Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG bei Geltendmachung eines nur außerbilanziell wirkenden Investitionsabzugsbetrags. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IV R 14/23)
Leitsatz (redaktionell)
Ein Steuerstundungsmodell i.S. von § 15b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EStG kann nicht nur dann vorliegen, wenn die prognostizierten Verluste auf Sonderabschreibungen beruhen, die in geminderten Bilanzansätzen oder Gewinnminderungen im Rahmen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zum Ausdruck kommen (vgl. BFH IV R 7/16 vom 6. 6. 2019), sondern auch dann, wenn die prognostizierten Verluste auf einen nur außerbilanziell wirkenden Investitionsabzugsbetrag beruhen.
Normenkette
EStG §§ 7g, 15b Abs. 4
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des § 15b Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 12.12.2012 in Form einer GmbH & Co. KG gegründet und unter HRA XXXX ins Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb von Windkraftanlagen. Zum Gründungszeitpunkt war persönlich haftende Gesellschafterin die V GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer C; Kommanditistin mit einer Einlage i.H.v. xxx € war die B GmbH & Co. KG (im Folgenden "Beteiligungs-KG"), die Beigeladene, ebenfalls vertreten durch den Geschäftsführer C. Die V-GmbH ist an Gewinn und Verlust der Klägerin nicht beteiligt.
Im Laufe des Jahres 2013 sind insgesamt zwölf weitere Kommanditisten eingetreten. Hierzu hat die Klägerin über einen Anlegerprospekt (Prospektdatum xx.xx.2013) Beteiligungen ab xxx € geboten. Nach Zeichnung des vorgesehenen Eigenkapitals i.H.v. xxx € wurde der Fonds geschlossen.
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung des Anlegerprospekts (dort S. xx) umfasst die Jahre 2012 bis einschließlich 2038. Ausgehend von einer Betriebsdauer von 25 Jahren wird für die Jahre 2012 (Verlust: xxx €) und 2013 (Verlust xxx €) ein "steuerliches Ergebnis in % des Eigenkapitals" von zusammen ./. xxx % ausgewiesen. Für 2014 und ab 2017 wird für die einzelnen Jahre jeweils ein positives Ergebnis dargestellt, für 2015 und 2016 nochmals geringe Verluste (./. xxx € und ./. xxx €). Die Ertragsprognose für den Anleger (Prospekt S. xx) weist für einen Kommanditanteil i.H.v. xxx € im Jahr 2013 einen Ergebnisanteil des Gesellschafters i.H.v. ./. xxx € aus, das sind ./. xxx % des eingebrachten Eigenkapitals.
Mit Bescheid vom 29.04.2014 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2012 stellte das Finanzamt für die Klägerin erklärungsgemäß laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. ./. xxx € fest, die der Beigeladenen zugerechnet wurden ("Nach Anwendung des§ 15a EStG sind im Folgebescheid anzusetzen - laufende Einkünfte ./. xxx €"), davon "laufender Verlust vor Anwendung des § 15a EStG (ohne Sonderbilanz)" xxx € und "Abrechnung wegen Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g EStG" xxx €. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und teilweise vorläufig, §§ 164 Abs. 1, 165 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO).
In der Zeit von 08.06.2016 bis 16.11.2016 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2012 bis 2014 statt (Betriebsprüfungsbericht vom 17.11.2016). Nach Auffassung des Prüfers erfüllte die Klägerin im Prüfungszeitraum die Voraussetzungen zur Anwendung des § 15b EStG, weshalb die von ihr erwirtschafteten Verluste nicht sofort abziehbar seien, sondern nur mit späteren Gewinnen aus dieser Firma verrechnet werden könnten.
Aufgrund der tatsächlichen Zahlen 2012 bis 2014 errechnete er einen Gesamtverlust i.H.v. xxx €; darin enthalten war ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) gemäß § 7g EStG i.H.v. xxx € (geltend gemacht in 2012). Dieser wurde außerbilanziell hinzugerechnet. Damit betrug der Verlust 20,37 % des Eigenkapitals. Nach Auffassung des Prüfers sind in die Beurteilung, ob § 15b EStG anzuwenden ist, auch steuerliche Wahlrechte miteinzubeziehen. Bei Überschreiten der 10 % Grenze greife die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG greifen.
Im Hinblick auf das zum Zeitpunkt der Prüfung noch anhängige BFH-Verfahren IV R 7/16 konnte hinsichtlich der Anwendung des § 15b EStG keine Einigung erzielt werden. Die Höhe der festgestellten Verluste war hingegen unstreitig.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen und der Rechtsauffassung der Außenprüfung und erließ am 28.12.2016 für die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2014 jeweils nach§ 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG. (2012: "Nach Anwendung des § 15b EStG sind im Folgebescheid anzusetzen - laufende Einkünfte 0,00 €"). Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben,§ 164 Abs. 3 AO.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin durch ihren steuerlichen Vertreter mit Fax vom 24.01.2017 Einspruch ein.
Zur Begründung wurde vorgetragen, die Anwendbarkeit des§ 15b EStG sei anlegerbezogen zu prüfen. Dies sei bei der Au...