Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Protokollierung der mündlichen Urteilsbegründung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die kurze mündliche Urteilsbegründung im Anschluss an die Urteilsverkündung ist nicht Gegenstand der Sitzungsniederschrift.

2. Ein nachträglich gestellter, hierauf gerichteter Protokollberichtigungsantrag ist demzufolge abzulehnen.

 

Normenkette

FGO § 94; ZPO §§ 160, 164

 

Tatbestand

I.

Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2015 und die Urteilsverkündung (Klageabweisung) hat der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 11. März 2015 eine Protokollberichtigung beantragt und zu Begründung ausgeführt, es sei „das Protokoll der mündlichen Verhandlung … nicht vollständig abgefasst worden“, es gebe demnach „nicht insgesamt den Inhalt der mündlichen Verhandlung wieder“. Der Kläger möchte erreichen, dass eine im Anschluss an die Urteilsverkündung – von ihm sodann dargestellte – mündliche Urteilsbegründung des Vorsitzenden in das Protokoll aufgenommen wird.

Der Senatsvorsitzende hat dem Kläger mit Schreiben vom 13. März 2015 mitgeteilt, dass seiner Rechtsauffassung zufolge die begehrte Protokollberichtigung nicht in Betracht komme. Der Kläger wolle daher prüfen, ob an dem Antrag festgehalten wird.

Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. März 2015 mitgeteilt, dass er an dem Antrag festhält.

Der Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist nicht begründet.

1. Ein nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellter und deshalb unzulässiger Antrag auf Protokollergänzung kann als Anregung zur Protokollberichtigung behandelt werden (BFH-Beschluss vom 22. September 1992 VIII S 10/92, BFH/NV 1993, 543; Koch in Gräber, 2. Über FGO, 7.Aufl., § 94 FGO Rz. 20).

2. Über § 94 FGO findet die Vorschrift des § 164 ZPO Anwendung. Danach können Unrichtigkeiten des Protokolls jederzeit berichtigt werden (§ 164 Abs. 1 ZPO). Vor der Berichtigung sind die Parteien zu hören (§ 164 Abs. 2 ZPO). Die Berichtigung wird auf dem Protokoll vermerkt; dabei kann auf eine mit dem Protokoll zu verbindende Anlage verwiesen werden. Der Vermerk ist von dem Richter, der das Protokoll unterschrieben hat, oder von dem allein tätig gewesenen Richter, selbst wenn dieser an der Unterschrift verhindert war, und von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, soweit er zur Protokollführung zugezogen war, zu unterschreiben (§ 164 Abs. 3 ZPO).

Das Protokoll braucht nur den äußeren Ablauf der Verhandlung wiederzugeben, nicht deren gesamten Inhalt (BFH-Beschluss vom 22. September 1992 VIII S 10/92, BFH/NV 1993, 543). Hierzu gehören die in § 160 Abs. 1 ZPO bezeichneten Formalien, die in Abs. 3 dieser Vorschrift benannten Vorgänge sowie die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung i.S. von § 160 Abs. 2 ZPO. Wesentlich i.S. von § 160 Abs. 2 ZPO sind alle entscheidungs- und ergebniserheblichen Vorgänge, damit sich die Rechtsmittelinstanz im Einzelfall von der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens effektiv überzeugen kann (BGH-Urteil vom 26. April 1989 I ZR 220/87, Neue Juristische Wochenschrift 1990, 121; Wieczorek/Schütze/Smid, 3. Aufl., § 160 ZPO Rz 16). Hingegen ist nicht notwendig die Aufnahme dessen, was nur theoretisch möglicherweise von Bedeutung werden könnte (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 160 Rz 9), zumal die Beteiligten es gemäß § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO in der Hand haben, bis zum Schluss der Verhandlung den Antrag zu stellen, bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufzunehmen. Zu den gemäß § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 2 ZPO protokollierungspflichtigen Vorgängen rechnen beispielsweise die von den Beteiligten abgegebenen Erklärungen über die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 94 FGO Rz 19). Gleiches gilt für einen in diesem Zusammenhang erklärten Widerrufsvorbehalt (zum Ganzen BFH-Beschluss vom 21. August 2007 X S 16/07 (PKH), BFH/NV 2007, 2316; Wieczorek/Schütze/Smid, a.a.O., § 160 ZPO Rz 31 zum Vergleich unter Widerruf).

3. Ob und in welchem Umfang der Senat nach Verkündung eines Urteils eine kurze mündliche Begründung abgibt, steht in seinem Ermessen (§ 155 FGO i.V.m. § 311 Abs. 3 ZPO). Der Senat weist in allen Fällen der mündlichen Urteilsbegründung – so auch im vorliegenden Fall – darauf hin, dass die tragenden Gründe sich im Einzelnen aus den (späteren) schriftlichen Urteilsgründen ergeben werden.

Die Protokollierung einer derartigen kurzen mündlichen Begründung ist nicht Gegenstand des gerichtlichen Protokolls. Zum notwendigen Inhalt des gerichtlichen Protokolls wird auf § 94 FGO i.V.m. § 160 ZPO verwiesen. Im vorliegenden Streitfall war die mündliche Verhandlung geschlossen und nach geheimer Beratung das Urteil verkündet worden. Dies wurde protokolliert. Eine weitergehende Protokollierungspflicht besteht nicht.

So gehört beispielsweise auch nicht der Inhalt der Beratung nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu den wesentlichen Vorgängen, die in die Niederschrift aufzunehmen sind (Schallmoser in Hüb...

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