Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug für eine im Zusammenhang mit der Installation einer Photovoltaikanlage erfolgten Dachreparatur - Ermittlung des unternehmerischen Nutzungsanteils
Leitsatz (redaktionell)
Für die Frage, ob eine von § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG geforderte unternehmerische Mindestnutzung vorliegt, kommt es auf die Verwendung des gesamten Gebäudes unter Einschluss aller Flächen unter dem Dach und der gesamten Dachfläche an. Einzubeziehen in die Verhältnisrechnung zur Feststellung der unternehmerischen Mindestnutzung sind daher neben den Innenräumen die Dachflächen, die nicht unternehmerisch genutzt würden. Da Flächen innerhalb des Gebäudes und Dachflächen nicht miteinander vergleichbar sind, ist der unternehmerische Nutzungsanteil anhand eines Umsatzschlüssels durch Gegenüberstellung des fiktiven Vermietungsumsatzes für die Innenräume und des fiktiven Vermietungsumsatzes für die Dachfläche zu ermitteln.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Streitig ist der Vorsteuerabzug aus den Kosten für eine Dachreparatur.
Der Kläger ist Teilhaber einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Schriftsteller und betreibt seit 2009 eine auf dem Dach seines Wohnhauses installierte Photovoltaikanlage. Als Schriftsteller ermittelt er die Vorsteuer nach Durchschnittssätzen. Das Wohnhaus steht - von einem Anbau abgesehen - auf einer rechteckigen Grundfläche und ist mit einem Satteldach gedeckt, dessen eine Seite zu etwa zwei Dritteln die Photovoltaikanlage einnimmt. Bei der Installation der Photovoltaikanlage wurde das Dach beschädigt, wodurch Feuchtigkeit eindrang und zu weiteren Schäden führte. 2019 stellte der Kläger dies fest und ließ die Schäden von einem Dachdecker und einem Zimmerer beheben, die dazu von ihnen selbst beschaffte Baumaterialien verwandten. Dachdecker und Zimmerer stellten dem Kläger ordnungsgemäße Rechnungen mit offenem Steuerausweis. Der Dachdecker berechnete nach Abzug von 2% Skonto 20.270,02 € zzgl. 3.851,30 € Umsatzsteuer, der Zimmerer nach Abzug von 2% Skonto 1.997,00 € zzgl. 379,43 € Umsatzsteuer.
Der Kläger ging davon aus, dass die Leistungen des Dachdeckers und des Zimmerers ausschließlich für den Betrieb der Photovoltaikanlage bezogen seien. Er zog die dafür angefallene Vorsteuer in seiner Umsatzsteuervoranmeldung für das 3. Kalendervierteljahr 2019 in vollem Umfang ab, zudem 768,54 € Vorsteuer aus der Rechnung eines Elektrikers. Unter Berücksichtigung von 4.999,27 € Vorsteuer ermittelte er eine Vorauszahlung von -4.292,37 €. Das Finanzamt stimmte der Voranmeldung nicht zu. Es begann eine Umsatzsteuer-Nachschau, die in eine Umsatzsteuersonderprüfung überging. Aufgrund des Prüfungsergebnisses erließ es am 19.12.2019 einen Vorauszahlungsbescheid für das 3. Kalendervierteljahr 2019, in dem es im Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage nur 768,54 € Vorsteuer berücksichtigte und eine Vorauszahlung von -61,64 € festsetzte. Dabei ging es davon aus, dass der Anteil der unternehmerischen Verwendung der Reparaturen nach der Gesamtnutzung des Gebäudes zu beurteilen sei, sich danach ein unternehmerischer Verwendungsanteil von weniger als 10 % ergebe und daher eine Zuordnung der Reparaturen zum Unternehmen ausgeschlossen sei. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 04.06.2020 setzte das Finanzamt die Vorauszahlung um 90 € auf -151,64 € herab, da eine Einzelposition aus der Rechnung des Dachdeckers überwiegend der Photovoltaikanlage zuzuordnen sei. Im Übrigen wies es den Einspruch zurück. Es schätzte die fiktive Jahresmiete für die Dachflächen, auf denen die Photovoltaikanlage installiert ist, auf maximal 200 €, die fiktive Jahresmiete für das gesamte Haus auf jedenfalls mehr als 2.000 €. In rechtlicher Hinsicht bezog es sich unter anderem auf die BFH-Urteile vom 19.07.2011 XI R 29/10 (BFHE 234, 564, BStBl. II 2012, 438); vom 14.03.2012 XI R 26/11 (BFH/NV 2012, 1192) und vom 03.08.2017 V R 59/16 (BFHE 258, 553, BStBl. II 2017, 1209).
Dagegen erhob der Kläger Klage. Er begehrt die vollständige Berücksichtigung der in den Rechnungen des Dachdeckers und des Zimmerers ausgewiesenen Vorsteuer. Zur Begründung trägt er vor, die Reparatur des im Übrigen intakten Daches sei ausschließlich aufgrund der Schäden durch die Installation der Photovoltaikanlage erforderlich geworden. Ein privater Vorteil durch die Dachreparatur sei daher nicht erkennbar. In rechtlicher Hinsicht führt er aus, das Recht auf Vorsteuerabzug bestehe, wenn zwischen dem Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen ein direkter und unmittelbarer objektiver Zusammenhang bestehe. Eingangsleistungen gehörten zur unternehmerischen Tätigkeit, soweit sie - wie im Streitfall - ihren ausschließlichen Entstehungsgrund in den steuerpflichtigen Tätigkeiten hätten. Der direkte und unmittelbare Zusammenhang zwischen Eingangsumsatz und Ausgangsumsatz sei gegeben, wenn die Aufwendungen für den Eingangsumsatz - wie ebenso im Streitfall - zu den Kostenelemente...