Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten eines Richters für Waffe als Werbungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen eines sich wegen seiner Tätigkeit am Amtsgericht bedroht fühlenden Ermittlungsrichters für die Anschaffung eines Revolvers mit Zubehör können als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abzugsfähig sein.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Der Kläger ist Ermittlungsrichter am Amtsgericht.

In der Einkommensteuererklärung 1981 machte er einen Betrag von 899,– DM für die Anschaffung eines Revolvers mit Zubehör als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Er führte dazu aus, er habe die Waffe erworben, weil er sich im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit bedroht fühle. Die Waffe solle der Abwehr von Angriffen innerhalb und außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit dienen. Etwaige derartige Angriffe gingen auf seine Tätigkeit als Ermittlungsrichter zurück. Die Anschaffung der Waffe sei daher durch seinen Beruf veranlaßt. Die Aufwendungen hierfür müßten deshalb als Werbungskosten anerkannt werden.

Das Finanzamt lehnte den Antrag im Einkommensteuerbescheid 1981 ab. Der Einspruch hiergegen blieb insoweit erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 22.11.1983 ist ausgeführt, es erscheine nicht zweifelhaft, daß die Anschaffung des Revolvers auch beruflich bedingt gewesen sei, da sich der Kläger wegen seiner beruflichen Tätigkeit bedroht gefühlt habe. Der Schutz des eigenen Lebens gehöre jedoch in den außerdienstlichen Bereich. Dies insbesondere, wenn die Waffe – wie vom Kläger vorgetragen – nicht nur bei Ausübung des Berufs, sondern auch außerhalb der beruflichen Tätigkeit der Abwehr von Angriffen dienen solle. Die Anschaffung der Waffe sei deshalb zumindest teilweise privat veranlaßt, wobei der Anteil der privaten Veranlassung nicht von derart untergeordneter Bedeutung sei, daß er unerheblich wäre. Eine Aufteilung der Aufwendungen in einen beruflichen und einen privaten Teil sei nicht nach objektiven, leicht nachprüfbaren Merkmalen möglich. Die Aufwendungen seien deshalb voll der privaten Lebensführung zuzuordnen (vgl. hierzu das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 26.07.1979 III 419/77, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1979, 546).

Der Kläger hat Klage erhoben. Er trägt vor, als Ermittlungsrichter sei er mit über 2.000 Haftsachen, u. a. mit den Verhaftungen am 5. und 6. März 1981 im Zusammenhang mit … befaßt gewesen. Privaten Gefahren, die den Erwerb einer Waffe hätten veranlassen können, sei er nicht ausgesetzt. Der Schutz des eigenen Lebens gehöre nicht eindeutig in den außerberuflichen Bereich. Es sei allgemein anerkannt, daß Aufwendungen für den Erwerb bestimmter Arten von Arbeitskleidung, die ebenfalls dem Schutz von Gesundheit und Leben dienten (Schutzhelm, Schutzbrille, Sicherheitsschuhe u.ä.), als Werbungskosten abgezogen werden könnten.

Der Kläger weist noch darauf hin, daß ihm der Präsident des … Gerichtes … am 24.09.1981 eine Ersatzbescheinigung für einen Waffenschein nach § 6 Abs. 2 Waffengesetz für die voraussichtliche Dauer der Gefährdung ausgehändigt habe.

Der Kläger beantragt im Ergebnis, die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1981 dahin zu ändern, daß (weitere) Werbungskosten von 899,– DM bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden.

Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.

Es hält an der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest.

Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Aufwendungen des Klägers für die Anschaffung eines Revolvers mit Zubehör sind Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Werbungskosten nach § 9 Einkommensteuergesetz –EStG– sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlaßt sind (sogenanntes Veranlassungsprinzip; vgl. hierzu Schmidt/Drenseck EStG § 9 Anm. 2 d zusammengestellte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH–). Dabei muß ein objektiver Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit bestehen und es müssen subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser steuerlich relevanten Tätigkeit gemacht werden. Ein mittelbarer Zusammenhang der Aufwendungen mit der betreffenden Tätigkeit genügt (Urteil des BFH vom 28.11.1980 VI R 193/77, Bundessteuerblatt –BStBl.– II 1981, 368).

Die Aufwendungen des Klägers für die Anschaffung des Revolvers standen in mittelbarem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Ermittlungsrichter. Er konnte sich auf Grund dieser Tätigkeit – insbesondere im Zusammenhang mit den Verhaftungen … 1981 – bedroht fühlen und er fühlte sich nach seinem insoweit unwiderlegbaren Vortrag tatsächlich bedroht. Anhaltspunkte dafür, daß sich der Kläger auch aus anderen, privaten Gründen bedroht gefühlt hat, und daß er deshalb die Waffe erworben hat, sind nicht hervorgetreten. Abgesehen dav...

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