Revision eingelegt (BFH VI R 4/17)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrvergünstigungen für Ruhestandsbeamte der Deutschen Bahn AG als geldwerter Vorteil - Rabattfreibetrag
Leitsatz (amtlich)
1. Auf Fahrvergünstigungen, die die Deutsche Bahn AG Ruhestandsbeamten des Bundeseisenbahnvermögens gewährt, ist gemäß § 12 Abs. 8 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG entsprechend anwendbar.
2. Dienstleistungen der Bahn sind die Beförderung von Personen und Waren auf der Schiene, unabhängig davon, mit welcher Fahrkarte und mit welchem Tarif dies erfolgt.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2-3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Voraussetzungen für die Gewährung eines Rabattfreibetrages nach § 8 Abs. 3 EStG vorliegen.
Der Kläger erhielt ganzjährig Versorgungsbezüge aus einer früheren nichtselbständigen Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bei der Deutschen Bahn AG. Zusätzlich wurde ihm eine Fahrvergünstigung für Fahrten mit der Deutschen Bahn AG gewährt. Dabei handelt es sich um ein sog. ,,Tagesticket M Fern F" (= Freifahrten im Fernverkehr für Mitarbeiter bzw. Angehörige), ein Produkt, das auf dem freien Markt nicht erhältlich ist, da bestimmte Sonderkonditionen gelten, wie z. B. der Ausschluss der Zugbindung oder eine zuschlagsfreie Nutzung von IC/EC bzw. ICE. Das Bundeseisenbahnvermögen weist in der Bezügemitteilung für 2015 einen Versorgungsbezug i.H.v. 39.746,10 € und einen geldwerten Vorteil des Tagestickets "M Fern F" von 144,76 € aus.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 25.04.2016 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer auf 6.261 € fest. Das Amt setzte hierbei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 39.890 € an. Darin enthalten ist ein geldwerter Vorteil in Höhe von 144 €, für den kein Rabattfreibetrag berücksichtigt wurde.
Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19.07.2016 als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte das Amt aus, dass der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG nur dann in Betracht käme, wenn es sich um gewährte Waren und Dienstleistungen handeln würde, die vom (hier früheren) Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden. Da die überlassene Fahrvergünstigung "Tagesticket M Fern F" nicht allgemein auf dem freien Markt angeboten werde, würde dies zum Ausschluss der Anwendung des Rabattfreibetrages nach § 8 Abs. 3 EStG führen. Der geldwerte Vorteil sei somit nach § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten.
Der Kläger beantragt sinngemäß den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 25.04.2016 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2016 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers unter Berücksichtigung des Rabattfreibetrags gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG um 144 € niedriger angesetzt und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:
Die Anwendung des Rabattfreibetrages im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG setze voraus, dass ein geldwerter Vorteil in Form von Waren und Dienstleistungen gewährt wird, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden.
Im Streitfall wende der frühere Arbeitgeber, die Deutsche Bahn AG, dem Kläger eine Fahrvergünstigung zu. Bei den von der Deutschen Bahn angebotenen Dienstleistungen handele es sich im Wesentlichen um die entgeltliche Beförderung von Personen und Waren, die von der Deutschen Bahn dem allgemeinen Publikum zur Nutzung zur Verfügung gestellt wird und nicht nur für den Bedarf des (ggf. früheren) Arbeitnehmers erbracht werde. Demzufolge gehöre die dem Kläger gewährte (vergünstigte) Möglichkeit der Beförderung zur Leistungspalette seines früheren Arbeitgebers. Ausschlaggebend sei lediglich, dass die Dienstleistung (hier: Beförderungsleistung) sowohl von Arbeitnehmern bzw. Ruhestandsbeamten als auch von fremden Letztverbrauchern in Anspruch genommen werden könne. Die Dienstleistung werde daher nicht nur für den Bedarf der Arbeitnehmer erbracht. Allein darauf komme es an. Unmaßgeblich sei hingegen, ob der konkret gewährte Fahrschein auf dem allgemeinen Markt erhältlich ist.
Auch das BFH-Urteil vom 26. Juni 2014 (VI R 41/13, BStBl II 2015, 39) stelle nicht auf den Fahrschein ab, sondern gewähre Ruhestandsbeamten des BEV den Rabattfreibetrag nach der Sondervorschrift des § 8 Abs. 3 EStG.
Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen:
Bei der Fahrvergünstigung " Tagesticket M Fern F" handele es sich um ein Produkt, das in dieser Form nicht im normalen Kundenverkehr angeboten wird, da bestimmte Sonderkonditionen gelten. Es liege hier nicht der vergünstigte Erhalt einer Dienstleistung vor, die auf dem "freien Markt" ebenso angeboten wird.
Die Wertermittlung des § 8 Abs. 3 EStG ziele darauf ab, dass der Arbeitgeber sowohl Arbeitnehmer...