Revision eingelegt (BFH III R 37/18)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Landwirtschaftliche Ausbildung und unmittelbar nachfolgende Ausbildung zum "Landwirtschaftlichen Betriebsleiter" mit vorgeschaltetem Praxisjahr als einheitliche Erstausbildung
Leitsatz (redaktionell)
Wird das Ausbildungsziel "Landwirtschaftlicher Betriebsleiter" angestrebt, und ist ein Berufsabschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf der Landwirtschaft sowie ein vorgeschaltetes Praxisjahr Voraussetzung für die weiterführende Ausbildungsmaßnahme zum "Landwirtschaftlichen Betriebsleiter", sind diese Ausbildungsmaßnahmen als mehraktige Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen einer einheitlichen Erstausbildung anzusehen, wenn sie zeitlich und inhaltlich unmittelbar aufeinander abgestimmt sind.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2-3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger für seinen leiblichen Sohn A, geb. am xx.xx.1997, für den Zeitraum von Oktober 2015 bis Mai 2016 Kindergeld zusteht.
Der Kläger führt als Landwirtschaftsmeister einen landwirtschaftlichen Betrieb, den sein Sohn später einmal übernehmen soll.
Der Sohn des Klägers absolvierte hierfür bis Juli 2015 zunächst eine Ausbildung zum Landwirt. Sein Berufsziel ist jedoch das eines "Landwirtschaftlichen Betriebsleiters".
Gemäß vorliegender Bestätigung des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - 1 vom xx.xx.2015 meldete er sich hierzu am xx.xx.2015 zum Besuch der Landwirtschaftsschule 1 Abt. Landwirtschaft (Vollzeit) ab dem Schuljahr 2016 an und nahm vom 19. Oktober 2015 bis Ende September 2016 an dem vorgeschalteten Praxisjahr teil.
Das Praxisjahr zählt gemäß § 5 Abs. 1 Ziff. 2 der Schulordnung für die staatlichen Landwirtschaftsschulen in Bayern zu den Aufnahmevoraussetzungen für die Landwirtschaftsschule.
Mit Antrag vom 10.02.2016 beantragte der Kläger daraufhin ab Oktober 2015 die Festsetzung von Kindergeld, da sich sein Sohn weiterhin in Berufsausbildung befinde.
Mit Bescheid vom 01.04.2016 lehnte die Familienkasse diesen Antrag auf Gewährung von Kindergeld ab dem Monat Oktober 2015 ab.
Gemäß Punkt 2.3, Randziffer 12 des Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 08.02.2016 zur steuerlichen Berücksichtigung volljähriger Kinder nach § 32 Abs. 4 Satz 2 und 3 EStG ab 2012 sei eine erstmalige Berufsausbildung grundsätzlich abgeschlossen, wenn sie das Kind zur Aufnahme eines Berufes befähige. Wenn das Kind später eine weitere Ausbildung (z.B. Meisterausbildung nach mehrjähriger Berufstätigkeit) aufnehme, handele es sich um eine Zweitausbildung. Bei dem Praxisjahr handele es sich vorrangig um ein reines Sammeln an Berufserfahrung. Durch das spezifische Angebot der Landwirtschaftsschulen, das Praxisjahr von den Lehrkräften der Landwirtschaftsschule zu betreuen/begleiten, erhielten die angehenden Schülerinnen und Schüler zwar eine Anleitung, wie sie hierbei strukturierter vorgehen könnten, um für den Besuch der Landwirtschaftsschule effektiver vorbereitet zu sein. Ob die freiwilligen Arbeitsaufträge tatsächlich bzw. korrekt bearbeitet würden, werde jedoch nicht nachgehalten, da keinerlei Konsequenzen davon abhängig seien. Die Annahme eines berufsbezogenen Ausbildungsverhältnisses sei daher zu verneinen.
Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 09.06.2016 beim Finanzgericht Nürnberg Klage erhoben.
Im Streitfall liege noch eine Erstausbildung vor. Sei aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar, dass das Kind sein angestrebtes Berufsziel noch nicht erreicht habe, könne auch eine weiterführende Ausbildung noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sein (BFH-Urteil vom 03.07.2014, BStBl II 2015, 152; sog. mehraktige Ausbildung).
Die Standardausbildung für "Landwirtschaftliche Betriebsleiter" sei die Meisterprüfung bzw. eine vergleichbare Ausbildung. Die Gründe hierfür seien neben der fachlichen Qualifikation auch die Befähigung Lehrlinge auszubilden. Das Berufsziel eines "Landwirtschaftlichen Betriebsleiters" sei somit nicht die Gehilfenprüfung, sondern der Landwirtschaftsmeister. Dieses Berufsziel hätten sich die Eltern zusammen mit ihrem Sohn A von Anfang an gesteckt.
Mehraktige Ausbildungsmaßnahmen seien Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn diese zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt seien, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden solle und das - von den Eltern und dem Kind - bestimmte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden könne.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 01.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.05.2016 aufzuheben und die beklagte Familienkasse zu verpflichten, gegenüber dem Kläger für das Kind A für den Zeitraum von Oktober 2015 bis Mai 2016 Kindergeld in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Im Streitfall sei von einer Zweitausbildung auszugehen. Bei...