Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen
Leitsatz (redaktionell)
Gemäß § 8 b Abs. 2 Satz 1 KStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000 sind Gewinne, die Körperschaften aus der Veräußerung von Anteilen an Körperschaften (...) außer Ansatz zu lassen, soweit die Anteile im Zeitpunkt der Veräußerung seit mindestens 1 Jahr ununterbrochen zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört haben (Grundsatz: Steuerfreiheit).
Normenkette
KStG § 8b Abs. 4 S. 2 Nr. 2, § 34 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Steuerpflicht der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen nach § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 34 Abs. 4 KStG.
Die Klägerin war Inhaberin der Geschäftsanteile an der A GmbH. Die Anteile (Stammkapital 100.000 DM) waren von B und C A in die Klägerin zum 01.01.2001 zum Nennwert gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten (Kapitalerhöhung) eingebracht worden. Mit not. Urkunde vom 03.01.2001 machte die D Metall und Maschinen GmbH (D GmbH) der Klägerin ein unwiderrufliches bis 31.01.2002 befristetes Angebot auf Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrages über Geschäftsanteile von 80.000 DM an der A-GmbH (Kaufpreis 2 Mio. DM). Danach sollte die Klägerin die Geschäftsanteile mit Wirkung für den Tag der Annahme des Angebotes an die D GmbH abtreten. Das Angebot konnte frühestens am 02.01.2002 angenommen werden. Für den Fall der Annahme sollte das Gewinnbezugsrecht zum 01.01.2002 übergehen.
Gleichzeitig machte die Klägerin ein unwiderrufliches bis 31.03.2002 befristetes - frühestens am 02.03.2002 annehmbares - Angebot zum Verkauf der genannten Gesellschaftsanteile zu den Bedingungen des Kaufangebots (Kaufpreis 1,8 Mio. DM).
Mit not. Urkunde vom 15.01.2002 - berichtigt am 14.04.2004 - nahm die Klägerin das Angebot der D GmbH an. Dabei trafen die Vertragsparteien gesonderte Vereinbarungen zur Fälligkeit des Kaufpreises.
Den Gewinn aus der Anteilsveräußerung von 1.026.114,15 € behandelte das Finanzamt im Hinblick auf § 8b Abs. 2 KStG zunächst erklärungsgemäß als steuerfrei. Im Änderungsbescheid vom 24.08.2006 - bekanntgegeben durch einfachen Brief -, der weiterhin unter Vorbehalt der Nachprüfung steht, ist der Gewinn nach § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 2. HalbSatz i.V.m. § 34 Abs. 4 KStG als steuerpflichtig behandelt. Der am 27.09.2006 eingegangene Einspruch blieb erfolglos. Gegen die Einspruchsentscheidung vom 11.05.2007 - bekanntgegeben mit einfachem Brief - hat die Klägerin am 14.06.2007 Klage erhoben und vorgetragen:
Durch das Steuersenkungsgesetz vom 23.10.2000 sei § 8b Abs. 2 und Abs. 4 KStG neu gefasst worden. Danach seien Gewinne aus Veräußerungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften nach dem 31.12.2001 von der Besteuerung freigestellt worden. Auf diese Rechtslage vertrauend hätten die Klägerin und die D GmbH ihr Kauf- und ihr Verkaufsangebot am 03.01.2001 abgegeben. Mit Wirkung vom 15.08.2001 sei aber § 8b KStG durch das Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 erneut geändert worden. Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Veräußerung sei seitdem eine siebenjährige Behaltensfrist. Danach wäre die Veräußerung vom 15.01.2002 steuerpflichtig, weil die Klägerin die Anteile nur ein Jahr gehalten habe. Die Neufassung von § 8b KStG sei aber auf den Streitfall wegen unzulässiger Rückwirkung nicht anzuwenden; bereits vor Verkündung der Gesetzesänderung habe die Klägerin disponiert, ein Rücktritt von ihrem Verkaufsangebot sei nicht mehr möglich gewesen. Bezogen auf die Veräußerung des Streitfalls entfalte das Gesetz "echte Rückwirkung" und sei verfassungswidrig. Der fiskalische Zweck, der der neuen Gesetzesfassung zugrunde liege, rechtfertige keinen Eingriff in die rechtsstaatlich und grundrechtlich geschützte Vertrauensposition der Klägerin. Nichts anderes gelte deshalb, weil mit der Änderung eine Gesetzeslücke geschlossen worden sei.
Das Finanzamt ist der Auffassung, die Klage sei unbegründet.
Das Veräußerungsgeschäft habe im Streitfall im Jahr 2002 stattgefunden. Damals sei die Neufassung von § 8b Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Hs 2 KStG anzuwenden gewesen. Das Gesetz wirke nicht unzulässig zurück. Es gebe keinen Vertrauenstatbestand, dass steuerliche Vergünstigungen für die Zukunft aufrecht erhalten blieben. Im Übrigen sei bereits im Jahr 2000 in der Literatur diskutiert worden, dass § 8b Abs. 4 KStG insoweit eine Regelungslücke enthalte, als er keine Sperrfrist von 7 Jahren vorsehe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 24.08.2006 und die Einspruchsentscheidung vom 11.05.2007 dahin zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn von 1.026.114 € als steuerfrei behandelt wird,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die FG-Akte und die Rechtsbehelfsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das Finanzamt hat den von der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinn zu Recht ...