Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten eines Verwaltungsgerichtsprozesses als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Grundsätze des BFH zur Berücksichtigung der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung finden in gleicher Weise auf die Kosten eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Anwendung.
2) Die Neuregelung zur Abzugsfähigkeit von Prozesskosten ist erst ab dem 30.06.2013 anwendbar. Sie entfaltet für davor liegende Veranlagungszeiträume keine Rückwirkung.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 2 S. 1, Abs. 1
Gründe
Streitig ist, ob Aufwendungen für einen in letzter Instanz verlorenen Verwaltungsgerichtsprozess als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) abzugsfähig sind.
Die Kläger (Kl.) werden als Eheleute zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt. Ihre Wohnung befindet sich in C1., F.-Straße 01. Eigentümer des Grundstücks ist der Kl. Beide Kl. erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie der Kl. solche aus nichtselbständiger Arbeit und die Klin. solche aus Renten. Im Streitjahr 2010 hat der Gesamtbetrag der Einkünfte … EUR betragen. Mit Bescheid vom 16.12.2011 hat das Finanzamt (FA) die Einkommensteuer (ESt) nach einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von … EUR unter Berücksichtigung einer Ermäßigung gem. § 35a EStG für Handwerkerleistungen in Höhe von … EUR nach dem Splitting-Tarif auf … EUR festgesetzt. Dabei wurden außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG in Höhe von … EUR unter Abzug einer zumutbaren Eigenbelastung in Höhe von … EUR als mit … EUR abziehbar berücksichtigt.
In ihrer Erklärung zur ESt hatten die Kl. weitere außergewöhnliche Belastungen aus folgendem Grund geltend gemacht:
Auf dem angrenzenden Nachbargrundstück (F.-Straße 02) befindet sich ein metallverarbeitender Betrieb. Nach dem Bebauungsplan sind dieses Grundstück sowie das der Kl. als Gewerbegebiet ausgewiesen. In der Vergangenheit war von dem vorherigen Betriebsinhaber eine betrieblich genutzte Halle ohne Baugenehmigung unmittelbar auf der Grenze zum Grundstück des Kl. errichtet werden. Im Jahr 2001 wurden auf dem Nachbargrundstück Umbaumaßnahmen durchgeführt. Die Halle wurde mit Ausnahme der Mauer, die auf der Grundstücksgrenze stand, abgerissen. Die Mauer hatte nach den Angaben des Kl. deswegen stehen bleiben sollen, damit sich der Inhaber des Betriebes auf Bestandsschutz berufen konnte. Gegen das Bauvorhaben war der Kl. vorgegangen. Über das Verwaltungsgericht N. hatte er ein Urteil erstritten, mit dem die dem Vorhaben zu Grunde liegende Baugenehmigung erfolgreich angefochten wurde. Dieses Urteil war rechtskräftig geworden.
In der Folgezeit wurden das Nachbargrundstück und der Betrieb auf einen nahen Angehörigen (Vater) übertragen. Die betriebliche Halle wurde weiter gebaut und war seit dem Jahr 2002 fertig. Zur Legalisierung hatte der nunmehrige Betriebsinhaber erneut einen Antrag auf Baugenehmigung gestellt. Diese war ihm auch von der Stadt C1. erteilt worden. Die dagegen erhobene Klage vor dem Verwaltungsgericht N. war zunächst in der ersten Instanz erfolgreich. Auf die Berufung der Stadt C1. hatte das Oberverwaltungsgericht N1. diese Entscheidung mit Urteil vom 15.05.2008 aufgehoben. Die daraufhin von dem Kl. eingelegte Revision ist von dem Bundesverwaltungsgericht am 28.01.2010 zurückgewiesen worden. Dabei wurde der Kl. zur Übernahme sämtlicher Verfahrenskosten verurteilt. Aus diesem Anlass waren im Streitjahr Rechtsanwaltskosten in Höhe von … EUR sowie Gerichtskosten in Höhe von … EUR, insgesamt Gerichts- und Rechtsanwaltskosten in Höhe von … EUR, angefallen. Nach Meinung der Kl. waren diese Aufwendungen ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG zu berücksichtigen. Sie beriefen sich hierbei auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 12.05.2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl. II 2011, 1015).
Das FA lehnte dies in dem ESt-Bescheid vom 16.12.2011 ab. Unter anderem verwies es darauf, dass das genannte Urteil aufgrund eines Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen – BMF-Schreiben – vom 20.12.2011 IV C 4 – S 2284/07/0031: 002 – / – 2011/1025909 – (BStBl. I 2011, 1286) über den Einzelfall hinaus nicht anzuwenden sei. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH komme es im Hinblick darauf, ob Gerichtskosten zwangsläufig angefallen seien, auf die wesentliche Ursache an, die zu den Aufwendungen geführt habe. Liege diese in der vom Einzelnen gestaltbaren Lebensführung, komme ein Abzug nicht in Betracht. Ein Abzug sei außerdem bisher nur für den Fall von Aufwendungen für einen Zivilprozess in Betracht gekommen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kl. Klage erhoben. Sie machen geltend, dass die genannten Aufwendungen unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BFH als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen seien. Es komme nur darauf an, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten habe und nicht mutwillig erschienen sei. Auf eine Unterscheidung zwischen Zivilpr...