rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträglich erhobene Kirchensteuer als Sonderausgaben
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird Kirchensteuer erstattet, ist der Sonderausgabenabzug nachträglich zu kürzen.
2. Die Korrektur erfolgt über § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO, auch wenn die Erstattung wegen Kirchenaustritts voraussehbar war.
Normenkette
AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob die Einkommensteuer (ESt)-Veranlagung eines Steuerpflichtigen, in der die im Wege nachträglicher Vorauszahlungen für das Jahr 1997 festgesetzte sowie im Jahr 1998 (Streitjahr) gezahlte Kirchensteuer (KiSt) als Sonderausgabe i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) berücksichtigt worden ist, obwohl der Steuerpflichtige bereits im Januar 1997 aus der Kirche ausgetreten war, gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) dahingehend geändert werden darf, dass die im Streitjahr gezahlte KiSt nicht mehr als Sonderausgabe berücksichtigt wird, wenn diese in einem späteren Veranlagungszeitraum (2001) erstattet worden ist und im Jahr der Erstattung nicht mit gezahlter KiSt verrechnet werden konnte.
Der Kläger (Kl.) war bis zum 09.01.1997 Mitglied der evangelischen Kirche. Auf Grund eines im Dezember 1997 erzielten Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG i.H. von ca. 9.000.000,– DM setzte der Beklagte (Bekl.) mit Bescheid vom 15.10.1998 für den Veranlagungszeitraum 1997 nachträgliche Vorauszahlungen auf ESt und KiSt fest. Die festgesetzten Vorauszahlungen auf römisch-katholische (statt auf evangelische) KiSt beliefen sich auf 212.628,– DM. Der Kl. entrichtete diese Vorauszahlungen am 17.11.1998.
Mit Schreiben vom 30.11.1998 informierte der Kl. den Bekl. erstmals über den bereits am 09.01.1997 erfolgten Kirchenaustritt. Mit Fax vom 11.02.1999 übersandte der Kl. dem Bekl. ferner eine Kopie der Bescheinigung des vor dem Amtsgericht Q erklärten Kirchenaustritts.
Mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO ergangenem Bescheid vom 14.03.2001 führte der Bekl. die Jahresveranlagung des Kl. zur ESt und KiSt 1997 im Wege der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch (§ 162 AO). Dabei setzte er römisch-katholische KiSt i.H. von 0,– DM sowie evangelische KiSt für den Monat Januar 1997 i.H. von (9 v.H. der gesamten ESt von 2.511.979,– DM = 226.078,11 DM × 1/12 =) 18.839,84 DM fest. Unter Anrechnung der für 1997 geschätzten anrechenbaren Kirchenlohnsteuer i.H. von 11.966,85 DM ergab sich für die evangelische KiSt eine Zahllast i.H. von 6.872,99 DM. Die im Wege der nachträglichen Vorauszahlungen für 1997 bereits entrichtete römisch-katholische KiSt i.H. von 212.628,– DM wurde zugunsten des Kl. i.H. von 27.467,04 DM mit anderen Steuern bzw. steuerlichen Nebenleistungen verrechnet (Umbuchung von 6.872,99 DM auf die nunmehr festgesetzte evangelische KiSt, von 16.472,– DM auf festgesetzte ESt, von 1.236,05 DM auf festgesetzten Solidaritätszuschlag, von 1.886,– DM auf Zinsen zur ESt sowie von 1.000,– DM auf festgesetzten Verspätungszuschlag) und i.H. des Restbetrages von 185.160,96 DM an den Kl. erstattet.
Ebenfalls mit Bescheid vom 14.03.2001 setzte der Bekl. die ESt des Streitjahres (1998) erstmalig fest. Die Besteuerungsgrundlagen wurden gemäß § 162 AO geschätzt, da der Kl. trotz mehrfacher Aufforderung die ESt-Erklärung nicht abgegeben hatte. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Bei der ESt-Festsetzung berücksichtigte der Bekl. die vom Kl. am 17.11.1998 geleisteten KiSt-Vorauszahlungen i.H. von 212.628,– DM steuermindernd als Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG.
Mit Bescheid vom 02.05.2001 änderte der Bekl. die Steuerfestsetzung 1997 aufgrund der eingegangenen ESt-Erklärung des Kl. nach § 164 Abs. 2 AO. Dabei setzte der Bekl. die evangelische KiSt 1997 auf 19.188,26 DM fest. Nach Anrechnung der tatsächlich gezahlten Kirchenlohnsteuer i.H. von 3.093,45 DM sowie der am 14.03.2001 bereits verrechneten KiSt i.H. von 6.872,99 DM ergab sich ein Nachzahlungsbetrag zu Lasten des Kl. i.H. von 9.221,82 DM. Mit der Steuerfestsetzung verband der Bekl. auch die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 3 AO.
Mit Bescheid vom 02.05.2001 änderte der Bekl. auch die Steuerfestsetzung 1998 aufgrund der vom Kl. am 12.04.2001 eingereichten ESt-Erklärung nach § 164 Abs. 2 AO. Die im Veranlagungszeitraum 1998 seitens des Kl. gezahlten nachträglichen KiSt-Vorauszahlungen für 1997 i.H. von 212.628,– DM berücksichtigte der Bekl. erklärungsgemäß weiter als Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 S. 4 EStG. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben (§ 164 Abs. 3 AO).
Am 11.07.2001 erließ der Bekl. einen nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO geänderten ESt-Bescheid 1998, mit dem er einem Einspruch des Kl. wegen des Vorkostenabzugs nach § 10i EStG abhalf. Im Rahmen des geänderten Steuerbescheids berücksichtigte der Bekl. die im Jahr 1998 gezahlten KiSt i.H. von 212.628,– DM weiterhin als Sonderausgaben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG.
Der Kl. legte am 21.05.2001 Einspruch gegen ...