Revision eingelegt (BFH II R 39/21)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinterziehung der Erbschaftsteuer durch Unterlassen der Anzeige der Vorschenkung - Festsetzungsverjährung

 

Leitsatz (redaktionell)

Wer einen (ersten) Erwerb verschweigt, begeht zwei Steuerhinterziehungen, wenn er anlässlich einer weiteren, innerhalb von zehn Jahren erfolgenden Schenkung den Vorerwerb nicht angibt. Denn der Erwerber soll unrichtige bzw. unvollständige Angaben sowohl in Bezug auf den ersten Erwerb (d.h. insoweit erneute Steuerhinterziehung) als auch wegen der Nichtanwendung des § 14 ErbStG in Bezug auf den neuen Erwerb machen.

 

Normenkette

ErbStG §§ 14, 30; AO § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 370 Abs. 1 Nrn. 1-2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Erlasszeitpunkt des Erbschaftsteuerbescheides bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Die Erblasserin war zu Lebzeiten Erstbegünstigte der von ihr errichteten Stiftung mit der zugehörigen Kundenverbindung bei der Bank 1, Kundennummer: 1. Sie konnte jederzeit unbeschränkt über sämtliche Vermögenswerte verfügen. Am 22.02.2007 brachte die Erblasserin einen Großteil der Wertpapiere aus der Kundenverbindung der Bank 1 in die mit ihrem Ehemann, dem Kläger, gemeinsam errichtete Lebensversicherung, Versicherungsnummer 2, bei der Versicherung 3 ein. Dieser Vermögensübertrag stellt eine Schenkung in Höhe des hälftigen Vermögens aus der Kundenverbindung zur Bank 1 dar (1.526.920,62 € x ½ = 763.460,31 €).

Der Kläger wurde aufgrund des gemeinschaftlichen Testaments vom 22.07.1991 Alleinerbe seiner am 25.02.2007 verstorbenen Ehefrau (vgl. Erbschein vom 08.05.2007 des Amtsgerichts Stadt 1 Geschäftszeichen: 4).

Mit Schreiben vom 15.03.2007 bat das Finanzamt das Amtsgericht Stadt 1 - Nachlassgericht - gemäß § 34 ErbStG i.V.m. § 110 AO um Amtshilfe.

Der Kläger reichte beim Amtsgericht Stadt 1 ein Nachlassverzeichnis vom 18.04.2007 mit einem geschätzten Verkehrswert des Nachlasses von 817.157 € und einem geschätzten Reinnachlass von 541.332 € ein. Hierbei handelte es sich um den Vordruck NS 71a Wertanfrage in Testaments- und Erbscheinsangelegenheiten mit Nachlassverzeichnis (04.04).

Das Nachlassverzeichnis enthielt folgende Werte:

1. Nachlassvermögen am Todestag

EUR

1.2

In- und ausländische Guthaben

46.057,-

1.6

Kunstgegenstände, Schmuck, unverarbeitete Edelmetalle (z.B. Barrengold), Sammlungen (z.B. Münzen, Porzellan, Briefmarken, Waffen), Musikinstrumente

- geschätzter Verkaufswert -

8.000,-

1.7

Gebrauchsgegenstände (Beispiele: Kraftfahrzeuge, Fahrräder, Sportgeräte, Computeranlagen, Mobiltelefone, Film-/Videokameras, Werkzeuge, Maschinen), wertvolle Haustiere u. Viehbestand

- geschätzter Verkaufswert -

95.000,-

1.8

Mobiliar/Hausrat sowie wertvolle Kleidung (Beispiele: verwertbare Möbel- und Antiquitäten, Teppiche, sonstige neu- und hochwertige Gegenstände)

- geschätzter Verkaufswert -

20.000,-

1.10

Grundbesitz

Stadt 1

194.000,-

54.000,-

Stadt 2 (Wert laut Angaben: 700.000,-) x 1/2

350.000,-

Ferienwohnung in der Schweiz

50.000,-

Summe der Nachlasswerte

817.157,-

2. Nachlassschulden

2.1.1

Darlehensverbindlichkeiten (lediglich Anteil d. Verstorbenen und nur soweit noch geschuldet, einschl. rückständiger Zinsen)

- Bitte Nachweise beifügen -

257.325,-

2.2.1

Beerdigungskosten

2.2.2

Grabsteinkosten (ggf. Schätzung)

18.400,-

Reinerlass

541.332,-

Beim beklagten Finanzamt gingen Anzeigen nach § 33 ErbStG wie folgt ein:

28.03.2007

Sparkasse Stadt 1

73.923,- zzgl. Zinsen

(davon 67.047,- zzgl. Zinsen auf Gemeinschaftskonten)

514.649,-

gemeinschaftliche Darlehen

19.04.2007

Bank 2

4.658,-

Das Nachlassgericht Stadt 1 übersandte am 09.07.2007 dem Finanzamt nach § 34 ErbStG i.V.m. § 7 ErbStDV die Kopie des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute, den Erbschein und das vom Kläger unterschriebene Nachlassverzeichnis.

Das Finanzamt prüfte und brachte am 09.11.2007 einen Vermerk auf dem Übersendungsschreiben des Amtsgerichts an: Steuerfrei gemäߧ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG .

Auf der Rückseite befindet sich folgende Berechnung:

Grundbesitzwerte

649.000 x 60% = 389.400 ~

400.000,00 €

Bankguthaben (allein)

11.534,00 €

1/2 Anteil gemeinsame Bankguthaben

33.570,50 €

sonstige Gebrauchsgegenstände

100.000,00 €

545.104,50 €

½ Anteil Darlehen

257.324,50 €

Erbfallkosten laut Nachlassverzeichnis

18.400,00 €

269.380,00 €

§ 16 Abs.1 Nr. 1 ErbStG

307.000,00 €

Es forderte den Kläger nicht zur Erklärungsabgabe gemäߧ 31 ErbStG auf.

Am 30.12.2014 reichte der Kläger die Anzeige nach § 30 ErbStG einer Schenkung seiner verstorbenen Ehefrau an ihn ein, woraus sich ergab, dass diese ihm noch kurz vor ihrem Tod zum 22.02.2007 Wertpapiere i.H.v. 763.460,31 € schenkungsweise überlassen hatte. Durch dieses Schreiben wurde dem Finanzamt auch erstmalig bekannt, dass der Wert des Nachlasses von der Ehefrau insgesamt 1.680.332,89 € vor Abzug der Verbindlichkeiten beträgt. Der Klägervertreter schätzte den Nachlass rein vorsorglich mit einem Sicherheitszuschlag von 30 % auf insgesamt 2.184.432,75 €.

Das Finanzamt erließ daraufhin am 12.01.2015 einen geschätzten Erbschaft...

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