Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichszahlungen an den InsO-Verwalter nach Insolvenzanfechtung
Leitsatz (redaktionell)
Die Zahlung an den Insolvenzverwalter aufgrund eines Vergleichs über Rückzahlungsansprüche nach Insolvenzanfechtung ist kein nach § 3a EStG steuerfreier Sanierungsertrag.
Normenkette
InsO § 144 Abs. 1; EStG § 3a; InsO § 80 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die aus einer Insolvenzanfechtung erhaltene Zahlung i. H. v. X € als Ertrag bei der Einkommensteuer des Jahres 2015 zu berücksichtigen ist oder ob in gleicher Höhe im Jahr 2015 eine den Erlös neutralisierende Verbindlichkeit zu passivieren ist.
Mit Beschluss vom 00.00.2014 (Az. IN /14) hat das Amtsgericht O den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn U (Insolvenzschuldner) bestellt und das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als Gesamtrechtsnachfolger der U GmbH & Co. KG (im Folgenden: U KG) eröffnet.
Am 15.08.2015 schlossen der Kläger in seiner Funktion als Insolvenzverwalter und die M-GmbH (im Folgenden M GmbH) sowie die M GmbH & Co. Holding KG (im Folgenden M Holding KG) eine Vergleichsvereinbarung. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die M Holding KG ist die Alleingesellschafterin der M GmbH. Letztere erbrachte durch sogenannte „Systempartner” (ca. 125 mittelständische Unternehmen) Speditionsleistungen an Dritte. Kommanditisten der M Holding KG waren hauptsächlich die als „Systempartner” für die M GmbH tätigen Speditionsunternehmen. Die U KG betrieb ein Speditionsunternehmen, das Leistungen für die M GmbH erbrachte. Zugleich war sie Kommanditistin der M Holding KG. Da über das Vermögen des Herrn U das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, musste dieser gemäß § 17 des Gesellschaftsvertrags der M Holding KG gegen ein Abfindungsguthaben aus der Gesellschaft ausscheiden. Mit Schreiben vom 19.05.2015 focht der Kläger gegenüber der M GmbH zusätzlich Zahlungen des Herrn U bzw. der U KG an die M GmbH im Zeitraum vom 00.00.2012 – 00.00.2014 gemäß § 133 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) i. H. v. X € an, und forderte deren Rückzahlung. Die M GmbH bestritt diese Forderungen dem Grunde und der Höhe nach. Im Rahmen der Vergleichsvereinbarung vom 15.08.2015 einigten sich die Parteien hinsichtlich der Höhe der Abfindungssumme. Die Behandlung dieser ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Ferner einigten sie sich die Parteien in § 2 der Vergleichsvereinbarung darüber, dass die M GmbH „zur Abgeltung der vom Insolvenzverwalter gegenüber der M GmbH geltend gemachten Anfechtungs- bzw. Rückzahlungsansprüche (…) an den Insolvenzverwalter ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht” X € zahle. Zusätzlich verpflichtete sich die M GmbH die Kosten der anwaltlichen Vertretung des Klägers, die im Rahmen der vorgenannten Ansprüche i. H. v. X € angefallen waren, zu erstatten.
Ferner enthält die Vergleichsvereinbarung unter § 2 folgende weitere Absätze:
„4. Mit vollständiger Zahlung des vorstehenden Betrages durch die M GmbH sind sämtliche Ansprüche des Insolvenzverwalters gegen die M GmbH, die Gegenstand des Schreibens des Insolvenzverwalters bzw. seines Bevollmächtigten vom 19.05.2015 oder vom 17.06.2015 waren, endgültig abgegolten und erledigt.
5. Die M GmbH verzichtet darauf, einen Betrag in Höhe des vorstehenden Vergleichsbetrages in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zur Insolvenztabelle anzumelden. Der Insolvenzverwalter nimmt diesen Verzicht hiermit an. Bereits angemeldete Forderungen der M GmbH bleiben hiervon unberührt.”
Darüber hinaus haben die Parteien unter § 3 der Vereinbarung ausgeführt, dass sie mit dieser Vergleichsvereinbarung eine abschließende Klärung hinsichtlich der zwischen ihnen regelungsbedürftig erscheinenden Fragen anstrebten. Beide Parteien haben im Übrigen bestätigt, dass ihnen derzeit keine Anhaltspunkte dafür bekannt seien, dass ihnen irgendwelche weiteren Ansprüche gegen den jeweils anderen zustünden.
Der Vertrag wurde vereinbarungsgemäß im Jahr 2015 vollzogen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Vergleichsvereinbarung vom 15.08.2015 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 04.12.2018 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Jahr 2015 der Eheleute U auf X € fest. Im Bescheid berücksichtigte der Beklagte erklärungsgemäß einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i. H. v. X €. Aus dem für das Jahr 2015 erstellten Kontennachweis zur Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 2015 im Rahmen der erstellten Bilanz nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergaben sich i. H. v. X € „steuerfreie Erlöse M”. Mit Bescheid vom 14.12.2018 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für das Jahr 2016 der Eheleute U auf X € fest. Erklärungsgemäß berücksichtigte der Beklagte bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb einen Veräußerungsgewinn i. H. v. X €. Laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden nicht erklärt.
Sämtliche vorgenannten Bescheide wurden an den Kläger als Insolvenzverwalter für Herrn U und an die Steuerberater Kanzlei C GmbH als Empfangsbevollmächtigte für die Ehefrau des Insolvenzschuldners, Frau ...