Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf und Rückforderung von Nichtveranlagungsbescheinigungen
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die Auswirkungen des Standortsicherungsgesetzes vom 13. September 1993 (BGBl. I 1993, 1569) auf die steuerlichen Verhältnisse der Klägerin, …
Mit Gesellschaftsvertrag vom … wurde die Klägerin errichtet. Die Gründung erfolgte am … durch Eintragung im Handelsregister, Abteilung … Gegenstand des Unternehmens ist die Förderung aller Maßnahmen, die der Entwicklung und Verbesserung der Wirtschafts- und Sozialstruktur … dienen, insbesondere derjenigen Maßnahmen, die der Schaffung neuer und der Erhaltung gefährdeter Arbeitsplätze dienen.
Das Stammkapital von … wird zu … vom … und zu jeweils … von der … und der … gehalten. Die Klägerin ist bis einschließlich 1993 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit gewesen, weil sie nach der damaligen Auffassung des Beklagten ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten und gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff AO diente. Der Klägerin wurden Nichtveranlagungsbescheinigungen gemäß § 44 c Abs. 1 EStG erteilt zwecks Erstattung von Kapitalertragsteuer und Dividendenausschüttungen durch das Bundesamt für Finanzen.
Im Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Behandlung von Wirtschaftsförderungsgesellschaften gemäß Art. 2 des Standortsicherungsgesetzes vom 13. September 1993 wurde mit Bescheid vom 15. Dezember 1994 die der Klägerin erteilten Nichtveranlagungsbescheinigungen vom 29. Oktober 1991 für den Zeitraum 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1994 und vom 29. Oktober 1994 für den Zeitraum 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 1997 mit Wirkung ab dem 1. Januar 1994 widerrufen und zurückgefordert.
Hiergegen legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein mit der Begründung, daß die Gesellschaft bislang als gemeinnützig anerkannt worden sei und die gesetzliche Neuregelung und die Einfügung des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG durch das Standortsicherungsgesetz nicht die Tatsache beeinflußten, daß sie – die Klägerin – weiterhin ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolge. Sie verwirkliche die materielle Förderung der Allgemeinheit im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts, da die Fördermittel nur im Zusammenhang mit der Schaffung, Erhaltung und Sicherung von Arbeitsplätzen gewährt würden. Diese Förderung sei selbstlos, da nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt würden. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 seien erfüllt. Das Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit nach § 56 AO sei ebenfalls gegeben, da sie nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolge und diese auch gemäß § 57 AO selbst verwirkliche. Somit lägen sämtliche Voraussetzungen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit vor, so daß die Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG greife und die Erstattung der Kapitalertragsteuer in voller Höhe gemäß § 44 c Abs. 1 EStG erfolgen müsse. Durch die Einfügung des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG seien die allgemeinen Regelungen des Gemeinnützigkeitsrechts nicht aufgehoben worden. Vielmehr bestimmten zwei selbständige Befreiungsvorschriften, deren Tatbestandsvoraussetzung unabhängig voneinander zu prüfen seien.
Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Juli 1995 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Er führte dazu im wesentlichen aus: Die durch das Standortsicherungsgesetz u.a. eingeführte Steuerbefreiungsvorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG gelte für die dort benannten Wirtschaftsförderungsgesellschaften erstmals für den Veranlagungszeitraum 1993. Wirtschaftsförderungsgesellschaften, die in der Vergangenheit als gemeinnützige Körperschaften im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG behandelt worden seien, könnten die Steuervergünstigungen wegen Gemeinnützigkeit aus Billigkeitsgründen bis zur erstmaligen Anwendung der besonderen Befreiungsvorschriften weiterhin in Anspruch nehmen. Es sei somit ein Übergang geschaffen worden von der Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit zur Steuerbefreiung nach besonderen Befreiungsvorschriften. Aufgrund des Erlasses des Ministeriums der Finanzen vom 27. Januar 1994 – S 0171 A – 444 – gelte beim Übergang der Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit zur Steuerbefreiung nach den besonderen Befreiungsvorschriften hinsichtlich der Anwendungen des § 44 c Abs. 1 EStG folgendes: Den in der Vergangenheit als gemeinnützig behandelten Wirtschaftsförderungsgesellschaften sei bisher die Kapitalertragsteuer auf Dividendenausschüttungen nach § 44 c Abs. 1 EStG voll erstattet worden. Im Hinblick auf den durch die Behandlung als gemeinnützige Körperschaft geschaffenen Vertrauenstatbestand seien die Folgerungen aus der gesetzlichen Neugeregelung hinsichtlich der Anwendung des § 44 c Abs. 1 EStG aus Billigkeitsgründen erst ab dem 1. Januar 1994 zu ziehen. Bescheinigungen...