Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verlust der Gemeinnützigkeit durch verspätete Abgabe von Steuerklärungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Nichtabgabe oder unvollständige, unpünktliche Abgabe von Steuerklärungen ist zwar grundsätzlich ein Mangel im Nachweis der tatsächlichen Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft; sie allein reicht aber nicht aus, um eine schwerwiegende Verletzung der Vermögensbindung anzunehmen und die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es dabei nicht um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Körperschaft geht.

 

Normenkette

AO § 63 Abs. 2, § 61 Abs. 3; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die verspätete Abgabe von Steuererklärungen zum Verlust der Gemeinnützigkeit führt.

Der Kläger ist ein im Jahr 1999 gegründeter Verein, der nach seiner Satzung den gemeinnützigen Zweck verfolgt, die Bildende Kunst, insbesondere die Städtischen Museen A-Stadt zu fördern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf dessen Satzung vom 27.01.1999 Bezug genommen.

Die Erklärungen zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer von Körperschaften, die gemeinnützigen mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, und die Umsatzsteuererklärungen reichte der Kläger jeweils unter Mitwirkung seines steuerlichen Beraters ein. Für das Jahr 1999 wurde zwischen den Beteiligten streitig, ob eine Weihnachtskunstversteigerung als Zweckbetrieb i.S. des § 65 der Abgabenordnung (AO) zu beurteilen ist. Die vom Kläger diesbezüglich erhobene Klage (Aktenzeichen 9 K 746/03) wies der Senat durch Urteil vom 08.12.2006 ab. Daraufhin reichte der Kläger im Januar 2008 berichtigte Umsatzsteuererklärungen 2001 bis 2005 ein, die im Vergleich zu den vorhergehenden Umsatzsteuererklärungen teils zu niedrigeren, teils zu höheren Erstattungen führten.

Der Eingang der Steuererklärungen beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) und die Steuerfestsetzungen (jeweils der letzte Bescheid) stellen sich wie folgt dar:

Eingang Steuererklärung

Körperschaftsteuer

Umsatzsteuer

Bescheid-Datum

Steuer Gemeinnützigkeit ja/nein

Einnahmen aus wirtschaftl. Geschäftsbetrieb unter der Grenze des § 64 Abs. 3 AO – ja/nein

Bescheid-Datum

Steuer

(+=Zahllast)

(./.=Erstattung)

1999

27.09.2001

(nach Schätzung)

15.02.2002

6.775,15 EUR

ja

nein

19.02.2002

603,32 EUR

(+ 1.303,84 EUR)

2000

27.09.2001

15.02.2002

Freistellung

ja

ja

20.02.2002

./. 4.732,01 EUR (./. 4.732,01 EUR)

2001

31.03.2004

(nach Schätzung)

14.02.2006

Freistellung

ja

ja

[1]2008

./. 14.789,70 EUR

(./. 14.789,70 EUR[2])

2002

24.08.2005

03.02.2006

Freistellung

ja

ja

[3]2008

./. 1.601, 36 EUR (+ 1.958,10 EUR[4])

2003

24.08.2005

03.03.2006

Freistellung

ja

ja

[5]2008

./. 7.480,56 EUR (+ 770,07 EUR[6])

2004

20.11.2006

19.11.2006

Freistellung

ja

ja

[7]2008

./. 7.102,97 EUR (./. 323,28 EUR[8])

2005

24.07.2007

bzw. 03.08.2007

13.05.2008

Freistellung

ja

lt. Kläger: ja

lt. FA: offen gelassen

[9]2008

./. 6.409,17 EUR

2006

09.04.2009

(nach Schätzung)

16.03.2009

0 EUR

nein (dagegen Klage)

lt. Kläger: ja

16.03.2009

lt. Erklärung

8.000,00 EUR, dagegen Einspruch

./. 8.839,22 EUR

2007

10.06.2009

(nach Schätzung)

07.05.2009

0 EUR

nein (dagegen Klage)

lt. Kläger: ja

07.05.2009

lt. Erklärung

9.500,00 EUR dagegen Einspruch

./. 9.826,57 EUR

Mit Schreiben vom 26.10.2006 (zur Körperschaftsteuer 2004) und vom 24.04.2007 (zur Körperschaftsteuer 2005) wies das FA den Kläger darauf hin, dass die Nichtabgabe oder unvollständige, unpünktliche Abgabe von Steuererklärungen als Mangel im Nachweis der tatsächlichen Geschäftsführung zu werten sei und die Aberkennung der Gemeinnützigkeit nach sich ziehe. Darüber hinaus werde die Einleitung eines Spendenhaftungsverfahrens geprüft. Nach Abgabe der Steuererklärungen durch den Kläger erkannte das FA diesen in den obengenannten Freistellungsbescheiden für 2004 und 2005 zur Körperschaftsteuer als gemeinnützig an. In der „Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid 2005”, welche dem letztgenannten Freistellungsbescheid für 2005 beigefügt war, führte das FA u.a. aus: „Die Erfüllung der Steuererklärungspflicht gehört zu den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Es ist erforderlich, dass sich die tatsächliche Geschäftsführung gem. § 63 AO im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung hält. In der verspäteten Abgabe und in der Nichtabgabe von Steuererklärungen ist ein Verstoß gegen die tatsächliche Geschäftsführung zu sehen, welche die Steuerbegünstigung gefährdet (FG Berlin v. 24.2.1997, EFG 1997 S. 1006). Die Steuererklärungen wurden in der Vergangenheit wiederholt verspätet abgegeben. Ich fordere Sie hiermit letztmalig auf, Ihren steuerlichen Verpflichtungen pünktlich nachzukommen. Bei erneutem Fehlverhalten wird künftig unverzüglich die Gemeinnützigkeit aberkannt. …”. Weitere Erläuterungen des FA betrafen die Abgrenzung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs: „… Auf eine Steuerfestsetzung für den VZ 2005 wurde verzichtet, da die Ausgaben die Einnahmen vermutlich so mindern, dass das zu versteuernde Einkommen den Freibetrag nach § 24 KStG nicht überschreitet.” Gleich...

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