Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Festsetzungsfrist nach erfolgter Schenkungsanzeige und später angeforderter Schenkungsteuererklärung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 1/23)
Leitsatz (redaktionell)
1. Wenn die Schenkung eines Geldbetrages unter der Auflage erfolgt, dass der Betrag als Eigenkapital in eine GmbH eingebracht werden soll, deren Alleingesellschafter der Beschenkte ist und von der GmbH dazu verwandt werden soll, ein bestimmtes Grundstück zu erwerben, handelt es sich um eine sog. mittelbare Grundstücksschenkung (vgl. R E 9.1 Abs. 1 u. 2 ErbStR 2019).
2. In einem solchen Fall entsteht die Schenkungsteuer mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung und somit im Zeitpunkt der Zahlung des fälligen Kaufpreises für das zu erwerbende Grundstück, wenn im Grundstückskaufvertrag der beurkundende Notar angewiesen ist, die Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt erst nach Bestätigung der Kaufpreiszahlung vornehmen zu lassen.
3. Die Festsetzungsfrist von vier Jahren für die Schenkungsteuer beginnt erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die vom Finanzamt angeforderte Steuererklärung eingereicht worden ist. Dies gilt auch dann, wenn der Beschenkte die Schenkung bereits zuvor ordnungsgemäß angezeigt hatte.
4. Die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO endet erst mit Ablauf des Kalenderjahres der Einreichung der Steuererklärung, spätestens drei Jahre nach Ablauf des dritten Kalenderjahres nach der Steuerentstehung.
Normenkette
AO § 169 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1 Alt. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1; ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2, §§ 30-31, 170 Abs. 5 Nr. 2; AO § 47
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bereits die im Jahr 2014 beim Beklagten eingegangene Anzeige einer Schenkung nach § 30 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) oder erst die im Jahr 2015 angeforderte und abgegebene Schenkungsteuererklärung nach § 31 ErbStG die Beendigung der Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) bewirkt hat.
Aufgrund des privatschriftlichen Schenkungsvertrags vom 31.07.2014 erhielt der Kläger von seiner Mutter, Frau I. N., am 22.09.2014 durch Kontogutschrift schenkweise einen Betrag in Höhe von 4 Mio. Euro. Die Schenkung erfolgte unter der Auflage, dass der Betrag nach Abzug der fälligen Schenkungsteuer als Eigenkapital in die H. N. – GmbH (nachfolgend auch „GmbH” genannt), dessen Alleingesellschafter der Kläger ist, eingebracht und von der GmbH dazu verwandt wird, das Grundstück G1 in N-Stadt zu erwerben.
Bereits mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 00.00.2014 (UR-Nr. […] des Notars G. I. in N-Stadt) erwarb die GmbH Grundbesitz unter der Adresse G2, G3, G1 in N-Stadt. Der Kaufpreis in Höhe von 3,25 Mio. Euro war ausdrücklich nicht vor dem 31.12.2014 zur Zahlung fällig. Nach Ziffer III. des Vertrags war der Notar angewiesen, den Vertrag zur Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt erst vorzulegen, wenn der Veräußerer die Bezahlung des Kaufpreises bestätigt oder der Erwerber dies durch (unwiderrufliche) Bankbestätigung nachgewiesen hatte. Bis dahin waren beglaubigte Abschriften und Ausfertigungen des Vertrags nur ohne die in Anlage 1 zum Vertrag enthaltene Einigung über den Eigentumsübergang zu erteilen.
Mit Schreiben vom 16.12.2014, eingegangen beim Beklagten am 17.12.2014, zeigte der steuerlich vertretene Kläger eine Schenkung seiner Mutter vom 22.09.2014 an. Als Gegenstand der Schenkung war eine „mittelbare Anteilsschenkung” im Wert von 1.531.885 Euro angegeben. Auf eine Vorschenkung am 31.05.2012 in Höhe von 400.000 Euro wurde hingewiesen.
Vom Konto der GmbH überwies diese am 30.12.2014 den Kaufpreis in Höhe von 3,25 Mio. Euro. Zuvor hatte der Kläger auf das Konto der GmbH insgesamt 3,7 Mio. Euro eingezahlt, die von der Gesellschaft in Höhe von 900.000 Euro für eine Kapitalerhöhung und im Übrigen zur Bildung der Kapitalrücklage verbucht wurden. Die Erwerbsnebenkosten wurden ebenfalls vom Konto der GmbH gezahlt.
Die anlässlich der Anzeige mit Schreiben des Beklagten vom 05.01.2015 angeforderte Schenkungssteuererklärung reichte der Kläger am 26.02.2015 ein.
Als Gegenstand der Zuwendung wurden dabei nicht notierte Anteile an der H. N. – GmbH im Gesamtwert von 1.531.885 Euro erklärt. In der Anlage zur Schenkungssteuererklärung wurde der Sachverhalt weiter dargelegt. Dabei wurde die Auffassung vertreten, der Vorgang stelle aus schenkungssteuerlicher Sicht eine Werterhöhung der GmbH-Anteile dar. Die Bereicherung ergebe sich aus der Differenz zwischen dem gemeinen Wert der Anteile vor der mittelbaren Zuwendung und dem gemeinen Wert der Anteile nach der mittelbaren Zuwendung. Da der Substanzwert der GmbH weit über dem Ertragswert liege, sei als Mindestwert der Bereicherung der Wertzuwachs im Substanzwertverfahren anzusetzen. Dieser Wertzuwachs werde mit dem Bedarfswert der erworbenen Immobilie nach den §§ 138, 157 BewG ermittelt. Der Erklärung war ferner eine Anlage „Grundbesitzbewertung für das Grundstück G1, N-Stadt […]” beigefügt, wonach der Grundbesitzwert im ...