Entscheidungsstichwort (Thema)
Provisionszahlung des Versicherungsvertreters an den Begünstigten eines von einem Dritten abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrags. Einkommensteuer 1982
Leitsatz (amtlich)
Schließt der Arbeitgeber für seinen Angestellten eine Lebensversicherung ab und wird das monatliche Gehalt gekürzt, so dass der Arbeitnehmer wirtschaftlich gesehen die Beiträge zur Versicherung selbst aufbringt, so wirkt eine vom Versicherungsvertreter beim Vertragsabschluss an den Arbeitnehmer gezahlte Provision nicht anders wie ein Preisnachlass und ist deswegen nicht nach § 22 Nr. 3 EStG steuerpflichtig.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 3
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 1982 in Form der Einspruchsentscheidung vom 03.10.1988 wird aufgehoben.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt das Finanzamt.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf DM 502,– festgesetzt.
Tatbestand
Strittig ist, ob eine für den Abschluß eines Versicherungsvertrages vereinnahmte Provision nach § 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerbar ist.
Der Kläger (Kl.) war im Streitjahr als angestellter Steuerbevollmächtigter bei dem Steuerberater … (W.) beschäftigt. Durch eine Kontrollmitteilung erhielt das beklagte Finanzamt (FA) nach Durchführung der Einkommensteuerveranlagung 1982 des Kl. davon Kenntnis, daß W. als Versicherungsnehmer am 22.02.1982 zu Gunsten des Kl. als versicherter Person einen Lebensversicherungsvertrag mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfall einschließlich Beitragsfreiheit bei Berufsunfähigkeit abgeschlossen hatte zu einem monatlichen Beitrag in Höhe von 200,– DM. Am 17.02.1982 hatte der Kl. mit dem Versicherungsvertreter der … Lebensversicherung AG … (G.) eine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen, wonach sich G. für den Fall des Vertragsabschlusses zur Zahlung einer Vermittlerprovision von 1.400,– DM an den Kl. verpflichtete und der Kl. sich seinerseits verpflichtete, die Vermittlerprovision anteilig zurückzuzahlen, wenn Beiträge für weniger als 12 Monate entrichtet würden. Am 22.03.1982 zahlte G. den Betrag von 1.400,– DM bar an den Kl. aus. In einer über die Zahlung gefertigten Quittung hieß es: „Von … habe ich heute für A. L. für die Vermittlung der Lebensversicherung Nr. … DM 1.400 erhalten. W. L. für A. L.” Die Quittung trägt die handschriftliche Unterschrift des Kl. Der Kl. zahlte den Betrag von 1.400,– DM auf ein auf den Namen der Tochter … (A.), die zu diesem Zeitpunkt sieben Monate alt war, angelegtes Sparbuch ein.
Durch nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung 1977 (AO) geänderten Bescheid erfaßte das FA die Einnahme in Höhe von 1.400,– DM als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung – EE – vom 03.10.1938) begehrt der Kl. mit seiner Klage die Aufhebung des Änderungsbescheides vom 10.09.1957. Den Geldbetrag habe er lediglich als gesetzlicher Vertreter für A. entgegengenommen. Die Zahlungsempfängerin der Provision sei A. gewesen. G. habe ihm die Zahlung förmlich aufgedrängt, obwohl er, der Kl., zur Entgegennahme von Provisionen aus berufsrechtlichen Gründen nicht befugt gewesen sei. G. habe mit der Zuwendung ihn bewegen wollen, G. auch zukünftig Versicherungsverträge zu vermitteln. Mit dem Abschluß der Lebensversicherung habe er, der Kl., seine und seiner Familie Zukunft absichern wollen. W. halte den monatlichen Beitrag von seinem Angestelltengehalt ab, so daß er, der Kl., wirtschaftlich betrachtet die Beiträge bezahle. Im Ergebnis stelle die gezahlte Provision nichts anderes als einen auch bei sonstigen Geschäften üblichen Preisnachlaß dar (Hinweis auf das Urteil des Hessischen FG vom 08.06.1983 7 K 59/83, EFG 1934, 122).
Der Kl. beantragt,
den ESt-Änderungsbescheid 1982 vom 10.09.1987 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die angefochtene EE.
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Zu Unrecht hat das FA die Provisionszahlung des C. in Höhe von 1.400,– DM im Rahmen der geänderten ESt-Veranlagung 1982 des Kl. als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG i.V.m. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erfaßt. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung fällt unter den Begriff der sonstigen Leistung jedes Tun, Unterlassen und Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Entgelts willen erbracht wird, wobei die Zahlung als echte Gegenleistung durch eine Leistung veranlaßt, d. h. ausgelöst sein muß (vgl. Schmidt-Heinicke, EStG, 9. Aufl. 1990, § 22 Anm. 31 m.w.N. der BFH-Rechtsprechung). Eine um „des Entgeltswillen” erbrachte Leistung des Kl, liegt nicht in der Vermittlung des zwischen der … Lebensversicherungs AG und W. abgeschlossenen Versicherungsvertrages vom 22.02.1982. Der Abschluß des Versicherungsvertrages vom 22.02.1982 diente der Zukunftssicherung des Kl. und seiner Familie. Der Sicherungsgedanke stand eindeutig im Vordergrund, was sich auch daraus ergibt, daß wirtschaftlich betrachtet der...