Entscheidungsstichwort (Thema)
Nießbrauchrecht, Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, begünstigtes Vermögen
Leitsatz (redaktionell)
1) Die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für Betriebsvermögen gemäß §§ 13a, b ErbStG können für den Erwerb eines Nießbrauchrechts an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht in Anspruch genommen werden.
2) Die ertragsteuerliche Stellung des Nießbrauchers als Mitunternehmer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs führt gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG nicht dazu, dass das Nießbrauchrecht auch erbschaftsteuerlich begünstigt ist. Denn Nutzungsrechte gehören nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen im allein maßgeblichen bewertungsrechtlichen Sinn.
Normenkette
ErbStG § 13b Abs. 1 Nr. 1; BewG § 168 Abs. 1 Nr. 1; ErbStG
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Erwerb eines Nießbrauchsrechts an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nach § 13a ErbStG befreit ist.
Die Klägerin war verheiratet mit F. T.-Q., der am 02.05.2014 verstorben ist. Alleinerbin ist die Klägerin; auf den Erbschein des Amtsgerichts C-Stadt vom 25.02.2015 wird Bezug genommen. Die Klägerin ist am 28.11.1949 geboren.
Zum Nachlass gehörten unter anderem Nießbrauchsrechte an den Kommanditanteilen der H-GmbH und Co. KG (im Folgenden: KG), den Geschäftsanteilen der H-GmbH (im Folgenden: GmbH) sowie am weiteren Sonderbetriebsvermögen und außerdem an dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb.
Der Erblasser hatte mit Vertrag vom 12.10.2013 seinen Hof an seinen Sohn, G. T. (geboren 1989), den Beigeladenen, übertragen, ebenso seine Kommanditbeteiligung an der KG, seine Geschäftsanteile an der GmbH und das Sonderbetriebsvermögen. Er hatte sich an dem Hof, an dem weiteren Grundbesitz, an dem Kommanditanteil, den Geschäftsanteilen der GmbH und am weiteren Sonderbetriebsvermögen zu seinen Gunsten auf Lebensdauer den unentgeltlichen Nießbrauch vorbehalten. Nach seinem Ableben steht nach dem Vertrag das unentgeltliche Nießbrauchsrecht der Klägerin auf deren Lebenszeit zu. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Vertrag vom 12.10.2013.
Die Klägerin setzte in der Erbschaftsteuererklärung das Nießbrauchsrecht als nach §§ 13a, 13b ErbStG begünstigtes land- und forstwirtschaftliches Vermögen bzw. als begünstigtes Betriebsvermögen an.
Der Beklagte folgte der Auffassung nicht. Er erfasste die Nießbrauchsrechte an dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit 1.800.739 Euro (143.947 Euro × 12,508) und dem Grundvermögen in Höhe von 45.666 Euro (3.651 Euro × 12,508), so dass sich ein Kapitalwert in Höhe von insgesamt 1.846.405 Euro ergab. Der Wert für das Nießbrauchsrecht am Betriebsvermögen betrug aufgrund negativer Jahreswerte null Euro.
Der Beklagte setzte unter Berücksichtigung der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und des Freibetrags gemäß § 16 Abs. 1 ErbStG sowie des Freibetrags nach § 17 ErbStG die Erbschaftsteuer von einem steuerpflichtigen Erwerb von 1.435.600 Euro auf 272.764 Euro fest. Wegen der Einzelheiten wird auf den nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Erbschaftsteuerbescheid vom 09.12.2015 Bezug genommen.
Die Klägerin legte Einspruch ein. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG i. V. m. § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sei das Betriebsvermögen an einem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ganz oder teilweise zu verschonen (Verschonungsabschlag), wenn die Lohnsummengrenze gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG sowie die sogenannten Behaltensfristen nach § 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStG eingehalten seien. Beide Voraussetzungen lägen zur Zeit vor. Entgegen der Auffassung des Beklagten handele sich bei dem lebenslangen Nießbrauchsrecht um einen Betrieb im Sinne von § 12 Abs. 5 ErbStG und nicht um sonstiges Vermögen im Sinne von § 12 Abs. 1 ErbStG, so dass es nach § 13a und § 13b ErbStG begünstigt sei. Die obersten Finanzbehörden hätten in dem gleichlautenden Erlass über die Einräumung eines Nießbrauchsrechts vom 02.11.2012 (BStBl. I 2012,1101) verfügt, dass das zugewandte Vermögen nach den Grundsätzen des Ertragsteuerrechts qualifiziert werden solle. Ein Nießbrauchsrecht solle danach immer dann bewertungsrechtlich als Betriebsvermögen einzustufen sein, wenn der Nießbraucher ertragsteuerlich als (Mit-)Unternehmer anzusehen sei. Ein (Mit-)Unternehmer nach dem Ertragsteuerrecht liege dann vor, wenn Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative getragen bzw. ergriffen werde.
Der Erblasser habe sein gesamtes Betriebsvermögen im Oktober 2013 an seinen einzigen Sohn im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Da sich dieser noch in Ausbildung befinde, habe der Erblasser für sich ein Nießbrauchsrecht an allen übertragenen Betrieben vorbehalten, das im Mai 2014 durch Erbanfall an die Klägerin übergegangen sei.
Zwar handele sich bei dem Betrieb „Gutsverwaltung” nicht um eine Personengesellschaft, sondern um ein land- und forstwirtschaftliches Einzelunternehmen, dennoch würden die Bedingungen der ertragsteuerlichen und mit...