Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Leitsatz (redaktionell)
Die Mitvermietung eines Lastenaufzugs ist eine für die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unschädliche Überlassung einer Betriebsvorrichtung, wenn der Lastenaufzug als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung anzusehen ist.
Normenkette
BewG § 68; GewStG § 9 Nr. 1 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in den Bescheiden über Gewerbesteuermessbetrag 2018 und 2019 (Streitjahre) über die Anwendung der erweiterten Kürzung des Gewerbesteuerertrages nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz in der Fassung der Streitjahre (GewStG) noch im Zusammenhang mit einem Lastenaufzug auf dem Grundstück A -Straße in M, zuvor auch im Zusammenhang mit einem Kühlhaus auf dem Grundstück H-Straße …. in M.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war in den Streitjahren der Erwerb und die Veräußerung von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie die Errichtung, Verwaltung und Betreuung von Bauten aller Art sowie die Vermittlung und Verpachtung von Immobilien. In den Streitjahren vermietete die Klägerin u.a. Gewerbe-Räume auf den o.g streitgegenständlichen Grundstücken in M, beide im sog. Gebiet W belegen, die sie beide im Jahr 2016 von der D erworben hatte; Vor-Vor-Eigentümerin war die I und QD GbR.
Am 30.11.2017 schlossen die Klägerin und Herr MI einen Gewerbe-Mietvertrag über gewerbliche Räume „Hallengebäude (ehm. Getränkemarkt z. Zt. Lebensmittel … mit Kühlhaus), 504 qm mit Rolltor, Büroraum und WC” auf dem Grundstück H-Straße … in M. Gemäß § 13 Nr. 1 des Vertrages wird die Erlaubnis zum Einbau eines Kühlhauses erteilt. Für weitere Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.
Zuvor vermietete die Klägerin die vorgenannten Räumlichkeiten mit Gewerbe-Mietvertrag vom 22.11.2014 an Frau RZ. Für weitere Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.
Ab dem Jahr 2020 mietete die P-GmbH die Räumlichkeiten von der Klägerin an. Mit Inventar-Kaufvertrag zwischen der P-GmbH und MI vom 03.09.2020 erwarb die P-GmbH von MI zu einem Kaufpreis i.H.v. 3.000EUR „1x TK-Haus groß, 1x Kühlhaus klein, Regale und Paletten”; MI übereignete der P-GmbH die vorgenannten Gegenstände.
Auf dem Grundstück A-Straße in M wurden seit dem Jahr 1996 Räumlichkeiten an die H-GmbH vermietet, zunächst durch die D mit Mietvertrag vom 24.05.2002 und sodann auch in den Streitjahren von der Klägerin. Im Jahr 2002 wurde im Zusammenhang mit Aus- und Umbauarbeiten u.a. ein Lastenaufzug auf Wunsch der H-GmbH eingebaut. Hintergrund der Arbeiten war, dass die H-GmbH ihre Fertigungsabteilung, die sich bisher im Erdgeschoss befand, in das Obergeschoss verlagern wollte. Ausweislich des Grundrisses des Erdgeschosses befindet sich neben dem Lastenaufzug eine Wendeltreppe zum Obergeschoss.
In den Gewerbesteuererklärungen 2018 vom 30.04.2020 und 2019 vom 23.06.2021 erklärte die Klägerin u.a. erweiterte Kürzungen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG i.H.v. 169.184EUR (2018) und 239.452EUR (2019).
Mit Schreiben vom 20.05.2020 und 22.06.2020 forderte der Beklagte die Klägerin erfolglos aus, im Hinblick auf § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG verschiedene Unterlagen einzureichen.
Mit Bescheid über Gewerbesteuermessbetrag für 2018 vom 28.07.2020 und für 2019 vom 13.08.2021 setzte der Beklagte den Gewerbesteuermessbetrag für 2018, erklärungsgemäß ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 170.863EUR, mit 5.918EUR und für 2019, erklärungsgemäß ausgehend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 239.452EUR, mit 8.379EUR fest; § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ließ der Beklagte unangewendet.
Hiergegen legte die Klägerin am 12.08.2020 (2018) bzw. 07.09.2021 (2019) Einspruch ein und übersandte am 01.09.2020 verschiedene Mietverträge für das Jahr 2018. Die Klägerin trug im Wesentlichen vor, sie betreibe ausschließlich die Vermietung von Wohn- und Geschäftsräumen. Lastenaufzug und Kühlhaus würden zum Grundstück gehören. Bei dem Lastenaufzug handele es sich nicht um eine Betriebsvorrichtung; es fehle die erforderliche besondere Beziehung zu dem gegenwärtig im Gebäude durch die H-GmbH ausgeübten Betrieb; ihr komme keine ähnliche Funktion wie einer Maschine zu. Auch das Kühlhaus sei keine Betriebsvorrichtung, sondern gehöre zum Grundstück, zumal hierfür Grundsteuer entrichtet würde.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.03.2022 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei nicht anzuwenden. Der Begriff der Ausschließlichkeit sei eng auszulegen und bedeute, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden dürfe und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln müsse. Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten, jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten seien in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt. Der Begriff des Grundbesitzes bzw. Grundvermögens ergebe sich aus § 68 Bewertungsgesetz (BewG). Der Lastenaufz...