier: Anknüpfung der Kirchensteuerpflicht an den inländischen Wohnsitz; Besteuerung nur der bis zum Wegzug erzielten Einkünfte, § 5 Abs. 2 Satz 3 KiStG NRW) das Rechtsanwendungsergebnis eindeutig vorgeben und deshalb eine abweichende rechtliche Würdigung mit Blick auf die konkrete Rechtsanwendungsfrage fernliegend ist.
Normenkette
KiStG NRW § 3 Abs. 1; KiStG NRW § 5 Abs. 2 S. 1; KiStG NRW § 5 Abs. 2 S. 3; KiStG NRW § 8 Abs. 1; KiStG NRW § 9 S. 1; AO § 129 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die vom Kläger begehrte und vom Beklagten abgelehnte Berichtigung der Kirchensteuerfestsetzung für 2014.
Der Kläger ist Mitglied der römisch-katholischen Kirche und war bis zu seinem Wegzug in die Schweiz am 28.02.2014 in Deutschland wohnhaft.
Der Kläger reichte am 09.05.2016 seine Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2014 beim FA N ein. Als Wohnadresse war eine Adresse des Klägers in der Schweiz angegeben. Das Finanzamt N nahm die Angabe dieser Wohnanschrift zum Anlass für Nachfragen in Ansehung der sog. Wegzugsbesteuerung hinsichtlich einer vom Kläger gehaltenen GmbH-Beteiligung (§ 6 des Außensteuergesetzes [AStG]). Es erfolgten u. a. Fragen zum Wohnsitz, die der Kläger dahingehend beantwortete, dass er seinen bisherigen Wohnsitz in Deutschland zum 01.03.2014 vollständig aufgegeben habe.
Die Veranlagungen durch das Finanzamt N erfolgten im Streitjahr im Allgemeinen nach den folgenden Grundsätzen:
Bei Eingang einer elektronisch übermittelten Steuererklärung erfolgte grundsätzlich als erstes der Abgleich der Grundangaben mit den in der sog. Grunddatei gespeicherten Daten (u. a. Angaben zu Name, Anschrift und Konfession des Steuerpflichtigen). Sofern sich Abweichungen ergaben, waren diese personell zu prüfen und ggfs. zu ändern. Die Grunddatei war wiederum verknüpft mit der sog. Festsetzungsdatei, d. h. die Eintragungen in der Grunddatei wurden anlässlich der Festsetzung automatisiert berücksichtigt. Anlässlich der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung erfolgte eine Prüfberechnung der vom Steuerpflichtigen übermittelten Daten im Rahmen der Festsetzungsdatei. Jeder Steuerfall war, aufgrund maschineller oder personeller Vorgabe, in Risikoklassen eingeteilt. Die im Rahmen der Prüfberechnung angezeigten Hinweise waren entsprechend der Verwaltungsvorgaben zu prüfen und abzuarbeiten. Je nach Risikoklasse konnte auch eine Prüfung des Falles über die Hinweise hinaus geboten sein. Sofern von den Erklärungsdaten abzuweichen war, war eine personelle Eintragung erforderlich. Nach Freigabe des Falls in der Festsetzungsdatei erfolgte die Weitergabe der Daten an die Erhebungsdatei, welche dann die Abrechnung vornahm. Diese Weiterverarbeitung lief grundsätzlich maschinell ab.
In Bezug auf die Kirchensteuer existierte eine Verknüpfung der Grunddatei mit der Festsetzungsdatei nur insoweit, dass eine vom Veranlagungssachbearbeiter vorgenommene Veränderung der Daten zur Konfession Einfluss auf die Festsetzung der Kirchensteuer nahm. Eine technische Verknüpfung der Information „Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht” mit der Grunddatei und sodann wiederum mit der Festsetzungsdatei existierte nicht. Der Wegzug eines Steuerpflichtigen wurde in der Festsetzungsdatei in Ansehung der Kirchensteuer nur dann automatisiert verarbeitet (vor allem mit Blick auf die Zwölftelregelung nach § 5 Abs. 2 des Kirchensteuergesetzes NRW [KiStG NRW]), wenn in der Grunddatei die Kirchensteuerpflicht durch den Veranlagungssachbearbeiter terminiert wurde. Ein standardisierter Prüfhinweis für die Zwölftelregelung war nicht vorgesehen. Ein Ausnahmefall, in dem eine personelle Überschreibung der anlässlich der Prüfberechnung ermittelten Kirchensteuer notwendig sein konnte und dann auch technisch möglich war, war nach der Dienstanweisung ADV NRW gegeben, wenn ein Zuzug aus einem anderen Bundesland mit abweichendem Kirchensteuersatz erfolgt war.
Hinsichtlich der Veranlagungspraxis des Finanzamts N wird im Übrigen auf den Schriftsatz des Beklagten vom 08.08.2023 und die Ergänzung im Schriftsatz vom 19.10.2023 Bezug genommen.
Die Veranlagungssachbearbeiterin legte der Veranlagung des Klägers eine Verwirklichung des § 6 AStG zugrunde und veranlagte den Kläger unter Einbeziehung von ganzjährigen Einkünften aus der Vermietung von in Deutschland belegenen Immobilien für das gesamte Kalenderjahr 2014 nach den Grundsätzen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Anlässlich der Veranlagung des Klägers erfolgte ein Prüfhinweis, weil Einkünfte aus § 17 des Einkommensteuergesetzes (ESt...