Entscheidungsstichwort (Thema)
Abziehbarkeit der Aufwendungen eines nichtselbständig tätigen Rechtsanwalts für ein Arbeitszimmer im selbstgenutzten Wohnhaus
Leitsatz (redaktionell)
Sind Aufwendungen des nichtselbständig tätigen und nebenberuflich eine Rechtsanwaltskanzlei betreibenden Klägers für die freiberuflich genutzten Räume im selbstgenutzten Wohnhaus im vollen Umfang (Betriebsstätte) oder nur in Höhe von 2400 DM (häusliches Büro/Arbeitszimmer) als Betriebsausgaben abziehbar? Ausreichende Trennung zwischen Wohnung und Praxisräumen?
(Rechtsfrage übernommen aus der Liste beim BFH anhängigen Verfahren)
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b; GG Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für freiberuflich genutzte Räume im selbstgenutzten Wohnhaus in vollem Umfang als Betriebsausgaben abziehbar sind.
Der Kläger ist bei einer Versicherung als Bereichsleiter angestellt. Nebenberuflich betreibt er eine Rechtsanwaltskanzlei. Für die Rechtsanwaltskanzlei nutzt er drei Räume im Untergeschoss seines Zweifamilienhauses in XXX, Straße. Hierbei handelt es sich um ein als Chefzimmer bezeichneten, 16,86 qm großen Raum, der mit Schreibtisch, PC, Schränken, Sessel und Arbeitsunterlegen ausgestattet ist. In einer fensterlosen, aber beleuchteten Diele (18,50 qm) stehen ein Tisch mit vier Stühlen, ein Sideboard, ein Schrank und eine Couch und in der Gästetoilette (9,45 qm) das Kopier- und Faxgerät. Im Untergeschoss befinden sich ein Keller- und ein Heizungsraum sowie eine 53 qm große Wohnung, die an den Sohn vermietet ist. Unter Einberechnung der halben Wohnfläche von Windfang und Treppe ergibt sich eine beruflich genutzte Fläche von 51,28 qm.
Über eine Treppe im Windfang des Erdgeschosses gelangt man in den Flur des Untergeschosses, von dem entweder die Wohnung des Sohnes oder die beruflich genutzte Diele betreten werden kann. Die Wohnung des Sohnes ist vom Flur durch eine Tür mit Knauf abgetrennt, so dass sie von außen nur mit einem Schlüssel geöffnet werden kann. Von der Diele im Untergeschoss können die Gästetoilette, der Keller und der Heizungsraum betreten werden. Das Chefzimmer und die Wohnung des Sohnes verfügen über eine Terrassentür. Von der Terrasse führt ein mit Betonplatten befestigter Weg zu einer Gartentür. Die drei Klingeln für die Wohnungen im Erd- und Untergeschoss und die Kanzlei sind am allgemeinen Hauseingang angebracht. Die Wohnung im Erdgeschoss ist durch eine Tür mit Knauf außen vom Windfang abgetrennt. Der Zugang zu den beruflichen Räumen im Untergeschoss erfolgt i.d.R. über den Windfang und den Treppenabgang.
Die Brutto-Einnahmen aus der Rechtsanwaltstätigkeit betrugen 1996 DM 33.432, 1997 DM 70.358 und 1998 DM 33.178.
In der Einkommensteuererklärung 1996 beantragte der Kläger Aufwendungen für die Büroräume von insgesamt 14.736 DM und 3.256 DM Abschreibung -AfA- für Einrichtungsgegenstände als Betriebsausgaben. Das Finanzamt erkannte nur die AfA für die Einrichtung und Betriebsausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer von 2.400 DM an. Der Einkommensteuerbescheid erging vorläufig nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO u.a. wegen Nichtabziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Der Kläger erhob hiergegen Einspruch.
Die Einkommensteuerveranlagungen 1997 und 1998 ergingen hinsichtlich der Aufwendungen für die Büroräume (1997 15.056 DM, 1998 13.915 DM) erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Eine Außenprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 stellte hinsichtlich der Büroräume fest, dass die Wohnung des Sohnes und die beruflich genutzten Räume im Kellergeschoss keinen separaten Eingang besaßen und nur über die Haustür im Erdgeschoss und den gemeinsamen Treppenaufgang zu erreichen waren. Die Prüferin beurteilte die Büroräume im Keller als häusliches Arbeitszimmer und versagte insoweit einen höheren Betriebsausgabenabzug als 2.400 DM. Das Finanzamt folgte den Feststellungen und änderte am 07.05.2002 die Einkommensteuer 1997-1998. Auch für 1996 wurde der Bescheid auf Grund, weiterer, hier nicht strittiger Feststellungen, geändert. Der Kläger legte gegen die Änderungsbescheide 1997 und 1998 Einspruch ein. Die Einspruchsverfahren 1996-1998 blieben ohne Erfolg.
Der Kläger hat Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass es sich um kein häusliches Arbeitszimmer handele, da die Praxis von Außen über das "Chefzimmer" betreten werden könne. Wenn Mandanten trotz der Klingel und eines Bürohinweispfeils durch die Hauseingangstür die Treppe benutzten, so sei dies auf die Gewohnheit aus den Vorjahren zurückzuführen, in denen ein 10 qm großer Raum im Erdgeschoss als Arbeitszimmer gedient habe. Es liege eine einzige Betriebsstätte vor, da er - der Kläger- seine selbständige Tätigkeit als Anwalt nahezu ausschließlich in diesen Räumen ausübe. Auf Grund seiner gleitenden Arbeitszeit könne er Gerichtstermine wahrnehmen. In der Regel sei er ab 16.00 Uhr zu Hause als Anwalt tätig...