Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrtkosten sind keine Werbungskosten bei Verlagerung der Tätigkeit an einen anderen Ort auch aus privaten Gründen
Leitsatz (redaktionell)
Fahrtkosten stellen keine Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung dar, wenn Tätigkeiten bewusst an einen Ort verlagert werden, um dort - auch - die Eltern besuchen zu können.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 12 Nr. 1
Nachgehend
Gründe
Streitig ist bei den Veranlagungen zur Einkommensteuer 1995 bis 1997 die steuerliche Berücksichtigung von Fahrtkosten.
Der Kläger war seit dem 01.04.1995 in D. als Diplom-Ingenieur nichtselbständig tätig. Daneben erzielte er in allen Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen sowie – negative – Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und aus Vermietung und Verpachtung.
Bei den Erklärungen zur Einkommensteuer 1995 bis 1997 ließ der Beklagte die bei den unterschiedlichen Einkünften geltend gemachten Fahrtaufwendungen des Klägers nach F. in 1995 iHv 6.812,99 DM, in 1996 iHv 5.923,32 DM und in 1997 iHv 4.739,72 DM mit der Begründung unberücksichtigt, es handele sich hierbei um – auch – privat veranlaßte Fahrten zu seinem Elternhaus. Die hiergegen gerichteten Einsprüche blieben erfolglos.
Der Kläger trägt vor, die Fahrten nach F. habe er unternommen, um sein dortiges Vermögen zu verwalten. Hierzu seien Arbeiten in erheblichem Umfang zu verrichten gewesen, die überwiegend nicht von D. aus hätten erledigt werden können. Die Reisen hätten oft an Wochenenden stattgefunden. Für jede einzelne Fahrtkostenabrechnung (streitig sind 6 Fahrten in 1995, 8 Fahrten in 1996 und 6 Fahrten in 1997) habe er den mit den jeweiligen Einkünften verbundenen Zweck der Reise angegeben. Dieser habe überwiegend darin bestanden, Miethäuser zu verwalten, Steuererklärungen zu erstellen, Einsprüche anzufertigen, über Wertpapiere zu disponieren und an Gesellschafterversammlungen der Familiengesellschaften, insbesondere der E. W. GmbH und der W…. Besitzgesellschaft teilzunehmen. Die Kosten seien – so erstmals im Klageverfahren – teilweise auch den Steuerberatungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz – EStG –) zuzurechnen. Übernachtet habe er in dem von seinem Vater bewohnten Zweifamilienhaus jeweils in seinem ehemaligen Kinderzimmer. Im übrigen habe ein geringer Teil jeder Fahrt nach F. auch dem Besuch der Familie gedient (täglich ca. zwei Stunden).
Er meint, die Behandlung der Fahrtkosten durch den Beklagten widerspreche § 12 Nr. 1 EStG und sei verfassungswidrig. Zutreffend wäre eine schätzungsweise Aufteilung der Aufwendungen gewesen wie sie das Finanzgericht Köln in seinem Urteil vom 21.06.2001 (Az.: 10 K 6288/96) vorgenommen habe. Eine entsprechende Aufteilung der Kosten in einen privat und einen beruflich veranlaßten Teil ergebe steuerlich zu berücksichtigende Fahrtkosten in 1995 von 3.000,57 DM, in 1996 von 4.109,91 DM und in 1996 von 3.365,50 DM.
Gegen das von der Rechtsprechung entwickelte Aufteilungs- und Abzugsverbot bestünden erhebliche Bedenken. Die ausdehnende Auslegung bei der Anwendung des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG durch den BFH lasse sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen. Die Einfügung des § 12 EStG in 1934 habe allein den Zweck verfolgt, Repräsentationsaufwendungen bei Zusammenwirken von beruflichen und privaten Gründen nicht mehr zum Abzug zuzulassen. Die Auslegung, die die Vorschrift durch die Rechtsprechung erfahren habe, sei im übrigen auch mit der Systematik des Steuerrechts nicht zu vereinbaren. Nach dem Nettoprinzip dürften gemischt veranlaßte Aufwendungen nicht voll der privaten Sphäre zugeordnet werden. Auch sei der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG für den Fall, daß bereits § 12 Nr. 1 EStG ein Aufteilungsverbot enthielte, einer Wirkung entzogen.
Darüber hinaus widerspreche das Aufteilungsverbot auch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG. Es führe in ungerechter Weise dazu, daß eindeutig und unstreitig betrieblich veranlaßte Aufwendungen vom Steuerpflichtigen aus versteuertem Einkommen geleistet werden müßten.
Schließlich verstoße ein Aufteilungsverbot auch gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die private Mitveranlassung werde allein darauf gestützt, daß der Vater des Klägers an dem Ort wohne, der Ziel der betrieblich veranlaßten Fahrten sei. Dies stelle eine Diskriminierung der Familie dar. Anderen Personengruppen, z.B. Miteigentümer eines Grundstücks oder Gesellschaftern einer Gesellschaft, sei ein Betriebsausgabenabzug nicht verwehrt. Diese Beeinträchtigung des Art. 6 Abs. 1 GG sei durch eine verfassungskonforme Auslegung zu beheben, d.h. die Kosten seien durch Schätzung aufzuteilen.
Nach Änderung des Einkommensteuerbescheides 1996 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) im Klageverfahren durch Bescheid vom 19.06.2001 beantragt der Kläger,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1995 und 1997 idF der Einspruchsentscheidung bzw. unter Änderung des E...