Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerhaftung beim Grundstücks-Schwarzkauf

 

Leitsatz (redaktionell)

Wer entweder als Mittäter oder Gehilfe zu einer Steuerhinterziehung des Schwarzzahlungsempfängers beim Grundstücksverkauf als Käufer durch Zahlung am Kaufvertrag vorbei mitgewirkt hat, haftet gem. § 71 AO, auch wenn das Strafverfahren gegen ihn gem. § 153a StPO gegen Erfüllung von Auflagen und Weisungen eingestellt wird.

 

Normenkette

AO § 191 Abs. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 1; StPO § 153a; AO § 71

 

Tatbestand

Streitig ist die Haftung des Klägers (Kl.) gemäß § 71 Abgabenordnung (AO) für Einkommensteuer (ESt) 2001, Zinsen zur ESt 2001, Solidaritätszuschlag 2001 und römisch-katholische Kirchensteuer 2001 des Steuerschuldners M.

Der Kl. ist verheiratet. Die Eheleute schlossen am 09.06.2001 mit dem Finanzbeamten M (nachfolgend: M) notariell beurkundete Kaufverträge – UR-Nr. des Notars N …/01, …/01 und …/01 – über vier Wohnungen im Objekt N-straße … in O. Die Eheleute erwarben die Wohnungen zu ½ Anteil. Auf Drängen des M vereinbarte der Kl. mit M, dass neben dem beurkundeten Kaufpreis eine weitere Zahlung von 50.000,00 DM zu erfolgen habe. Sowohl M als auch der Makler H (nachfolgend: Makler) machten dem Kl. deutlich, dass das Zustandekommen der Kaufverträge von der „Schwarzzahlung” abhängig sei.

Im März 2001 leistete der Kl. von den vereinbarten 50.000,00 DM einen Teilbetrag an M in Höhe von 15.000,00 DM. Nach Angaben des Kl. gelang es ihm, unbemerkt von den übrigen Vertragsparteien, einen Teilbetrag in Höhe von 15.000,00 DM in die Grundstückskaufverträge aufnehmen zu lassen. Am Tag der Vertragsunterzeichnung händigte der Kl. an den Makler einen Briefumschlag aus, der den vereinbarten Restbetrag in Höhe von 35.000,00 DM enthielt. Dabei war dem Kl. bewusst, dass dieser Betrag von M nicht versteuert werden sollte.

Im Rahmen einer beim M durchgeführten Außenprüfung des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung O deckte der Prüfer auf, dass M von den 35.000,00 DM lediglich 30.000,00 DM erhielt. Der Makler behielt nach den Feststellungen des Prüfers 5.000,00 DM aus dem Briefumschlag für sich. M berücksichtigte den in bar erhaltenen Betrag in Höhe von 30.000,00 DM im Rahmen seiner Gewinn- und Verlustrechnung für seinen Betrieb „gewerblicher Grundstückshandel” im Veranlagungszeitraum 2001 nicht.

Im Anschluss an die Außenprüfung des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung O änderte der Beklagte (Bekl.) am 12.08.2005 die ESt-Festsetzung 2001 für M dergestalt, dass – unter Berücksichtigung eines weiteren Gewinnes bei den Einkünften nach § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 30.000,00 DM – die ESt um … EUR, die römisch-katholische Kirchensteuer um … EUR und der Solidaritätszuschlag um … EUR erhöht wurden. Ferner setzte der Bekl. Zinsen zur ESt 2001 nach § 233a AO in Höhe von … EUR fest. M zahlte diese Beträge nicht.

Am 03.08.2005 wurde über das Vermögen des M das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Bekl. hat die mit ESt-Bescheid vom 12.08.2005 festgesetzten Steuern für das Jahr 2001 am 22.08.2005 als nicht titulierte Forderung zur Tabelle angemeldet. Nachdem der Insolvenzverwalter u. a. diese Forderung zunächst beschritt, nahm er am 27.10.2005 seinen Widerspruch zurück, so dass am 23.12.2005 die Feststellung der hier streitigen Beträge in voller Höhe zur Tabelle erfolgte. Das Insolvenzverfahren wurde am 31.05.2007 mangels Masse ohne Schlussverteilung aufgehoben und die Restschuldbefreiung angekündigt.

Mit Haftungsbescheid vom 27.01.2006 nahm der Bekl. den Kl. sowie dessen Ehefrau für die Mehrsteuern des M unter Hinweis auf §§ 5, 71, 191, 219 AO in Haftung. Zur Begründung für die Inanspruchnahme führte der Bekl. aus, dass der Kl. durch die Vereinbarung einer außerhalb des notariellen Vertrages bar zu leistenden Zahlung für die oben genannten Wohnungen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des M geleistet habe. Die Inanspruchnahme sei ermessensgerecht, da M die festgesetzten Mehrsteuern nicht gezahlt habe. Im Haftungsbescheid wies der Bekl. darauf hin, dass der Makler ebenfalls für die Mehrsteuern in Haftung genommen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Haftungsbescheides vom 27.01.2006 Bezug genommen und verwiesen.

Der Kl. legte am 28. Februar 2006 gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein.

Mit Bescheid vom 09.03.2006 nahm der Bekl. den angefochtenen Haftungsbescheid, soweit er sich auf die Haftung der Ehefrau des Klägers erstreckte, zurück. Der Bekl. wies zugleich darauf hin, dass nach § 124 Abs. 2 AO der Haftungsbescheid nach Maßgabe der inhaltlichen Beschränkung durch die Teilrücknahme fortgelte.

Am 29.01.2007 wurde das gegen den Kl. eingeleitete Strafverfahren nach § 153a Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.

Der Kl. begründete seinen Einspruch mit Schriftsatz vom 22.07.2007 und warf die Frage auf, ob die Verwirklichung einer eigenen Steuerhinterziehung als Täter zugleich Beihilfe hinsichtlich der Steuerhinterziehung eines Mittäters sein könne. Jedenfalls sei in seiner Person der erforderliche do...

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