Entscheidungsstichwort (Thema)
Büroräume als häusliches Arbeitszimmer
Leitsatz (redaktionell)
1) Ob ein Büro- oder Praxisraum der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer unterfällt, lässt sich nicht generell, sondern nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls beurteilen.
2) Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit kann nicht im Wege verfassungskonformer Auslegung isoliert für einzelne Tätigkeiten, sondern nur für sämtliche Tätigkeiten des Steuerpflichtigen bestimmt werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5, 5 Sätze 1, 1 Nr. 6b, Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Sätze 3, 3 2. Hs
Beteiligte
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz (EStG) für im eigenen Hause der Klägerin belegende Arbeitszimmer.
Die Klägerin erzielt seit April 1995 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Professorin für Qualitätsmanagement am Fachbereich Lebensmitteltechnologie der FH L. sowie seit 1993 Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Auditorin für Qualitätsmanagement-Systeme (ISO 9000ff), als Consultant für Management-Systeme (Unternehmensberatung) und dem Halten von Fachvorträgen.
Sie ist seit 31.03.1995 Eigentümerin des als Einfamilienhaus bewerteten Reihenhauses …straße in L., dessen Ober- und Dachgeschoß einschließlich einer dort befindlichen Terrasse sie zu eigenen Wohnzwecken nutzt.
Im Erdgeschoß des Hauses befinden sich mit Ausnahme eines gemischt genutzten Raumes, in dem auch die Waschmaschine und der Wäschetrockner angeschlossen sind, die 29,75% der Gesamtnutzfläche umfassenden Arbeitszimmer, die die Klägerin im Jahre 1996 zu 20 % im Rahmen der nichtselbständigen bzw. zu 80 % der freiberuflichen Tätigkeit und im Jahre 1997 zu 100 % im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit nutzte.
Am Hauseingang sind zwei Klingeln und zwei Briefkästen vorhanden. Im Eingangsbereich des Hauses befindet sich ein Treppenhaus, das im Erdgeschoß in der Mitte durch eine Mauer unterteilt ist, wobei der rechte Teil nach einigen Stufen abwärts zum separaten Eingang des Erdgeschosses (Souterrain) mit den Arbeitszimmern führt, während der linke Teil nach einigen Treppen aufwärts den Zugang zum privat genutzten Obergeschoß und Dachgeschoß ermöglicht. Vom größten Arbeitszimmer im Erdgeschoß führt eine Tür zum Garten und zu der für das Abstellen der Mülleimer vorgesehenen Stelle. Der Garten kann außerdem nur von der Straße aus durch ein Zugangstor betreten werden.
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen für 1996 und 1997 machte die Klägerin als Betriebsausgaben anteilige Hauskosten für betrieblich genutzte Räume in Höhe von 11.774,00 DM für 1996 und 11.380,00 DM für 1997 (jeweils 30,71 % der gesamten Hauskosten) geltend. Der Beklagte führte die Einkommensteuerveranlagungen zunächst erklärungsgemäß, jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) durch.
Nach einer Betriebsprüfung meinte der Beklagte, die für betriebliche/berufliche Zwecke genutzten Arbeitszimmer im Erdgeschoß seien insgesamt gesehen vom Wohnbereich nicht deutlich getrennt und in die private Sphäre eingebunden, so daß die Räumlichkeiten als häusliche Arbeitszimmer im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG anzusehen seien. Da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit der Klägerin bilde, jedoch zu mehr als 50 % betrieblich oder beruflich genutzt werde, sei grundsätzlich ein auf 2.400 DM begrenzter Abzug zu berücksichtigen. Hiervon entfalle schätzungsweise 20 % = 480 DM auf die nichtselbständige und 80 % = 1.920 DM auf die selbständige Tätigkeit.
Gegen die entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997 erhob die Klägerin Einsprüche. Sie blieben erfolglos.
Die Klägerin meint, es lägen keine häuslichen Arbeitszimmer im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG vor, da die beruflich genutzten Räume nicht in den privaten Wohnbereich integriert seien.
Es gäbe keine Berührungspunkte zur privaten Sphäre. Die Räumlichkeiten befänden sich in unterschiedlichen Ebenen im Haus, wobei das Erdgeschoß nahezu ausschließlich freiberuflich genutzt werde. Das Betreten der Büroräume ermögliche keinerlei Einblicke in die Privatsphäre der Klägerin.
Zudem fehle den Räumen im Erdgeschoß jeder private Wohncharakter. Sie seien mit Büromöbeln, Computern, einem Besprechungstisch, moderner Kommunikation und Fachliteratur ausgestattet und bildeten eine abgrenzbare Einheit. So bestünde keine Schwierigkeit, die Räumlichkeiten an Dritte zu vermieten. Ebenso sei es denkbar, für ihre freiberufliche Tätigkeit andere Büroräume anzumieten.
Allein der Umstand, daß die Arbeitszimmer und die Wohnräume unter einem Dach lägen und in ihrem Eigentum stünden, könne nicht dazu führen, daß sie dem Wohnbereich zuzuordnen seien.
Unabhängig davon seien die Aufwendungen auch deswegen unbeschränkt abzugsfähig, weil die streitigen Räumlichkeiten der einzige Mittelpunkt ih...