Entscheidungsstichwort (Thema)
Kirchensteuerfestsetzung für Angehörigen des maronitischen Glaubens
Leitsatz (redaktionell)
Ein Angehöriger der maronitischen Kirche wird durch seine Wohnsitznahme in Bayern mangels eines eigenen Jurisdiktionsbezirkes dem örtlich zuständigen Bischof unterstellt und in die zuständige Diözese eingegliedert. Hierdurch wird auch seine Kirchensteuerpflicht gegenüber der zuständigen Diözese begründet.
Normenkette
AO § 3 Abs. 1; BayKirchStG Art. 18 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger als Angehöriger des maronitischen Glaubens von dem beklagten Kirchensteueramt zur römisch-katholischen Kirchensteuer herangezogen werden kann.
Der Kläger, ein gebürtiger Libanese, gehörte in den Streitjahren 1997 bis 2000 der maronitischen Kirche an. Laut Auskunft der Meldebehörde wohnte er bis zum 19.12.1998 in A, seither ist er in der Gemeinde B unter der im Rubrum angegebenen Adresse gemeldet, mit dem Konfessionsmerkmal "röm.-kath.". Am 14.03.2002 ist der Kläger aus der Kirche ausgetreten.
Der Kläger wurde vom beklagten Kirchensteueramt für 1997 mit Kirchensteuerbescheid vom 17.09.1999 und für die Jahre 1998 bis 2000 mit Kirchensteuerbescheiden vom 02.08.2002 zur Kirchensteuer veranlagt.
Anders als in den Vorjahren, in denen er seiner Kirchensteuerpflicht nachgekommen war, legte der Kläger durch seinen steuerlichen Vertreter gegen die vorgenannten Bescheide Einspruch ein und machte erstmals geltend, dass er keiner kirchensteuerpflichtigen Kirchengemeinde angehöre. Die maronitische Kirche sei in Deutschland nicht vertreten. Zum Beweis hierfür wurde eine an den Kläger adressierte Bescheinigung des Libanesischen Konsulats in Frankfurt vom 31.08.1999 vorgelegt.
Die Einsprüche blieben erfolglos. Sie wurden mit den beiden Einspruchsentscheidungen des Kirchensteueramtes vom 22.11.2005 (getrennt für das Jahr 1997 und für die Jahre 1998 bis 2000) zurückgewiesen.
Zur Begründung folgte das Kirchensteueramt dem von ihm in Auftrag gegebenen ausführlichen Rechtsgutachten von Prof. Dr. Dietmar Willoweit (Inhaber des Lehrstuhls für Deutsche Rechtsgeschichte, Kirchenrecht, Bürgerliches Recht und Handelsrecht an der Universität Würzburg), das zu dem Ergebnis kam, dass die Kirche der Maroniten Teil der römisch-katholischen Kirche im Sinne des Bayer. Kirchensteuergesetzes ist, und deshalb die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Angehörigen der maronitischen Kirche verpflichtet sind, Kirchensteuer an die katholische Diözese ihres Wohnsitzes zu entrichten.
Der Kirchensteuerpflicht des Klägers stehe auch nicht der Wortlaut des Art. 4 des Bayer. Kirchensteuergesetzes - BayKirchStG - (jetzt Art. 2 in der Fassung des Gesetzes vom 10.12.2005) entgegen, der die Diözesen als Steuergläubigerinnen ausdrücklich für den Bereich der "Römisch-Katholischen" Kirche und somit nicht für die Katholische Gesamtkirche benenne. Im deutschen Kirchensteuerrecht werde der Begriff "Römisch-Katholische" Kirche nicht zur Unterscheidung der lateinischen Kirche als Zweig der Katholischen Gesamtkirche zu einem anderen (in Deutschland früher ja gar nicht existenten) Zweig der Gesamtkirche verwendet, sondern synonym für Katholische Gesamtkirche (Hinweis auf das für das Finanzgericht München erstellte Rechtsgutachten von Carl Gerold Fürst "Zur Frage der Kirchensteuerpflicht von "Griechisch-Katholischen" in Bayern", veröffentlicht im Österreichischen Archiv für Kirchenrecht 1994, 210 <216>). Die Kirchensteuergesetze verwendeten die Begriffe "katholisch" und "römisch-katholisch" demnach mehr oder weniger zufällig zur Bezeichnung der Katholischen Kirche überhaupt, ohne Berücksichtigung ritueller Unterschiede innerhalb der katholischen Gesamtkirche. Gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 2 (jetzt Art. 2 Abs. 1 S. 2) BayKirchStG seien daher alle Katholiken der Katholischen Gesamtkirche gegenüber der Diözese, in der sie ihren Wohnsitz hätten, kirchensteuerpflichtig. Der Kläger als Katholik mit Wohnsitz in B sei daher gegenüber der Diözese C kirchensteuerpflichtig.
Der Kläger könne einen Wegfall der Kirchensteuerpflicht auch nicht daraus ableiten, dass die maronitische Kirche als unierte Ostkirche innerhalb der Katholischen Gesamtkirche insofern eine Sonderstellung einnehme, als sie einen eigenen Ritus pflege und mit eigenen Selbstverwaltungsrechten ausgestattet sei. Die Unterscheidung zwischen lateinischer und orientalischer Kirche erfolge nicht territorial, sondern aufgrund einer personalen Kategorie. Konkret heiße dies, dass zahlreiche Katholiken, die einem anderen Ritus angehörten, einem eigenen Ortsordinarius unter seiner Jurisdiktion unterstellt seien, obgleich auf demselben Territorium auch ein Bischof des lateinischen Ritus amtiere. Ein derartiger Jurisdiktionsbezirk der Kirche der Maroniten existiere in Deutschland jedoch nicht. Für diesen Fall würden nach innerkirchlichem Recht die Regeln des sog. "interrituellen Verkehrsrechts" eingreifen. Can. 916 § 5 CCEO (Codex Canonum Ecclesiarum Ori...