Entscheidungsstichwort (Thema)
Entwicklung ingenieurmäßiger Anwendersoftware als freiberufliche Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Ein Diplom-Ingenieur, der hochkomplexe Anwendersoftware an der Schnittstelle zum Betriebssystem entwickelt, die Kenntnisse der Ingenieurwissenschaft erfordert, unterhält keinen Gewerbebetrieb, sondern ist freiberuflich tätig.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Tätigkeit des Klägers als Softwareentwickler zu Einkünften aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit führt.
Der Kläger ist Diplom-Informatiker (Universität) mit dem Vertiefungsfach „Betriebssysteme“. Zu seinem Berufsfeld gehört die Grundlagenforschung, d. h. die Systematisierung und Gestaltung der den Rechenanlagen eigenen Strukturen. Dabei geht es um die allgemeinen Gesetze, die der Informationsverarbeitung zugrunde liegen. Der Kläger befasst sich mit den Entwürfen von Strukturen zwischen Hardware und Anwendernahtstelle. Seine Aufgabe ist im wesentlichen, bestimmte Betriebssysteme für Computer für die speziellen Bedürfnisse eines Anwenders zu entwerfen und zu erweitern und dies im Pflichtenheft zu fixieren.
Der Kläger war im Streitjahr 1993 bei einem Telekommunikationsunternehmen (A. ) und einer Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (B. ), danach bei Messe- und Versicherungsunternehmen tätig. Bei dem Telekommunikationsunternehmen implementierte er eine Datenbank für Personalinformationssysteme. Sowohl bei der Firma A. als auch der B. fand er zu Beginn seiner Tätigkeit ein fertiges Fachkonzept vor. Bei der A. war seine Aufgabe, die Anwendungssoftware eines anderen Kunden auf die A. zu übertragen. Dies war verbunden mit einer Systemumstellung auf das IBM-Betriebssystem der A. und der Übersetzung der Programmierung von Cobol auf Natural und der Umstellung auf das Datenbanksystem ADABAS.
Bei der -B. hat er die Zugriffsmodule auf das Betriebssystem des Anwenders umgesetzt.
Nach Durchführung einer BNV-Prüfung für die Jahre 1993 - 1996 vom 28. 1. - 22. 2. 1999 (vgl. Feststellungen zur BNV vom 11. 3. 1999) setzte das Finanzamt mit Gewerbesteuermessbescheid 1993 vom 6. 4. 1999 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 79.586 DM und einen Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag von 390,00 DM fest. Den Einspruch vom 26. 4. 1999 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 25. 5. 2000 als unbegründet zurück. Der Kläger sei gewerblich tätig, weil er als Anwendungssoftwareentwickler keinen dem Ingenieur ähnlichen Beruf i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübe. Bei der Anwendersoftwareentwicklung sei wesentlich, dass die Tätigkeit dazu bestimmt sei, der Entwicklung, Programmierung und Pflege ganz bestimmter Softwareprodukte zu dienen. Anwendungsprogramme seien dabei die Computerprogramme, die den Computer in die Lage versetzten, die vom jeweiligen Anwender geforderten Arbeiten zu verrichten. Der Anwendersoftwareentwickler prüfe zunächst, ob sich bestimmte Prozesse mit Hilfe der EDV lösen ließen und entwickle sodann realisierungsreife Fachkonzepte mit dem Ziel des wirtschaftlichen Einsatzes der Datenverarbeitung zur Rationalisierung dieser Prozesse. Im Gegensatz dazu gehöre zur Tätigkeit des Systemsoftwareentwicklers die Grundlagenforschung, d. h. die Systematisierung und Gestaltung der den Rechenanlagen eigenen Strukturen. Dabei gehe es um die allgemeinen Gesetze, die der Informationsverarbeitung zugrunde lägen, um Algorithmen, künstliche, formale Sprachen, deren Syntax und Semantik. Der Kläger verfüge zwar über eine Ausbildung, die ihn befähige, auf dem Gebiet der Systemsoftwareentwicklung tätig zu sein. Sein tatsächliches Arbeitsgebiet liege jedoch überwiegend im Bereich der Anwendersoftware. Der Kläger nutze bei seiner Tätigkeit die vorhandenen Systeme, um sie auf die speziellen Bedürfnisse seiner Auftraggeber auszurichten und ggf. zu erweitern. Seine Aufgaben verlangten keine Systemprogrammierung.
Seine hiergegen gerichtete Klage vom 14. 6. 2000 begründet der Kläger wie folgt:
Die Ausbildung eines Diplominformatikers sei mit der Ausbildung eines Diplomingenieurs vergleichbar, da sie zur Planung, Konstruktion und Fertigung von Werken auf der Grundlage naturwissenschaftlicher Erkenntnisse befähige. Er sei überwiegend auf dem Gebiet der Systemsoftwareentwicklung tätig, da er Grundlagenforschung betreibe. Er befasse sich mit der Systematisierung und Gestaltung der den Rechenanlagen eigenen Strukturen sowie mit allgemeinen der Informationsverarbeitung zugrundeliegenden Gesetzen, Algorithmen, künstlichen formalen Sprachen und deren Syntax und Semantik. Ein Anwendungssoftwareentwickler prüfe, ob sich bestimmte Prozesse mit Hilfe der EDV lösen ließen, um dann ein Fachkonzept mit dem Ziel des wirtschaftlichen Einsatzes der Datenerfassung zur Rationalisierung dieser Prozesse zu entwickeln. Der Unterschied zum Systemsoftwareentwickler sei, dass mindestens gleichberechtigt neben die Informatikkenntnisse Kenntnisse im jeweiligen Anwendungsbereich wie z. B. Medizin, Recht etc. hinzuträten. Über solche Zusat...