Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch nur bei Inlandswohnsitz
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 EStG hat derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, einen Kindergeldanspruch nur für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt innehaben. Die Türkei gehört nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 genannten Staaten.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1, 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger für seine drei Kinder, die in der Türkei die Schule besuchen, Kindergeld beanspruchen kann.
Der Kläger bezog für seine drei Kinder A (geb. 13.11.1991), B (geb. 06.09.1997) und C (geb. 21.10.2001) zunächst laufend Kindergeld. Der Kläger und die drei Kinder sind griechische Staatsangehörige. Die Ehefrau des Klägers ist türkische Staatsangehörige. Der Kläger ist Geschäftsführer der Fa. Z.
Anhand eines Datenabgleichs wurde der Familienkasse im Dezember 2006 bekannt, dass der Sohn B zum 01.07.2006 in die Türkei abgemeldet wurde. Die Kindergeldzahlung für B wurde daraufhin ab Januar 2007 eingestellt.
Im nachfolgend vom Kläger eingereichten Kindergeldantrag (Eingang bei der Kindergeldkasse am 18.05.07) wurde hinsichtlich B angegeben, dass dieser in der Türkei bei den Schwiegereltern, dort bis zur achten Klasse zur Schule gehen solle und ca. drei mal im Jahr während der Schulferien zu Besuch nach Deutschland käme. A und C sollten sich in Deutschland aufhalten. In dem Antrag ist weiter angegeben, dass der Kläger in den letzten fünf Jahren als Geschäftsführer der Z selbständig tätig gewesen sei. Die Frage, ob er in Deutschland sozialversichert sei, ist dabei mit "ja" angekreuzt. Weder er noch seine nicht erwerbstätige Ehefrau hätten in den letzten fünf Jahren Sozialleistungen bezogen.
Aufgrund der weiteren Ermittlungen der Kindergeldkasse und der Angaben des Klägers stellte sich heraus, dass B bereits im August 2005 und die beiden anderen Kinder im August 2006 Deutschland verlassen hatten und sich zum Zweck des Schulbesuchs bei den Schwiegereltern in der Türkei aufhielten. Die Kindergeldzahlung wurde im Mai nunmehr auch für A und C eingestellt. Der Kläger gab der Kindergeldkasse gegenüber mit Schreiben vom 30.10.2007 weiter an, dass er als Geschäftsführer der Z nicht rentenversicherungspflichtig sei und fügte seine Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge für die Monate Juli bis September 2007 bei. Aus diesen Abrechnungen ist ersichtlich, dass für den Kläger keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden.
Mit Bescheid vom 25.02.2008 hob daraufhin die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes versehentlich für alle drei Kinder ab September 2005 auf und forderte das überzahlte Kindergeld in Höhe von 5.236 € (errechnet aus 9 Monaten Überzahlung für A und C und 16 Monaten Überzahlung für B) nach § 37 Abs. 2 AO vom Kläger zurück.
Mit Änderungsbescheid vom nachfolgenden Tag wurde der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid dahingehend berichtigt, dass die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für B ab September 2005 und die Aufhebung der Festsetzung für A und C ab September 2006 erfolgt.
Gegen die Bescheide wurde Einspruch eingelegt, der erfolglos blieb.
Gegen die Einspruchentscheidung hat der Kläger Klage erhoben, die im Wesentlichen wie folgt begründet wird:
Dem Kläger stehe aufgrund assoziationsrechtlicher Bestimmungen Kindergeld für die drei Kinder, die in der Türkei zur Schule gingen, in voller Höhe zu.
Wie sich aus dem europäisch-türkischen Assoziationsrecht ergäbe, stehe in der Europäischen Union (EU) tätigen türkischen Arbeitnehmern wie Angehörigen der Mitgliedstaaten das Kindergeld in voller Höhe zu, wenn sich die Kinder in der Türkei aufhielten. Der Kläger sei Arbeitnehmer im Sinne des Abkommens. Aus den Gehaltsabrechnungen des Klägers sei ersichtlich, dass er gerade nicht selbständig tätig sei.
Es werde hierzu auf das beim europäischen Gerichtshof anhängige Verfahren (vorgehend: FG Baden-Württemberg 9 K 153/02) verwiesen.
Aus der Vorschrift des Art. 37 des Zusatzprotokolls vom 23.11.1997 zum Assoziierungsabkommen EWG-Türkei vom 12.09.1963 und Art. 10 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19.09.1980 (ARB Nr. 1/80) folge ein gemeinschaftsrechtlicher Anspruch auf gleiche Arbeitsbedingungen. Hierzu gehöre nach dem Urteil des EuGH vom 15.01.1986 (Rs 41/84 – Pinar I) auch das Kindergeld.
Die sich aus Art. 39 ff. des EG-Vertrages ergebenden Grundsätze zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer seien nach der Rechtsprechung des EuGH soweit wie möglich auf türkische Arbeitnehmer zu übertragen. Die Anwendung des Diskriminierungsverbots des Art. 39 EG-Vertrag fordere auch die Einbeziehung der im Ausland lebenden Kinder von Freizügigkeitsberechtigten. Würden in der Türkei lebende Kin...