Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerhinterziehung: Bedingter Vorsatz bei Nichtangabe von steuerpflichtigen Erträgen aus einer Stiftung liechtensteinischen Rechts aus einem Depot in der Schweiz - Festsetzung von Hinterziehungszinsen. - siehe Aktenzeichen des BFH: VIII B 33/17

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einer Steuerhinterziehung ist bedingter Vorsatz bereits dann gegeben, wenn der Steuerpflichtige sich über die Steuerrechtslage im Unklaren ist und es ihm möglich erscheint, dass seine Erklärung bei zutreffender Anwendung des Steuerrechts unrichtig oder unvollständig ist, und er diese mögliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Steuererklärung billigend in Kauf nimmt.

2. Für das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes spricht, wenn der Steuerpflichtige sich keine Klarheit über die Rechtsbeziehungen zu einer von ihm errichteten Stiftung und deren steuerliche Beurteilung Klarheit verschafft und dabei gegebenenfalls auch die Beratung durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe in Anspruch nimmt, obwohl im Vordruck der Einkommensteuererklärung Anlage "KAP" ausdrücklich nach ausländischen Kapitalerträgen und auf der Rückseite des Mantelbogens zur Einkommensteuererklärung seit dem Veranlagungszeitraum 2009 nach "nachhaltigen Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten im Ausland" gefragt wird.

 

Normenkette

AO § 235 Abs. 1 S. 1, § 367 Abs. 2 S. 2, § 370 Abs. 1, § 371

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.01.2020; Aktenzeichen VIII B 34/19 (VIII B 33/17))

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte zutreffend Hinterziehungszinsen wegen der Hinterziehung von Einkommensteuer für die Jahre 2003 - 2012 festgesetzt hat.

Die am xx.xx.1921 geborene Klägerin ist Rentnerin und wird bei dem beklagten Finanzamt einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Für die Jahre 2003 bis 2011 ergingen den Steuererklärungen weitgehend entsprechende Einkommensteuerbescheide. Nachdem für das Jahr 2012 keine Steuererklärung eingereicht wurde, erließ der Beklagte am 07.07.2014 einen Einkommensteuerbescheid auf der Basis geschätzter Besteuerungsgrundlagen.

Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 05.12.2014 (Eingang am 11.12.2014) teilte die Klägerin dem beklagten Finanzamt mit, dass in den Einkommensteuererklärungen für 2003 bis 2011 Einkünfte aus einer Vermögensanlage bei der Z, T/Schweiz, mit der Depotnummer 123456789 nicht enthalten gewesen seien.

Hintergrund sei, dass der am xx.xx.1999 verstorbene Ehemann der Klägerin, Herr I J, am 10.05.1989 auf der Grundlage liechtensteinischen Rechts die X Stiftung als Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit gemäß Art. 552 ff. des Liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts errichtet habe. Der Stiftungsgenuss am Vermögen der Stiftung und an dessen Ertrag habe zunächst Herrn J sowie der Klägerin zugestanden, nach dem Tod von Herrn J der Klägerin alleine. Auf das Reglement der Stiftung (Anl. K 1, Bl. 58 d.A.), die Statuten der Stiftung (Anl. K 2, Bl. 61 d.A.), die Amtsbestätigung (Anl. K 3, Bl. 68 d.A.) sowie die Mandatsverträge der Klägerin mit der Z, U/Schweiz, vom 08./13.09.2000 (Bl. 106 d.A.) sowie mit der Präsidial-Anstalt, Vaduz/Liechtenstein, vom 14.09.2000 (Bl. 107 d.A.) wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

Herr J habe auf die Stiftung zu seinen Lebzeiten Vermögensübertragungen vorgenommen. Das gesamte Vermögen der Stiftung sei auf ein Depot bei der Z, T/Schweiz, mit der Kundennummer 123456789 angelegt worden. Die Stiftung habe im Rahmen dieser Vermögensanlage Erträge erzielt.

Die Klägerin reichte die Einkommensteuererklärung für 2012 (Eingang: 11.12.2014) sowie nach Aufforderung durch das Finanzamt mit Schreiben vom 15.01.2015 geänderte Vordrucke KAP, SO und AUS für die Jahre 2003 bis 2012 ein. Zu den Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 05.12.2004 ("Nacherklärung von Einkünften aus Kapitalvermögen und Sonstigen Einkünften 2003 - 2011 und Einkommensteuererklärung 2012") verwiesen.

Am 10.02.2015 leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts ein Strafverfahren gegen die Klägerin wegen des Verdachts der Hinterziehung der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags für die Jahre 2008 bis 2012 ein. Die Nachmeldung der Einkünfte mit Schreiben vom 05.12.2014 wurde als Selbstanzeige gemäß § 371 AO gewertet und das Strafverfahren am 20.04.2015 gemäß § 170 Abs. 2 StPO i.V.m. § 371 AO eingestellt.

Der Beklagte erließ am 22.04.2015 entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2012 und setzte mit Bescheid vom 29.04.2015 Hinterziehungszinsen in Höhe von 8.256 € fest (Bekanntgabe am 04.05.2015).

Gegen den Zinsbescheid legte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 05.06.2015 (= Eingang beim Finanzamt) Einspruch ein.

Mit Schreiben vom 10.12.2015 wies der Beklagte darauf hin, dass der Zinsbetrag zu niedrig festgesetzt worden sei und die Möglichkeit der Verböserung bestehe, § 367 Abs. 2 Satz 2 AO.

Mit Einspruchsentscheidung vom 12.02.2016 setzte das Finanzamt die Hinterziehungszinsen in Höhe von 8.601 € fest und wies im Übrigen den Einspruch als un...

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