Revision eingelegt (BFH II R 42/14)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen einer Schenkung bei Übertragung von Konto- / Depotbeständen auf Einzelkonto; Hinterziehungszinsen wegen Schenkungsteuerhinterziehung
Leitsatz (amtlich)
Der Inhaber eines Einzelkontos kann tatsächlich und frei über ihm von einem Dritten übertragenene Konto-/Depotbestände verfügen, auch, wenn dem Dritten umfassende Kontovollmacht für das Einzelkonto eingeräumt worden ist. In dieser Übertragung der Konto-/Depotbestände vom Dritten auf den Einzelkontoinhaber und der späteren Rückübertragung der Bestände auf ein Einzelkonto des Dritten liegt jeweils eine Schenkung.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1; AO §§ 235, 370 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Festsetzung von Hinterziehungszinsen wegen Hinterziehung von Schenkungsteuer.
Die Klägerin ist Stiefmutter von T, der Tochter ihres Ehemanns.
Die Klägerin übertrug zwischen 1995 und 1997 – der genaue Zeitpunkt ist nicht mehr feststellbar – in der Schweiz befindliches Vermögen auf ein auf T lautendes Konto (XXX-02) bei der Schweizer Bank A. Die Beteiligten gehen einvernehmlich davon aus, dass im Jahr 1997 110.000 CHF und im Jahr 1998 350.000 CHF, zusammen 460.000 CHF, auf T übertragen wurden. Bei einem Umrechnungskurs zum 31.12.1998 von 1 CHF = 1,2143 DM entspricht dies 548.578 DM bzw. 285.596 €.
Der Klägerin war durch T am 15.04.1998 für das Kto. XXX -0 eine Vollmacht eingeräumt worden.
Nachdem T im Jahre 2000 nach ihrer Heirat mit dem Geld „nichts mehr zu tun haben“ wollte, wurde das auf dem Konto befindliche Geld auf ein Konto der Klägerin bei der Schweizer Bank B überwiesen und das auf den Namen von T geführte Konto bei der Schweizer Bank A zum 04.01.2001 durch die Klägerin geschlossen. Im Zeitpunkt der Rückübertragung hatte das Konto (Depot) einen Wert von 707.722 DM bzw. 361.852 €.
Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 08.07.2010, das als Selbstanzeige gewertet wurde, wurde der Sachverhalt dem Finanzamt P mitgeteilt.
Aufgrund einer Mitteilung des Finanzamts P an das Finanzamt O forderte dieses die Klägerin zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Der Prozessbevollmächtigte vertrat im Schriftverkehr mit dem Finanzamt P die Auffassung, eine Schenkung liege mangels Entreicherung bei der Klägerin, die infolge der Vollmacht Verfügungsbefugnis über das Konto gehabt und auch tatsächlich verfügt habe, nicht vor und beantragte die Adressierung etwaiger Schenkungsteuerbescheide ausschließlich an die Klägerin.
Am 02.02.2011 erließ das Finanzamt O für die Klägerin vier Schenkungsteuerbescheide:
Zuwendung: |
Wert des Erwerbs: |
Festgesetzte Schenkungsteuer: |
Erwerb der T aus der Zuwendung von Klin. zum 31.12.1997 |
133.573 DM |
0 DM |
Erwerb der T aus der Zuwendung von Klin. zum 09.10.1998 |
60.715 DM |
0 DM |
Erwerb der T aus der Zuwendung von Klin. zum 02.11.1998 |
364.290 DM |
17.435 € (= 8.914 €) |
Erwerb der Klin. aus der Zuwendung von T zum 04.01.2001 |
707.722 DM |
151.294 DM (= 77.355 €) |
Die hiergegen eingelegten Einsprüche nahm der Prozessbevollmächtigte wieder zurück.
Mit Schreiben des Finanzamts P vom 21.02.2011 an das Finanzamt O teilte dieses mit, nach Auffassung der Bußgeld- und Strafsachenstelle seien Hinterziehungszinsen festzusetzen.
Mit Bescheid vom 28.03.2011 setzt das Finanzamt O gegenüber der Klägerin wegen Hinterziehung der Schenkungsteuer aus der Zuwendung an die Klägerin vom 04.01.2001 Hinterziehungszinsen i.H.v. 45.249 € fest.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb größtenteils ohne Erfolg. Das Finanzamt O ging weiter vom Vorliegen freigebiger Zuwendungen und des objektiven und subjektiven Tatbestandes einer Steuerhinterziehung aus. Mit Einspruchsentscheidung vom 14.08.2012 setzte das Finanzamt die Hinterziehungszinsen auf 44.476 € herab und ging hierbei von einem Zinslauf von 04.07.2001 bis 15.02.2011 (115 Monate – 57,5 % von 77.350 €) aus.
Der Prozessbevollmächtigte hat für die Klägerin Klage erhoben und trägt vor,
1) T habe nur die Unterschrift zur Eröffnung des Kontos bei der Schweizer Bank A geleistet, seitdem und darüber hinaus aber nie wieder mit dem Geld zu tun gehabt. Die Klägerin habe eine eigene Vollmacht bzw. Verfügungsmacht über dieses Konto gehabt; die Kontovollmachten seien nicht mehr vorhanden. Bei der Klägerin seien die in der Urkunde vom 15.04.1998 genannten, wesentlichen Rechte verblieben. Verfügungen über das Konto seien weiterhin ausschließlich durch sie vorgenommen worden. Der Vermögensverwalter vor Ort sei über die Verhältnisse informiert gewesen. Ausschließlich die Klägerin habe zu ihm Kontakt gehabt; er habe sie persönlich gekannt. T habe keine Verfügungen über die Konten bzw. das Geld vorgenommen. Die Rückübertragung und Auflösung des Kontos von T sei ohne deren Mitwirkung ausschließlich durch die Klägerin veranlasst worden. T habe nicht einmal bei der Eröffnung des Kontos „EMIL“ bei der Schweizer Bank B selbst unterschrieben.
(2) Nach Auffassung von Stiefmutter und -tochter sollte die Klägerin stets ...