Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Körperschaftsteuerbescheides 1990 vom 20.10.1994 wird die festzusetzende Körperschaftsteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgründe festgesetzt. Die Neuberechnung wird dem Beklagten übertragen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 90 vom Hundert und der Beklagte zu 10 vom Hundert.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob Verbindlichkeiten einer Sparkasse aus seit mindestens 30 Jahren unbewegten Spareinlagen weiterhin zu passivieren sind.
I. Die Klägerin (Klin.) ist eine im Jahr 1845 gegründete Sparkasse in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts. Ihr Gewährträger ist der Sparkassenzweckverband der Stadt … und der Gemeinde …
Die Klin. ermittelte ihren in der Körperschaftsteuer (KSt)-Erklärung 1990 ausgewiesenen Steuerbilanzgewinn für das dem Kalenderjahr entsprechende Wirtschaftsjahr 1990 mit 1.769.469,38 DM. In der zugrundeliegenden Steuerbilanz zum 31.12.1990, aufgestellt am 19.08.1991, passivierte sie als Verbindlichkeiten aus dem Spargeschäft gegenüber Kunden u.a. Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist in Höhe von 115.652.189,83 DM; wegen der Entwicklung des Bilanzpostens 1 a) aa) aus der Handelsbilanz, in der er mit 115.688.742,02 DM ausgewiesen ist, wird auf die Überleitung Handelsbilanz – Steuerbilanz per 31.12.1990 und die Niederschrift vom 21.10.1994 Bezug genommen.
Bei Durchführung der KSt-Veranlagung legte der Beklagte (Bekl.) zunächst den von der Klin. erklärten Gewinn zugrunde – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) ergangener KSt-Bescheid vom 29.10.1991; nach § 164 Abs. 2 AO geänderter KSt-Bescheid vom 09.01.1992.
II. 1992 fand bei der Klin. eine Betriebsprüfung (Bp) durch das Finanzamt (FA) für Groß-Bp … statt. Diese kam zu der Feststellung, daß die in der Bilanz der Klin. vom 31.12.1990 ausgewiesenen Verbindlichkeiten aus Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist Sparkonten enthalten, auf denen seit mindestens 30 Jahren weder Einzahlungen geleistet noch Beträge abgehoben wurden und zu denen das Sparbuch auch aus anderen Gründen – z.B. zur Eintragung aufgelaufener Zinsen – nicht vorgelegt worden ist (sog. unbewegte Konten). Im einzelnen wurde anhand einer rechnergestützten Auswertung der Klin. der zu den Spareinzelkonten in dem jeweiligen Listenfeld 005 gespeicherten Daten – in dem Listenfeld 005 wird die jeweils letzte Vorlage des Sparbuches angegeben – folgendes festgestellt:
1. In den passivierten Spareinzelkonten befanden sich am 29.01.1991 insgesamt 579 Einzelkonten mit einem Guthaben von insgesamt 192.182,12 DM, für die zumindest seit dem 31.12.1960 weder eine Buchvorlage noch ein buchloser Umsatz erfolgt ist. Wegen der Einzelheiten der getroffenen Feststellungen wird auf die nach den Jahresenddaten 31.12.1948 bis 31.12.1960 gestaffelte Übersicht (Blatt 29–43, 94 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Die Klin. hat ferner zum 21.09.1992 und zum 25.01.1994 entsprechende Erhebungen durchgeführt und Listen ausdrucken lassen. Daraus ergibt sich folgende Entwicklung der seit mindestens 30 Jahren unbewegten Spareinzelkonten:
|
|
Anzahl der Konten |
Guthaben |
a) |
29.01.1991 |
579 |
192.182,12 DM |
|
./. |
7 |
1.136,97 DM |
b) |
21.09.1992 |
585 |
196.486,69 DM |
|
./. |
57 |
29.582,06 DM |
c) |
25.01.1994 |
|
185.044,70 DM. |
Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 27 bis 43, 81, 85 f sowie 94 f der Gerichtsakte verwiesen.
2. Ferner waren in den Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist Sparsamelkonten enthalten, deren Einzelansprüche zum Bilanzstichtag 31.12.1990 mindestens seit 30 Jahren nicht mehr bewegt worden waren, und zwar
Kapitalsammelkonten mit Guthaben von insgesamt |
53.630,00 DM |
Zinssammeikonten mit Guthaben über insgesamt |
48.085,00 DM |
insgesamt |
101.715,00 DM. |
Wegen der Zusammensetzung und Entwicklung der einzelnen Sammelkonten zu den Bilanzstichtagen 1986 bis 1993 wird auf Tz. 29.01. des Bp-Berichts vom 30.12.1992, den Schriftsatz der Klin. vom 18.02.1994 sowie die Schriftsätze des Bekl. vom 09.07.1993 und 18.04.1994 einschließlich der Anlagen Bezug genommen.
Die ersten Sammelkonten sind 1973 angelegt worden. Auf diesen Sammelkonten wurden Einzelkonten zusammengefaßt, die am 31.12.1990 seit mindestens 30 Jahren unbewegt waren und deren Guthaben im Zeitpunkt der Umbuchung jeweils 100,00 DM nicht überschritten.
Wegen der weiteren Feststellungen der Bp im einzelnen wird auf Tz. 29.1 des Bp-Berichtes vom 30.12.1992 Bezug genommen.
3. Im Anschluß an ein BMF-Schreiben vom 19.02.1990 an den Zentralen Kreditausschuß (Blatt 9 der Gerichtsakte) sowie bundeseinheitlich abgestimmte Verfügungen der Oberfinanzdirektion (OFD) Münster vom 17.04.1990 (Blatt 8 der Gericht...