Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Zahlungen einer Handwerkskammer
Leitsatz (redaktionell)
Der Haushalt einer Handwerkskammer stellt keinen öffentlichen Haushalt im Sinne des § 3 Nr. 58 EStG dar.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2, § 3 Nr. 58, § 19 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Zinsvergünstigungen aus einem von der Beigeladenen an den Kläger gewährten Arbeitgeberwohnbaudarlehen gem. § 3 Nr. 58 EStG steuerfrei sind.
Der Kläger ist (seit dem xx.xx.xxxx) verheiratet und wurde in den Streitjahren zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Die Eheleute haben ein Kind (geb. am xx.xx.xxxx). Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Tätigkeit für die Beigeladene, die Handwerkskammer A-Stadt, in Höhe von über 50.000 € (2006-2009). Darüber hinaus erzielte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von xxx (2006), xxx (2007), xxx (2008) und xxx (2009).
Die Beigeladene gewährte dem Kläger und seiner Ehefrau (wie auch weiteren Arbeitnehmern) mit Darlehensvertrag vom 18.10.1999 ein sog. zinsvergünstigtes Arbeitgeberwohnbaudarlehen über 18.000 DM zur Finanzierung ihres gemeinschaftlich erworbenen Familienheimes. Die Annuität des Darlehens betrug 4,5% p.a. (0,5% Zinsen, 4% Tilgung). Die Darlehensrückzahlung war nach § 4 des Darlehensvertrages in gleichbleibenden Raten für Zins und Tilgung jeweils nachträglich fällig für die Zeit vom 01. Januar bis 30. Juni am 30. Juni und für die Zeit vom 01. Juli bis zum 31. Dezember am 31. Dezember. Die Abschreibung der Tilgungsbeträge erfolgte einmal jährlich zum 31. Dezember.
Die Beigeladene behandelte die Zinsvergünstigungen gegenüber dem Kläger und den anderen Arbeitnehmern als nach § 3 Nr. 58 EStG steuerfreien Arbeitslohn.
Der Beklagte führte bei der Beigeladenen in der Zeit vom 22.10.2010 bis zum 10.11.2010 eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.2006 bis 30.09.2010 durch. Im Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 17.12.2010 (Tz. 4) vertrat der Beklagte den Standpunkt, dass die gewährten Zinszuschüsse zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehörten. Eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 58 EStG liege nicht vor, da die Darlehen nicht aus einem öffentlichen Haushalt gewährt worden seien.
Mit Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 22.12.2010 nahm der Beklagte die Beigeladene für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 30.09.2010 in Höhe von insgesamt xxxx € in Anspruch.
Auf den Kläger entfallen folgende Beträge, deren Berechnung zwischen den Beteiligten unstreitig ist:
Jahr |
Geldwerter Vorteil |
LSt |
KiSt |
SolZ |
|
2006 |
310,68 € |
86,00 € |
7,73 € |
4,73 € |
|
2007 |
293,64 € |
80,00 € |
7,19 € |
4,40 € |
|
2008 |
309,62 € |
88,00 € |
7,92 € |
4,84 € |
|
2009 |
290,30 € |
82,00 € |
7,38 € |
4,51 € |
Summe Steuer |
Summe |
1.204,24 € |
336,00 € |
30,22 € |
18,48 € |
384,70 € |
Gegenüber der Beigeladenen ist der Haftungsbescheid bestandskräftig geworden und die Beigeladene hat die Steuerschuld beglichen.
Der Kläger erfuhr von der Haftungsinanspruchnahme durch Schreiben der Beigeladenen vom 17.02.2011, in dem ihm zugleich die Rückforderung der auf ihn entfallenden Steuer durch Verrechnung mit dem Gehalt angekündigt wurde. Er legte mit Schreiben vom 01.03.2011 in seiner Eigenschaft als betroffener Arbeitnehmer/Steuerschuldner im Umfang des ihn betreffenden Teils Einspruch gegen den Lohnsteuerhaftungsbescheid ein. Er begründete diesen damit, dass auch der Haushalt der Handwerkskammer einen öffentlichen Haushalt darstelle. Dies ergebe sich daraus, dass die Handwerkskammer eine landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, die der Rechtsaufsicht der zuständigen Landesbehörde – im vorliegenden Fall dem Wirtschaftsministerium – unterliege. Insbesondere unterlägen Satzungsänderungen, die Feststellung des Haushaltsplans und die Festsetzung der Beiträge bzw. die Erhebung von Gebühren der Genehmigung durch die oberste Landesbehörde.
Es könne dahinstehen, ob der Gesetzgeber lediglich die in § 6 Abs. 1 des II. Wohnungsbaugesetzes (WoBauG) genannten öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften von der Steuerbefreiung habe erfassen wollen. Denn jedenfalls sei eine solche Einschränkung des Begriffes „öffentlicher Haushalt” in § 3 Nr. 58 EStG, die im Übrigen keinen Niederschlag im Wortlaut der Vorschrift gefunden habe, aufgrund der Verabschiedung des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) und dem Wegfall des § 6 II. WoBauG im Jahr 2001 nicht mehr geboten.
Ferner stellten nach R. 23 LStR 2004 auch die Sozialversicherungsträger öffentliche Haushalte im Sinne des § 3 Nr. 58 EStG dar. Diese seien mit den Handwerkskammern vergleichbar, da diese ebenfalls rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts darstellten, die unter staatlicher Aufsicht stünden. Ebenso wie bei Handwerkskammern seien die Haushaltspläne und Satzungen der Sozialversicherungsträger von der zuständigen Aufsichtsbehörde zu genehmigen. Zudem habe die Oberfinanzdirektion der Beigeladenen mit Schreiben vom 21.09.2004 durch verbindli...