Entscheidungsstichwort (Thema)
Erforderlichkeit einer Eignungsprüfung für einen spanischen "asesor fiscal" für steuerberatende Tätigkeit in Deutschland
Leitsatz (amtlich)
Ein spanischer Staatsbürger, der in Spanien ein dreijähriges Hochschulstudium absolviert hat und dort als "Asesor Fiscal" steuerberatend tätig sein darf, hat dennoch die Eignungsprüfung gemäß § 37a Abs. 2 StBerG abzulegen, wenn er im Inland unter der Berufsbezeichnung seines Herkunftsstaates steuerberatend tätig werden will. Ansonsten ist er gemäß § 80 Abs. 5 AO zwingend zurückzuweisen. Dies verletzt nicht die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43ff. EGV, weil die Eignungsprüfung im reglementierten Beruf des Steuerberaters nicht diskriminierend ist, durch das Allgemeininteresse an einer qualifizierten Steuerberatung gerechtfertigt und erforderlich sowie geeignet ist, die Standards des Steuerberaterberufes zu gewährleisten.
Normenkette
AO § 80 Abs. 5; EGV Art. 43; StBerG § 73a Abs. 2; RL 89/48/EWG
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger als "Asesor Fiscal" von seiner inländischen Niederlassung zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt ist, ohne die gemäß § 37a Abs. 2 StBerG erforderliche Eignungsprüfung abgelegt zu haben.
Der Kläger ist spanischer Staatsbürger mit Wohnsitz im Inland. Bereits am 1. Juni 2004 meldete er unter seiner Anschrift und seiner spanischen Berufsbezeichnung "Asesor Fiscal" ein Gewerbe an. Die OFD informierte den Kläger mit Schreiben vom 6. August, 30. August und 14. September 2004 darüber, dass er im Inland weder zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung noch zur Begründung einer inländischen Niederlassung befugt sei. Für seinen Antrag, sich im Inland als "Asesor Fiscal" niederzulassen bestehe keine Rechtsgrundlage. Dennoch wurde der Kläger in mindestens vier Fällen im Inland steuerberatend tätig. So leistete er dem Steuerpflichtigen R. R. sowie der R und B GbR bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung 2003 bzw. der Gewinnfeststellungserklärung 2003 geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen. Am 2. März 2005 beantragte er beim Rheinland-Pfälzischen Ministerium der Finanzen die Eignungsprüfung gemäß § 37a Abs. 2 StBerG ablegen zu dürfen. Zur Ablegung der Eignungsprüfung wurde der Kläger jedoch bislang nicht zugelassen.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2004 wies der Beklagte den Kläger als Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen R. R. sowie der R und B GbR zurück (Bl. 16 der FG-Akte). Seinen hiergegen gerichteten Einspruch begründete der Kläger damit, dass er aufgrund der in Art. 43ff. EGV gewährleisteten Niederlassungsfreiheit europaweit und gemäß § 3 Nr. 4 StBerG zur Steuerrechtshilfe und auch zur Begründung einer Niederlassung befugt sei, da er in Spanien mit Erfolg ein dreijähriges Studium zum "Asesor Fiscal" abgeschlossen habe. Er dürfe sich "Asesor Fiscal" nennen und im Inland geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen leisten. Mit Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 2005 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen (Bl. 17ff. FG-Akte).
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, er begehre die Zulassung zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen unter seiner spanischen Herkunftsbezeichnung unter Berufung auf die europarechtlich in Art. 43ff. bzw. Art. 50 EGV geregelte Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Europarechtlich werde die Freiheit eines Selbständigen geschützt, außerhalb seines Heimatstaates einer dauerhaften Erwerbstätigkeit nachzugehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH stehe Art. 43 EGV grundsätzlich jeder staatlichen Regelung entgegen, die geeignet sei, die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit als solche zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Seit dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages sei die Niederlassungsfreiheit ausweislich des Wortlautes in Art. 43 Abs. 1 EGV ausdrücklich als sog. Beschränkungsverbot ausgestaltet.
Zudem sei nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 1 c) EGV die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten eines der Ziele der Gemeinschaft. Dies bedeute für die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten insbesondere die Möglichkeit, als Selbständige oder abhängig Beschäftigte einen Beruf in einem anderen Mitgliedstaat als dem auszuüben, in dem sie ihre Berufsqualifikation erworben hätten. Vor dem Hintergrund dieser europarechtlichen Vorgaben sei seine Zurückweisung durch den Bescheid des Beklagten rechtswidrig und damit aufzuheben. Es sei ein anerkannter Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, dass sowohl Behörden als auch Gerichte der Mitgliedstaaten verpflichtet seien, den Anwendungsvorrang des (primären und sekundären) Gemeinschaftsrechts zu beachten. Dies bedeute, dass innerstaatliches Berufsrecht gemeinschaftsrechtskonform auszulegen und - sofern eine Regelung gemeinschaftswidrig sei - nicht anzuwenden sei.
Durch das am 1. Juli 2000 in Kraft getretene 7. StBÄndG sei durch den neu eingefügten § 3 Nr. 4 StBerG lediglich eine Teil-Anpassung des nationalen Berufsrechts an ...