Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung als Kind während vorübergehender Vollzeiterwerbstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Kind, das im Anschluss an eine Berufsausbildung für einen Zeitraum von höchstens vier Monaten vor Aufnahme eines Studiums einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht, ist während der Vollzeiterwerbstätigkeit kein berücksichtigungsfähiges Kind i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) EStG.
2) Die während der Vollzeiterwerbstätigkeit erzielten Einkünfte und Bezüge des Kindes bleiben im Rahmen der Prüfung des Jahresgrenzbetrags für die übrigen Monate unberücksichtigt.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger von Januar bis Dezember 2007 Anspruch auf Kindergeld für seine am 11.10.1983 geborene Tochter N (N.) hat.
Die im Streitjahr 24 Jahre alte N. absolvierte bis Juni 2007 bei der R Versicherung eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau. Nach Beendigung ihrer Ausbildung war sie in den Monaten Juli bis September 2007 als Vollzeiterwerbstätige ebenfalls bei der R Versicherung beschäftigt. Ab dem 01.10.2007 ist N. an der Universität in O mit den Studienfächern Germanistik und katholische Theologie immatrikuliert. Nebenberuflich arbeitet sie weiterhin bei der R Versicherung. Im Streitjahr 2007 bezog N. bei der R Versicherung ein sozialversicherungspflichtiges Bruttoentgelt von insgesamt 13.794,16 EUR. Dieses Entgelt entfällt i. H. von 5.772,50 EUR auf den Ausbildungszeitraum Januar bis Juni 2007, i. H. von 6.132,00 EUR auf die Zeit der Vollbeschäftigung von Juli bis September sowie in der verbleibenden Höhe von 1.986,00 EUR auf die Studienmonate Oktober bis Dezember. Wegen der Zusammensetzung der Einkünfte wird auf die bei den Kindergeldakten befindliche Gehaltsübersicht (Bl. 43 d. A.) verwiesen.
Mit Bescheid vom 14.08.2008 hob der Beklagte die Festsetzung von Kindergeld für N. auf und vertrat dabei die Auffassung, im Streitjahr 2007 sei die maßgebliche Einkommensgrenze von 7.680,00 EUR überschritten.
Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 27.08.2008 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23.10.2008 als unbegründet zurückwies. Er vertrat dabei die Auffassung, der Streitzeitraum von Januar bis Dezember 2007 sei als einheitlicher Kindergeldberücksichtigungstatbestand anzusehen, obwohl N. von Juli bis September einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgegangen sei. Dies ergebe sich aus dem BFH-Urteil vom 16.11.2006, BStBl. 2008 II S. 56. Ergänzend wies er darauf hin, dass auch bei Berücksichtigung der nunmehr für den Ausbildungszeitraum Januar bis Juni nachgewiesenen Werbungskosten i. H. v. 1.008,00 EUR anstelle des Arbeitnehmerpauschbetrages eine Überscheitung der maßgeblichen Einkommensgrenze vorliege. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Mit der am 27.11.2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er vertritt die Auffassung, N. habe sich wegen der ausgeübten Vollzeiterwerbstätigkeit von Juli bis September 2007 nicht in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befunden. Die in diesem Zeitraum erzielten Einkünfte seien daher bei der Berechnung der Einkunftsgrenze gem. § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt,
den Aufhebungsbescheid vom 14.08.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.10.2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Der Senat entscheidet nach § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Die Klage ist teilweise begründet.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat im Streitjahr 2007 in den Zeiträumen der Berufsausbildung seiner 24-jährigen Tochter N. von Januar bis Juni sowie von Oktober bis Dezember Anspruch auf Kindergeld.
Nach § 63 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG wird ein Kind, welches das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, u. a. beim Kindergeldberechtigten berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird (Buchst. a), sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet (Buchst. b) oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (Buchst. c) und wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhaltes oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind von nicht mehr als 7.680,00 EUR im Kalenderjahr hat (§ 32 Abs. 4 S. 2 EStG). Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Grenzbetrag um 1/12 (§ 32 Abs. 4 S. 7 EStG). Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, bleiben außer Ansatz (§ 32 Abs. 4 S. 8 EStG).
Im Streitfall wurde die Tochter N. danach in den Monaten Juli bis September 2007, das ist zwischen den Beteiligten unstreitig, nicht für einen Beruf ausgebildet. Ihre Ausbildung zur Versicherungsk...