Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Bewilligung von Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
Der rückwirkenden Bewilligung von Kindergeld steht ein bestandskräftiger Aufhebungsbescheid nicht entgegen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 70 Abs. 4; AO § 155 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der rückwirkenden Bewilligung von Kindergeld ein bestandskräftiger Aufhebungsbescheid entgegen steht.
Der Kläger bezog für seinen Sohn S (geb. xxx .1977), der sich in Ausbildung befand, laufend Kindergeld. Mit Bescheid vom 17.06.2003 wurde die Bewilligung von Kindergeld ab Januar 2003 aufgehoben, weil nach der vorläufigen Berechnung der Einkünfte und Bezüge der Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (im Streitjahr 7.188 €) überschritten werde. Der vorläufigen Berechnung lag eine Selbstauskunft von S vom 15.05.2003 zugrunde, wonach er im Anschluss an die Hochschulausbildung ab 01.05.2003 ein Promotionsstudium anschließen werde. Die monatlichen Bezüge bezifferte er mit 1.450 € brutto monatlich (1/2 BAT IIa). Der daraufhin von der Beklagten intern durchgeführten Ermittlung der Einkünfte und Bezüge von S für das Kalenderjahr 2003 (vgl. Bearbeitervermerk vom 10.06.2003, Blatt 6 der Kindergeldakte) wurde der voraussichtliche Bruttoarbeitslohn von S für 8 Monate i.H.v. 11.600 € (monatlich 1.450 €, BAT IIa) und der Arbeitnehmer-Pauschbetrag i.H.v. 1.044 € zugrunde gelegt. Daraus ergaben sich Einkünfte und Bezüge i.H.v. 10.556 €. Der Bescheid vom 17.06.2003 wurde bestandskräftig.
Am 26.05.2004 stellte der Kläger erneut Antrag auf Bewilligung von Kindergeld für das Jahr 2003 mit der Begründung, das zu versteuernde Einkommen seines Sohnes S betrage lediglich 4.271 € und liege damit unter dem Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Zur Begründung legte er den Einkommensteuerbescheid 2003 für S vom 24.05.2004 vor. Daraus ergab sich, dass S Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 7.293 € erzielte und die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit 0 € angesetzt wurden, weil von den Einnahmen i.H.v. 421 € nach Abzug des Werbungskostenpauschbetrags i.H.v. 51 € und des Sparerfreibetrags i.H.v. 370 € keine steuerpflichtigen Einkünfte mehr übrig blieben.
Mit Bescheid vom 16.11.2004 wurde der erneute Antrag auf Bewilligung von Kindergeld für das Jahr 2003 abgelehnt, weil die Einkünfte und Bezüge von S im Kalenderjahr 2003 weiterhin den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überstiegen. Die Beklagte ermittelte die Summe der Einkünfte und Bezüge von S mit 8.449,80 €. Wie bereits bei der vorläufigen Berechnung, die dem Aufhebungsbescheid vom 17.06.2003 zugrunde lag, wurden entsprechend der bislang herrschenden Rechtsansicht die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung bei der Grenzbetragsberechnung nicht in Abzug gebracht.
Im Einspruchsverfahren wurden im Wesentlichen die Belege, die der Einkommensteuerveranlagung 2003 zugrunde gelegen hatten, vorgelegt.
Im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2005 (2 BvR 167/02), wonach vom Arbeitnehmer geleistete Sozialversicherungsbeiträge, die im Bruttoarbeitslohn enthalten sind, nicht in die Jahresgrenzbetragsberechnung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG mit einzubeziehen seien, erließ die Beklagte am 28.06.2005 einen Teilabhilfebescheid und bewilligte dem Kläger Kindergeld für S für den Zeitraum Juli bis Dezember 2003. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen betrug der Arbeitnehmeranteil von S an der Sozialversicherung im Jahr 2003 insgesamt 2.588 €. Der Jahresgrenzbetrag wurde somit nicht überschritten.
Soweit der Kläger darüber hinaus die Bewilligung von Kindergeld für den Zeitraum Januar bis Juni 2003 begehrte, hatte der Einspruch keinen Erfolg. Die Beklagte vertrat dazu die Auffassung, einer rückwirkenden Bewilligung stehe der bestandskräftige Aufhebungsbescheid vom 17.06.2003 entgegen. Korrekturvorschriften, die eine Durchbrechung der Bestandskraft ermöglichen würden, lägen nicht vor.
Mit seiner Klage beantragt der Kläger, den Ablehnungsbescheid vom 16.11.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 28.06.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Kindergeld für S für den Zeitraum Januar bis einschließlich Juni 2003 i.H.v. vom monatlich 154 € zu bewilligen.
Zur Begründung trägt er, vertreten durch seine Prozessbevollmächtigten, Folgendes vor:
Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, der rückwirkenden Kindergeldfestsetzung stehe ein bestandskräftiger Aufhebungsbescheid entgegen, weil dies gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen würde. Der Kläger habe sich nach Erhalt des Aufhebungsbescheids vom 17.06.2003 bei dem zuständigen Sachbearbeiter erkundigt, wie es sich mit seinen Rechten verhalte, wenn sich für das Jahr 2003 nachträglich herausstelle, dass die Einkommensgrenze für die Bewilligung von Kindergeld nicht überschritten werde. Der Sachbearbeiter habe ihm für diesen Fall mitgeteilt, es sei ihm dann unbenommen, erneut einen Antrag auf Bewilligung von Kindergeld für das gesamte J...