Entscheidungsstichwort (Thema)
KFZ-Steuerpflicht eines gepfändeten Fahrzeugs
Leitsatz (amtlich)
1. Ein gepfändetes Fahrzeug unterliegt bis zur Abmeldung bzw. Außerbetriebsetzung der KFZ-Steuer.
2. Das Hauptzollamt hat bei einer Pfändung des Fahrzeugs einen früheren Zeitpunkt für die Beendigung der Steuerpflicht zugrunde zu legen, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 Satz 2 KraftStG erfüllt sind. Ein echtes Ermessen besteht entgegen des Wortlauts nicht.
3. Liegen die Voraussetzung des § 5 Abs. 4 Satz 2 KraftStG nicht vor, verstößt eine Besteuerung des Fahrzeugs zwischen Pfändung und Wegnahme des Fahrzeugs und Außerbetriebsetzung nicht gegen Treu und Glauben und ist der Steueranspruch nicht verwirkt, selbst wenn die Pfändung durch ein Hauptzollamt wegen rückständiger KFZ-Steuer erfolgte.
Normenkette
KraftStG § 5 Abs. 1, 4
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit des KFZ-Steuerbescheids vom 17.05.2021. Der Kläger greift die Steuerfestsetzung über den 23.11.2020 hinaus bis zum 06.05.2021 an.
Der Kläger ließ das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X X X am 27.03.2019 zu. Das Hauptzollamt 1 setzte mit KFZ-Steuerbescheid vom 04.04.2019 die KFZ-Steuer für die Zeit ab 27.03.2019 auf jährlich 308 € fest.
Der Kläger geriet mit der Zahlung der KFZ-Steuer für die Zeit von 27.03.2020 bis 26.03.2021 in Rückstand.
Das für Vollstreckung zuständige Hauptzollamt 2 kündigte mit Schreiben vom 01.05.2020 die Vollstreckung an (Rückstand 308 € KFZ-Steuer und 6 € Säumniszuschlag). Der Kläger verweigerte die Annahme des Schreibens. Eine Kontopfändung war erfolglos und wurde wieder aufgehoben.
In Folge stellte das Hauptzollamt 2 am 28.05.2020 beim Landratsamt 3 Zulassungsstelle Antrag auf Abmeldung eines Fahrzeugs von Amts wegen gemäß § 14 Abs. 1 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG); dem lag ein Rückstand von 303 € KFZ-Steuer, 6 € Säumniszuschlag und 28,78 € Kosten der Vollstreckung zugrunde.
Dieser Antrag war dem Kläger vom Hauptzollamt 2 mit Schreiben vom 15.05.2020 angekündigt worden. Den Antrag vom 28.05.2020 übersandte das Hauptzollamt 2 dem Kläger zur Kenntnis mit dem Hinweis, die Zulassungsbehörde werde den Fahrzeugschein einziehen und das amtliche Kennzeichen entstempeln lassen. Der Kläger verweigerte nach Aktenlage die Annahme beider Schreiben.
Mit Bescheid vom 08.07.2020, zugestellt am 10.07.2020, forderte das Landratsamt 3 (unter Nr. 1.) den Kläger nach vorangegangener Anhörung auf, bis spätestens drei regulären Arbeitstagen nach Unanfechtbarkeit des Bescheides einen Zahlungsbeleg über die KFZ-Steuer oder die Zulassungsbescheinigung Teil I und die Kennzeichenschilder zur Entstempelung zur Außerbetriebsetzung vorzulegen. Wenn er Nr. 1 dieses Bescheides nicht befolgt, wird nach Nr. 2 des Bescheids die Zulassung des Fahrzeugs widerrufen und die Verpflichtung nach Nr. 1 b im Wege der Ersatzvornahme durch die Finanzverwaltung durchgeführt.
Der Kläger leistete dem nicht Folge.
Das Landratsamt 3 wandte sich am 17.08.2020 an das Finanzamt 4 mit der Bitte um Entstempelung der Kennzeichenschilder und Einziehung der Zulassungsbescheinigung Teil I. Dieses Ersuchen enthält weiter u.a. den Text: "Die Zulassung des Fahrzeugs wurde mit Bescheid vom 08.07.2020 widerrufen."
Aus den dem Gericht vorliegenden Akten ist nicht ersichtlich, wie seitens des Finanzamts 4 weiterverfahren wurde. Nach Aktenlage und tatsächlichen weiterem Hergang erfolgte kein weiterer Vollzug.
Die Vollzieherin des Hauptzollamts 2 suchte den Kläger am 16.06.2020 und 14.07.2020 auf, ohne diesen anzutreffen.
Am 24.11.2020 erfolgte auf dem Grundstück des Klägers die Pfändung und Wegnahme des Fahrzeugs durch die Vollzugsbeamtin des Hauptzollamts 2 mit Unterstützung der Polizei.
Mit Schreiben von 03.12.2020 kündigte das Hauptzollamt 2 dem Kläger die Versteigerung des gepfändeten Fahrzeugs unter Hinweis auf Rückstände von 2.069 € an und forderte ihn auf, im Hinblick auf einen höheren erzielbaren Verkaufserlös bei Vorhandensein von Fahrzeugschlüssel und Zulassungsbescheinigungen I und II, diese vorzulegen. Im Schreiben des Hauptzollamts 2 an die Rechtsanwältin des Klägers vom 18.03.2021 wird der Kläger im Zusammenhang mit der von ihm begehrten Herausgabe persönlicher Gegenstände aus dem Fahrzeug und einem höheren Verwertungserlös aufgefordert, den Fahrzeugschlüssel und die Zulassungsbescheinigung I und II vorzulegen.
Der Kläger bezahlte die KFZ-Steuer für die Zeit von 27.03.2021 bis 26.03.2022 nicht. Die rückständigen Steuern mit Nebenkosten wurden durch die Bundeskasse mit Schreiben vom 12.04.2021 angemahnt.
Das Hauptzollamt 2 öffnete im Zeitraum zwischen 26.04.2021 und 06.05.2021 das Fahrzeug des Klägers mit einem beschafften Ersatzschlüssel und fand im Inneren die Zulassungsbescheinigung I, das hintere Kennzeichen und die Zulassungsplaketten vor. Diese wurden dem Landratsamt 3 Zulassungsstelle zugeleitet, das am 07.05.2021 die Außerbetriebsetzung nach § 14 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) vornahm.
In Folge erließ das Hauptzollamt 1 am 17.05.2021 einen nach § 12 Abs. 2...