Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldberechtigung: Anforderungen an den Nachweis einer inländischen gewerblichen Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Als Nachweis einer inländischen gewerblichen Tätigkeit sind nur solche Geschäftsvorfälle geeignet, die unmittelbar zu Einkünften nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG führen. Dazu gehören nicht allgemeine, lediglich mit dem Gewerbebetrieb in einem Zusammenhang stehende Tätigkeiten wie der Besuch eines Steuerberaters, laufende Kosten, Kraftfahrzeugaufwendungen, Akquisehandlungen usw.

2. Eine Kindergeldberechtigung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b i.V.m. § 1 Abs. 3 EStG setzt voraus, dass eine inländische Steuerpflicht für irgendwelche Einkünfte besteht und das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid nicht jeweils Einkünfte mit 0 € ansetzt.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 3, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 2b

 

Tatbestand

Streitig ist das Kindergeld für die Kinder X (geb. 00.02.1997), Y (geb. 00.02.2005) und Z (geb. 00.09.2007).

Der Kläger beantragte mit Antrag vom 20.08.2015 Kindergeld für die Kinder X, Y und Z. Im Kindergeldantrag gab er an, dass er und die Kinder Y und Z seit August 2014 ihren Wohnsitz in Spanien hätten und X diesen in O1, S Straße 29 habe. Weiter gab er im Antragsformular an, von 1996 bis 31.07.2014 als selbständiger Unternehmer in O1, S Straße 29 tätig gewesen zu sein.

Vom Prozessbevollmächtigten wurde ergänzend vorgetragen, dass der Kläger seit August 2014 in O2/Spanien wohne und von dort aus einen Gewerbebetrieb/Handel betreibe. Die Familie F habe ein Zweifamilienhaus in O1, S Straße 29, das aus einer Wohnung und einem gewerblichen Teil bestehe. Die Wohnung sei noch komplett eingerichtet und stehe dem ältesten Sohn zur Verfügung. In dem Haus befinde sich auch noch eine Geschäftseinrichtung und Lagerräumlichkeiten der Firma F, die vom Kläger verschiedene Male und dann für mehrere Tage im Jahr aufgesucht würden. Dann nutze er auch noch die Wohnung für den eigenen Bedarf. In Spanien sei kein Kindergeld gewährt worden.

Der Kläger legte Rechnungen der Firma A vom 19.08.2015 und 11.08.2015, der Firma B vom 13.08.2015 und einen Lieferschein der C vom 14.07.2015 gerichtet jeweils an F O2/Spanien sowie Rechnungen der Firma F O2/Spanien an D vom 03.02.2015, an H vom 29.05.2015, an E vom 06.07. und an F vom 22.09. vor.

Mit Bescheid vom 10.12.2015 lehnte die Familienkasse den Antrag auf Kindergeld für die Kinder X, Y und Z ab Januar 2015 ab.

Den Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 25.04.2017 als unbegründet zurück.

Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger nicht die Voraussetzungen nach § 62 Abs. 1 EStG erfülle, da er weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe und im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 2 EStG sei oder als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt werde.

Der Klägervertreter hat Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen:

Der Kläger habe in Deutschland Einkünfte aus Gewerbebetrieb durch die in O1 unterhaltene Betriebsstätte der Firma F AUTOMATEN erzielt. Die Aktivitäten in dem Auslieferungslager seien auch in den Folgejahren weitergegangen und die Lieferungen bis April 2019 von O1 aus vorgenommen worden. Ab Mai 2019 erfolgten die Lieferungen aus dem Lager O3.

Auf den Zuflusszeitpunkt der Einnahmen komme es nicht an. Für die ertragsteuerliche Beurteilung sei es nicht entscheidend, dass es sich neben den Inlandsumsätzen auch um steuerfreie Ausfuhren bzw. innergemeinschaftliche Lieferungen bzw. Dreiecksgeschäfte im umsatzsteuerlichen Sinne handele.

Der Kläger sei in den Jahren 2015 bis 2017 vom Finanzamt O4 als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt worden. Aufgrund dieser Bescheide ergebe sich eine Bindungswirkung auch für die Familienkasse. Es bestehe eine Steuerpflicht nach § 49 EStG aufgrund der deutschen Betriebsstätte. Unerheblich sei, dass die Einkünfte im Streitfall 0 € betrügen. Die inländischen Einkünfte würden zunächst auf Grund der fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht in der Anlage GSE erfasst. Nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Spanien stehe aber allein dem Wohnsitzstaat des Klägers das Besteuerungsrecht zu. Deshalb seien aufgrund der internationalen Freistellung diese Einkünfte aus der deutschen Bemessungsgrundlage herauszunehmen. Er verweist auf die Einkommensteuerbescheide des Finanzamts O4.

Das Finanzamt O4 hat den Kläger und seine Ehefrau mit Einkommensteuerbescheiden für 2015 vom 06.11.2018, für 2016 vom 05.09.2019 und für 2017 vom 25.09.2019 nach § 1 Abs. 3 EStG veranlagt. Das Finanzamt setzte gemäß den Einkommensteuererklärungen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 4.317 € für 2015 und 0 € für 2016 und 2017 an. Andere Einkünfte wurden weder erklärt noch vom Finanzamt angesetzt.

In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte ergänzend vorgetragen, dass auch 2015 Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 0 € angefallen seien. Für diese Einkünfte habe auch 2015 das Besteuerungsrecht Spanien zugestanden und diese E...

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