Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertungsverbot bei Auftragsprüfung Rechtsschutzbedürfnis für Nichtigkeitsklage
Leitsatz (amtlich)
1. Einer Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen eine Prüfungsanordnung fehlt nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil Anfechtungsklagen gegen die nach Betriebsprüfung ergangenen Steuerbescheide anhängig sind.
2. Der Prüfungsauftrag im Sinne des § 195 AO stellt keinen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt dar, der dem Steuerpflichtigen bekannt zu geben ist. Ein besonders schwerwiegender Fehler im Prüfungsauftrag kann zur Nichtigkeit der Prüfungsanordnung führen.
3. Das beauftragende Finanzamt hat eine Entscheidung getroffen und eigenes Ermessen ausgeübt, wenn es den Entwurf einer Prüfungsanordnung durch das Prüfungsfinanzamt genehmigt.
Normenkette
FGO § 41 Abs. 1; AO §§ 125 Abs. 1, 195
Tatbestand
Gegenstand der Klage ist die begehrte Feststellung, ob die Prüfungsanordnung des Finanzamts A vom 13.01.2010 nichtig ist.
Die Klägerin ist eine GmbH, die u.a. die Informationstechnologie, die Projektplanung und den Vertrieb von Hard- und Software zum Geschäftsgegenstand hat. Geschäftsführer ist Xy. Die Geschäftsanteile wurden zunächst von Xy und später von der Xy Vermögensverwaltungs GmbH gehalten.
In Form eines Entwurfs einer Prüfungsanordnung bat das beklagte Finanzamt A das für die Besteuerung der Klägerin zuständige Finanzamt B um den Auftrag, bei der Klägerin eine Außenprüfung durchzuführen. Das Finanzamt B faxte am 11.01.2010 um 15:00 Uhr diesen Entwurf an das beklagte Finanzamt A zurück. Auf Seite 2 trug er nun eine Unterschrift der Aufgabenbereichsleiterin Betriebsprüfung mit dem Vermerk "gen.:" für genehmigt. Auf Seite 1 der Prüfungsanordnung wird ausgeführt, dass das zuständige Finanzamt B mit Schreiben vom ....01.2010 das Finanzamt A mit der Betriebsprüfung beauftragt hat und ihm auch die Befugnis zum Erlass der Prüfungsanordnung erteilt hat. Weiterhin wird als Grund für die Betriebsprüfung "Konzerneinheitliche Betriebsprüfung (KV-Nr. xxxxxx)" angegeben.
Am 13.01.2010 erließ das Finanzamt A gegenüber der Klägerin die inhaltsgleiche Betriebsprüfungsanordnung mit dem Beauftragungsdatum 11.01.2010. Die Prüfungsanordnung wurde bestandskräftig.
Das Finanzamt A führte die Betriebsprüfung durch und erstellte am 02.06.2010 einen Betriebsprüfungsbericht mit zahlreichen Feststellungen. Das Finanzamt B erließ daraufhin am 01.09.2010 entsprechende Änderungsbescheide, die Gegenstand derzeit anhängiger Klageverfahren vor dem Finanzgericht sind.
Am 20.02.2013 hat die Klägerin Nichtigkeitsfeststellungsklage hinsichtlich der am 13.01.2010 vom Finanzamt A erlassenen Prüfungsanordnung erhoben.
Zur Begründung hat sie vorgetragen:
1. Das Finanzamt A sei nicht zur Durchführung der Betriebsprüfung ermächtigt gewesen, da es nicht wirksam vom Finanzamt B mit der Durchführung der Betriebsprüfung bei der Klägerin beauftragt worden sei. Die Formulierung "gen." (für: genehmigt), sei schon im Wortsinn, insbesondere jedoch auch in seiner juristischen Bedeutung, nicht mit dem Erteilen eines Auftrags identisch.
2. Das Finanzamt B habe die Beauftragung des Finanzamt A nicht begründet, obgleich es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung gehandelt habe. So sei beispielsweise nicht ersichtlich, welche Überlegungen das Finanzamt B bewegt hätten, eine Anschlussprüfung bei der Klägerin durchführen zu lassen. Dieser Mangel sei so erheblich, dass er zur Nichtigkeit der Prüfungsanordnung führe.
3. Die Beauftragung stelle überdies einen selbständig anfechtbaren Verwaltungsakt dar, der jedoch der Klägerin nicht bekanntgegeben worden sei.
4. Darüber hinaus existiere ein Konzern "Firma Xy" nicht. Jedenfalls sei das Finanzamt verpflichtet gewesen, in der Prüfungsanordnung auch die anderen Unternehmen zu benennen, die das Finanzamt diesem Konzern zugeordnet habe.
Die Feststellungsklage sei auch zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin ergebe sich aus dem aus einer Rechtsunwirksamkeit der Prüfungsanordnung folgenden Verwertungsverbot.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, dass die Anordnung der Außenprüfung bei der Klägerin vom 13.01.2010 durch das Finanzamts A nichtig ist.
Das Finanzamt hat Klageabweisung beantragt.
Zur Begründung hat es vorgetragen, die Klage sei unzulässig, da die auf Grundlage der Ergebnisse der Betriebsprüfung erlassenen Steuerbescheide bereits Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren seien.
Im Übrigen sei die Klage jedenfalls unbegründet. Die Beauftragung durch das Finanzamt B sei ermessensfehlerfrei und formal korrekt erfolgt. Insbesondere habe es sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt. Dem Finanzamt B hätten alle für die Ermessensausübung erheblichen Informationen vorgelegen. Insbesondere habe sich in der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamt B ein Konzernverzeichnis befunden. Hiernach habe die Klägerin einem Unternehmensverbund angehört, an dessen Spitze das Einzelunternehmen des Xy als natürliche Person gestanden habe.
Auf die Finanzgerichtsakte, die Niederschrift über die mündliche Ver...