Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung eines Kfz-Steuerbescheids und Bindungswirkung der Feststellung der Fahrzeugklasse durch die Zulassungsbehörde im Hinblick auf Steuerbefreiungen
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Kfz-Steuerbescheid beinhaltet –entsprechend einer Kindergeldfestsetzun - eine bindende Entscheidung lediglich bis einschließlich des Monats der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung.
2) Die Feststellung der Zulassungsbehörde eines Kfz als Sattelanhänger und nicht als Packwagen im Gewerbe nach Schaustellerart i.S. von § 3 Nr. 8 Buchts. b) KraftStG entfaltet auch Bindungswirkung für die Kfz-Steuer.
Normenkette
KraftStG §§ 11-12, 3 Nr. 8, § 2 Abs. 2 Nr. 2; AO § 171 Abs. 10, § 182 Abs. 1 S. 1; KraftStG § 6
Tatbestand
Streitig ist, ob ein von der Klägerin gehaltener Sattelanhänger gemäß § 3 Nr. 8 Buchst. b des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist.
Die Klägerin ist seit dem 21.06.2017 Halterin des Anhängers mit dem amtlichen Kennzeichen xxx. Es handelt sich um einen Sattelanhänger, der am 10.08.1999 erstmals zum Straßenverkehr zugelassen wurde. Der Klägerin ist eine Gesellschaft und führt einen Schaustellerbetrieb. Die Klägerin hatte den Anhänger in gebrauchtem Zustand von einem Halter erworben, der nicht im Schaustellergewerbe tätig war. Ausweislich der Zulassungsbescheinigung Teil II war der Anhänger ursprünglich als „SANH PLANE U. SPRIEGEL” zugelassen. Im Feld für die Fahrzeugklasse (Feld „J”) war die Schlüsselnummer 53 und im Feld für die Art des Aufbaus die Schlüsselnummer 0400 eingetragen. Das Fahrzeug verfügt über eine zulässige Gesamtmasse von 3,5 Tonnen (t).
Die Klägerin beantragte im Rahmen der Anmeldung bei der Zulassungsbehörde die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer. Eine Änderung der eingetragenen technischen Daten in den Zulassungsbescheinigungen erfolgte zunächst nicht.
Ausweislich der dem Gericht vorliegenden Fotos von dem Fahrzeug ist der Anhänger mit einem Stahlgerüst ausgestattet, das mit der Bodenfläche des Anhängers fest verbunden ist. Auf dem Anhänger können Gegenstände gestapelt und mithilfe des Stahlgerüstes und Seilen gesichert werden. Zudem ist die Bodenfläche so beschaffen, dass zusätzlich ein „Kassenhäuschen” montiert und befördert werden kann.
Neben diesem Fahrzeug ist auf die Klägerin eine Vielzahl weiterer Fahrzeuge zugelassen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens sind.
Mit Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 03.07.2017 setzte der Beklagte für das Fahrzeug mit dem Kennzeichen xxx Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab dem 21.06.2017 in Höhe von jährlich 373,00 € fest und behandelte das Fahrzeug als Sattelanhänger.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und machte geltend, dass es sich bei dem Anhänger um einen Packwagen im Gewerbe nach Schaustellerart handele. Der Packwagen sei nach § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG von der Steuer befreit. Unstreitig sei der Anhänger zwar nicht im nationalen Typengenehmigungsverfahren mit der Fahrzeug- und Aufbauart „Schaustellerfahrzeug” zugelassen. Jedoch stelle § 3 Nr. 8 Buchst. b KraftStG eine Ausnahmeregelung bzw. eine anderweitige Bestimmung i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG dar, weshalb eine Bindung an die Feststellungen der Zulassungsbehörden nicht bestehe. Kraftfahrzeugsteuerbefreiungen seien aus sich selbst heraus auszulegen und anzuwenden. Ob ein Packwagen im Gewerbe nach Schaustellerart vorliege, sei von dem zuständigen Hauptzollamt mangels Bindungswirkung eigenverantwortlich festzustellen. Die Vergleichbarkeit liege vor, wenn es sich um Anhänger handele, die nach ihrer Bauart und Einrichtung der Beförderung von Schaustellergeschäften oder deren Teilen geeignet oder bestimmt seien. Zur weiteren Begründung verweist die Klägerin auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 07.11.1989 – VII R 115/87, vom 22.09.1992 – VII R 45/92 und vom 25.04.2018 – III R 40/17 sowie auf das an den Deutschen Schaustellerbund e.V. gerichtete Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen –BMF– vom 14.07.2017 (III B 5 – S 6105/97/10002).
Mit Einspruchsentscheidung vom 12.11.2019 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus: Voraussetzung für die begehrte Steuerbefreiung sei, dass der Anhänger der Klägerin ein Packwagen sei. Diese Entscheidung treffe die Zulassungsbehörde, indem sie das Fahrzeug in eine entsprechende Fahrzeugklasse und Aufbauart einstufe. Grundlage hierfür sei das Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA-Verzeichnis), das jedes Fahrzeug einer Fahrzeugklasse und einer Aufbauart zuordne. Das Fahrzeug der Klägerin sei von der Zulassungsbehörde in die Fahrzeugklasse 53 und in die Aufbauart 0400 eingestuft worden. Nach dem KBA-Verzeichnis handele es sich somit um einen Sattelanhänger zur Lastenbeförderung, hier offener Kasten mit Plane und Spriegel. Eine spezifische Verwendung sei nicht festgelegt. Für Schaustellerwagen sehe das KBA-Verzeichnis eine besondere Einstufung vor. Pac...