Entscheidungsstichwort (Thema)
Untätigkeitsklage, Besteuerungsanteil bei Rentennachzahlungen aus Jahren vor 2005; Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1.) Wird eine Untätigkeitsklage erhoben und ergeht daraufhin eine Entscheidung der Finanzbehörde, die dem Antrag des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise nicht entspricht, kann die Untätigkeitsklage als Anfechtungsklage fortgesetzt werden.
2.) Rentennachzahlungen aus Jahren vor 2005 sind im Zuflußjahr mit einem Besteuerungsanteil von 50% als Leistungen i.S.v. § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) EStG zu berücksichtigen (gegen FG Niedersachsen, Urteil vom 18.11.2009, 2 K 309/07, EFG 2010, 719. Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht.
3.) Die seit 2005 geltende Rentenbesteuerung nach dem Alterseinkünftegesetz ist verfassungsgemäß.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 1, § 22 Nr. 1 Sätze 1, 3 a) aa), § 52 Abs. 1; FGO § 46
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob im Jahr 2005 (Streitjahr) aus der gesetzlichen Rentenversicherung vereinnahmte Rentennachzahlungen für frühere Jahre nach den Vorschriften des Alterseinkünftegesetzes mit dem nach § 22 Nr. 1 S. 3 a) aa) Einkommensteuergesetz (EStG) 2005 geltenden Besteuerungsanteil von 50 % bei der Einkommensteuerfestsetzung zu erfassen sind.
Der Kläger wurde mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Er erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Leibrenten, aus selbständiger Arbeit als Rentenberater sowie aus Gewerbebetrieb.
In der eingereichten ESt-Erklärung 2005 erklärte der Kläger Einnahmen aus Leibrenten in Höhe von insgesamt 42.729 EUR. Dieser Betrag setzt sich aus laufenden Rentenzahlungen sowie aus einer im Streitjahr zugeflossenen Rentennachzahlung für mehrere Jahre in Höhe von 18.464 EUR zusammen. Als Rentenbeginn ist der 01.02.2004 ausgewiesen.
Im angefochtenen ESt-Bescheid für 2005 vom 13.07.2006 erfasste der Beklagte einen steuerpflichtigen Anteil der Rente in Höhe von 21.364 EUR (50 % der Einnahmen).
Mit Schreiben vom 14.07.2006 legte der Kläger Einspruch gegen die ESt-Festsetzung 2005 ein. Zur Begründung führte er unter anderem an, die Besteuerung der Rentenbezüge mit 50 % verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und sei verfassungswidrig. Die Rentennachzahlung sei nur mit einem Ertragsanteil von 32 % zu besteuern, da es sich um eine Nachzahlung aus dem Jahre 2003 handele. Es läge eine Verletzung des Gleichheitssatzes und eine Doppelbesteuerung vor. Die laufende Rente sei mit dem Ertragsanteil von 27 % der ESt zu unterwerfen. Er habe sich freiwillig der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger unterworfen und sei deshalb lebenslang zur Beitragszahlung verpflichtet gewesen. Über die an die Rentenversicherung gezahlten Beträge habe er nicht verfügen können. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern, die ihre Beiträge an die Rentenversicherungskasse nur zum Teil aus versteuertem Einkommen zahlten, habe er die Zahlungen an die Rentenkasse vollständig aus versteuertem Einkommen zahlen müssen.
Wegen hier nicht streitiger Punkte änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung 2005 mit Bescheid vom 14.08.2006 ab.
Mit Telefax vom 22.02.2007 erhob der Kläger Untätigkeitsklage mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, den Einspruch vom 14.07.2006 gegen den Einkommensteuerbescheid 2005 zu bescheiden.
Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 13.04.2007 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte an, die Versteuerung der im Jahr 2005 zugeflossenen Renteneinnahmen sei gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 a) aa) Einkommensteuergesetz (EStG) 2005 durchführen. Der der Besteuerung unterliegende Anteil der Rente richte sich nach dem Jahr des Rentenbeginns. Für Renten, die in den Jahren vor 2005 begonnen hätten, sei die Besteuerung ab dem Veranlagungszeitraum 2005 mit 50 % vorzunehmen. Maßgeblich sei gem. § 11 EStG der Zufluss der Einnahmen. Die im Veranlagungszeitraum 2005 geltende Rentenbesteuerung führe nicht zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung. Die schrittweise Überleitung der Leibrentenbesteuerung von der Besteuerung des Ertragsanteils auf die volle nachgelagerte Besteuerung sei so abgestimmt, dass mit dem Übergangsmodell die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung erfüllt seien. Im Übrigen habe das BVerfG im Bereich des Steuerrechts eine typisierende und pauschalierende Regelung zugelassen. Die im Einzelfall auftretenden Härten seien hinzunehmen. Ggfls. auftretende geringfügige rechnerische Doppelbesteuerungen seien durch die Typisierungsermächtigung des BVerfG gedeckt.
Mit Schriftsatz vom 16.04.2007 teilte der Kläger mit, dass die EE des Beklagten vom 13.04.2007 Gegenstand des Klageverfahrens sein soll. Zur weiteren Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor, der Gesetzgeber habe es versäumt, bei der Umsetzung der Rentenbesteuerung eine Übergangsvorschrift dergestalt zu erlassen, dass Renten aus der Zeit vor 2005 noch mit dem alten...