Revision eingelegt (BFH I R 60/13)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für eine Bescheidänderung oder -berichtigung - Fehlender Hinweis auf Einspruchseinlegung per E-Mail

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die die Angaben des § 356 Abs. 1 AO (Belehrung über den Einspruch und die Finanzbehörde, bei der er einzulegen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist) enthält ist nicht "unrichtig", wenn sie ergänzend den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO (Schriftform) wiedergibt und nicht zugleich auf die Möglichkeiten elektronischer Kommunikation mit dem Finanzamt im Sinne des § 87a AO hinweist.

 

Normenkette

AO § 129 S. 1, § 173 Abs. 1, § 356 Abs. 1, § 357 Abs. 1 S. 1, § 87a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.08.2014; Aktenzeichen I R 60/13)

BFH (Urteil vom 20.08.2014; Aktenzeichen I R 60/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine Bescheidänderung oder -berichtigung vorliegen.

Die Klägerin ist eine GmbH mit abweichendem Wirtschaftsjahr zum 31. März. Ihren Sitz hat sie in 1. Geschäftsgegenstand ist der Straßen- und Tiefbau.

Das Stammkapital der Klägerin hielten zu je 50% die Herren A und B. Zwischen der Klägerin und der – ein identisches Beteiligungsverhältnis aufweisenden – A B oHG (im Folgenden: OHG) bestand und besteht eine steuerliche Betriebsaufspaltung; die Gesellschaftsanteile der Klägerin sind als Betriebsvermögen der OHG bilanziert.

In Tz. 8 f des Anhangs der Bilanz zum 31.12.2007 heißt es: "Die Gesellschaft hat einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag. Gesellschafter und nahe Angehörige erklärten über insgesamt ca. 221.000 € einen Forderungsverzicht mit Besserungsschein und Rangrücktritt. Daneben erklärten die Gesellschafter neben der Freistellungserklärung eine Erfüllungsübernahme / Schuldübernahme mit Rangrücktritt über sämtliche bestehenden Bankverbindlichkeiten [...]. Zusätzlich verpflichteten sich die Gesellschafter zu weiteren Einlagen in Höhe von 145.000 € [...]".

Am 21.04.2009 reichte die Klägerin die Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2008 beim Finanzamt ein; darunter auch die Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 2 KStG). Darin war in Zeile 5 ("Steuerliches Einlagekonto") der Wert "0" eingetragen. Der Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (Zeile 14) und der Endbestand zum Schluss des Wirtschaftsjahres (Zeile 36) waren jeweils mit dem Wert "0" eingetragen.

Im Rahmen der Veranlagung bat der Veranlagungsbeamte die Bevollmächtigte mit Schreiben vom 16.08.2008 u.a. um:

  • Erläuterung der Differenz zwischen Stammkapital lt. Bilanz (170.744,59 €) und Handelsregister (50.000 €)
  • Erläuterung und Berechnung der Kapitalrücklage (461.938,33 €)
  • Vorlage des Vertrags über die bilanzierte stille Beteiligung der Klägerin an der OHG

Im Schreiben vom 30.09.2009 antwortete der steuerliche Berater wie folgt:

1. Stammkapital

Die [OHG] hat mit Rechnung Nr. 25 Maschinen an die [Klägerin] verkauft. Mit der Abtretung und Verbuchung auf dem Kapitalkonto wurde die Forderung in Höhe von Euro 145.180,00 in die [Klägerin] eingelegt, allerdings hat die [Klägerin] den Betrag auf das gezeichnete Kapital gebucht.

Nachdem die Firma keine Kapitalerhöhung durchgeführt hat wäre dieser Betrag in die Kapitalrücklage zu buchen gewesen bei der Erstellung des Jahresabschlusses wurde dieser Irrtum übersehen.

2. Kapitalrücklage

Die Kapitalrücklage setzt sich aus den Konten 882 und 881 der [Klägerin] zusammen, dazu kommt noch die Einlage in Höhe von Euro 145.180,-.

Überblick:

Konto

Text

Euro

Euro

800

Abtretung

145.180,00

Rückz. Lebensv B

5.254,57

Rückz. Lebensv B

34.273,60

Einlage B

12.382,76

Einlage B

18.434,08

70.345,01

882

Einlage A + B

350.000,00

Sparkasse

27.035,08

Sparkasse

15.624,00

Nachbuchung

Zast Gothaer lv

-210,83

Nachbuchung

Soli Zast lv

-11,60

Nachbuchung

Ertrag lv Gothaer

-843,33

391.593,32

461.938,33

Summe Rücklage korrigiert

607.118,33

[...]

Beigelegt waren die Rechnung der OHG an die Klägerin, eine Auflistung der verkauften Wirtschaftsgüter mit Wertangabe sowie die Abtretungserklärung.

Erklärungsgemäß erließ das Finanzamt am 19.10.2009 zum 31.03.2008 eine gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG und des Sonderausweises nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KStG. Das steuerliche Einlagekonto und das durch Umwandlung von Rücklagen entstandene Nennkapital ist darin mit jeweils 0 € ausgewiesen. Der Bescheid steht nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung; in der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung wies es nicht auf die Möglichkeit hin, einen Einspruch gegen diesen Bescheid auch per E-Mail wirksam beim Finanzamt anzubringen. Die bei der Prozessbevollmächtigten eingegangene Feststellung wurde bei dieser lt. Prüfvermerk vom 21.10.2009 für in Ordnung befunden.

Am 16.06.2010 beantragte die Prozessbevollmächtigte, den Feststellungsbescheid zum 31.03.2008 gemäß § 129 AO zu ändern und das Einlagenkonto (EK 04) auf 607.118 € festzustellen. Dies lehnte das Finanzamt mit Bescheid ...

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