Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.04.1999; Aktenzeichen VIII R 13/97)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und in welchem Umfang Zerlegungsbescheide, die unanfechtbare Zerlegungsbescheide geändert haben, angegriffen werden können.

Die Firma X GmbH & Co.KG (= X) mit Firmensitz in … stellt Armaturen und Manometer her. Sie beschäftigt ca. 1400 Arbeitnehmer. Die Betriebsgebäude liegen ausschließlich auf dem Gemeindegebiet der Stadt A. Anfang 1970 erwarb die Firma X Grundstücke für betriebliche Zwecke, die auf dem Gemeindegebiet der Stadt B. der Klägerin, liegen. Diese Grundstücke schließen unmittelbar an die auf dem Gebiet der Stadt A. liegenden betrieblichen Grundstücke an.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, es liege eine mehrgemeindliche Betriebsstätte vor und beanspruchte, nach § 30 GewStG an der Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags der Firma X beteiligt zu werden.

Der Hebesatz der beiden Gemeinden betrug in den Jahren 1981 bis 1984 jeweils 300 v.H..

Die beiden Gemeinden verständigten sich dahin, daß eine Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags entsprechend dem auf die beiden Gemeinden entfallenden Flächenanteil nach dem im Einheitswert der Betriebsgrundstücke enthaltenen Bodenwert stattfindet. Im Ergebnis führte dies dazu, daß von dem einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag (gerundet) 99,5 v.H. auf die Stadt A. und 0,5 v.H. auf die Klägerin entfielen.

Für die Streitjahre zerlegte das Finanzamt die einheitlichen Gewerbesteuermeßbescheide wie folgt:

Jahr

einh. Meßbetrag

Zerl. Bescheid v.

Anteil Stadt A.

Anteil Stadt B.

1981

820.097,– DM

11.04.1983

815.899,81 DM

3.884,36 DM

1982

911.885,– DM

10.07.1984

907.557,07 DM

4.327,93 DM

1983

851.852,– DM

13.03.1985

847.817,38 DM

4.034,62 DM

1984

1.083.334,– DM

27.03.1986

1.078.218,46 DM

5.115,54 DM

Die Zerlegungsbescheide ergingen endgültig und erwuchsen in Bestandskraft. Eine bei der Firma X durchgeführte Außenprüfung führte zu einer Erhöhung der Gewerbesteuermeßbeträge. Der Beklagte erließ daraufhin geänderte Zerlegungsbescheide (alle vom 05.05.1987). Danach entfielen auf die Klägerin vom einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag nunmehr folgende Anteile:

Jahr

einheitl. Gewerbesteuermeßbetrag

Zerlegungsanteil Stadt B

1981

829.658,– DM

3.929,65 DM

1982

919.441,– DM

4.363,79 DM

1983

861.865,– DM

4.082,05 DM

1984

1.177.682,– DM

5.561,05 DM

Als Änderungsgrundlage war in den Bescheiden § 189 AO angegeben.

Mit Schreiben vom 06.05.1987 legte die Klägerin hiergegen Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, daß der bisherige Verteilungsschlüssel zu einem unbilligen Ergebnis geführt hätte. Die durch die Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten seien im Bezug auf die Klägerin nicht hinreichend berücksichtigt worden. Nach den in § 30 GewStG vorgegebenen Grundsätzen und orientiert an der höchstrichterlichen Rechtsprechung, sei der Zerlegungsmaßstab im wesentlichen nach dem Faktor „Arbeitnehmer” vorzunehmen. Gerechtfertigt sei ein Aufteilungsmaßstab im Verhältnis 50 v.H. nach dem Faktor „Arbeitnehmer”, 30 v.H. nach dem Faktor „Schülerzahl” und 20 v.H. nach dem Faktor „Einheitswert des Betriebsvermögens”. Danach errechne sich ein Zerlegungsanteil für sie, die Klägerin, von 171.141,85 DM (für 1981). 189.662,29 DM (für 1982), 177.785,52 DM (für 1983) und 242.932,24 DM (für 1984).

Der Beklagte zog im Laufe des Einspruchsverfahrens die Stadt A. und die Firma X zum Verfahren hinzu.

Die Stadt A. äußerte sich dahin, daß der Klägerin durch den Betrieb der Firma X letztlich keinerlei gemeindliche Lasten entstünden, weil auf dem Gemeindegebiet B. keine betrieblichen Aktivitäten stattfänden. Die Stadt A. begehrte im Ergebnis, ihr den Meßbetrag zu 100 v.H. zuzurechnen.

Der Beklagte hat die Zerlegungsbescheide aus anderweitigen Gründen im Laufe des Einspruchsverfahrens geändert, und zwar die Zerlegungsbescheide 1981–1983 mit Bescheiden vom 17.10.1989 (Zerlegungsanteile der Klägerin unverändert), und den Zerlegungsbescheid 1984 mit Bescheid vom 16.09.1991 (Zerlegungsanteil Klägerin: 5.603,27 DM).

Mit Einspruchsentscheidung vom 27.07.1992 verwarf der Beklagte die Einsprüche als unzulässig. Er führte in der Einspruchsentscheidung aus, daß dem Begehren der Klägerin § 351 Abs. 1 AO entgegenstehe. Ein Verwaltungsakt könne danach nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reiche. Nachdem die ursprünglichen Zerlegungsbescheide unanfechtbar gewesen seien und die nunmehr angefochtenen Änderungsbescheide der Klägerin einen höheren Zerlegungsanteil zuwiesen als die bisherigen, sei eine Anfechtung nach § 351 Abs. 1 AO ausgeschlossen. Auf andere Änderungsvorschriften könne sich die Klägerin nicht berufen, weil der Tatbestand solcher Normen (z. B. § 173 AO) nicht erfüllt sei. Unerheblich sei auch, daß die Änderungsbescheide auf eine unzutreffende Rechtsnorm gestützt seien. Im Streitfall sei die zutreffende Änderungsnorm § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.08.1992 Klage. Sie begründet die Klage folgendermaßen: Der Beklagte sei von einem rechtswidrigen Zerlegungsm...

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