Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für ein Jurastudium sind auch dann Ausbildungskosten, wenn der Steuerpflichtige bereits ein Studium an einer FH für öffentliche Verwaltung absolviert hat und lediglich das erste juristische Staatsexamen ablegte
Leitsatz (redaktionell)
Im Zusammenhang mit einem Jurastudium entstandene Aufwendungen stellen auch dann Ausbildungskosten dar, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits ein Studium an einer FH für öffentliche Verwaltung mit dem Diplom abgeschlossen hat und lediglich die erste juristische Staatsprüfung ablegt, aber nicht beabsichtigt, auch den Referendardienst zur Zulassung zur zweiten juristischen Staatsprüfung abzuleisten, denn durch das Jurastudium werden die in dem FH-Studium erworbenen Kenntnisse nicht nur ergänzt oder vertieft, sondern es wird jedenfalls mittelbar ein Wechsel in andere Berufe ermöglicht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob im Zusammenhang mit einem Jurastudium entstandene Kosten als Werbungskosten in voller Höhe oder lediglich als Sonderausgaben beschränkt auf einen Höchstbetrag abziehbar sind.
Der Kläger war im Streitjahr als Beamter des gehobenen Dienstes Sachbearbeiter im Haushaltsreferat beim Bundesministerium des Innern. Nach einem dreijährigen Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, das er mit dem entsprechenden Diplom abgeschlossen hat, und der Erlangung des Kommunal-Diploms der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Aachen studierte er ab April 1991 neben seinem Beruf Rechtswissenschaften und absolvierte in 1996 die erste juristische Staatsprüfung. Vom 1. Januar 1995 bis zum 31. März 1996 war er unter Wegfall seiner Bezüge vom Dienst freigestellt worden.
In seiner Einkommensteuererklärung für 1995 beantragte er den Abzug von mit seinem Jurastudium in Zusammenhang stehenden Kosten als Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Nachdem das beklagte Finanzamt den Werbungskostenabzug mit der Begründung, es handele sich um Ausbildungskosten, versagt und in dem Einkommensteuerbescheid 1995 vom 14. Februar 1997, der zu einer Steuerfestsetzung von 0 DM führte, den gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der für 1995 gültigen Fassung anzusetzenden Höchstbetrag berücksichtigt hatte, beantragte der Kläger unter dem 8. April 1997 die Anerkennung der o. g. Kosten als Werbungskosten und den Rücktrag des sich daraus ergebenden Verlustes auf 1994. Auch die entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheides 1994 wurde vom beklagten Finanzamt jedoch aus den o. g. Gründen versagt. Das gegen die Versagung der Änderung durchgeführte Einspruchsverfahren blieb ebenfalls erfolglos, vgl. die Einspruchsentscheidung vom 12. Januar 1998.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Der Kläger trägt vor, er habe das Studium der Rechtswissenschaften nur betrieben, um seine beruflichen Perspektiven als Bundesbeamter verbessern zu können. Das Studium habe ihm die Möglichkeit des Aufstiegs in den höheren Verwaltungsdienst und der vorzeitigen Erlangung einer Lebensaltersstufe geschaffen. Deshalb habe er auch die Wahlfachgruppe "Staat und Verwaltung" belegt. Bereits das Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung habe sich nicht nur auf Verwaltungsrecht, sondern u. a. auch auf allgemeine Staatslehre, Verfassungsrecht, bürgerliches Recht, Strafrecht, Verwaltungsprozessrecht und besonderes Verwaltungsrecht bezogen. Das Fach Privatrecht habe dabei sogar zu den Klausurfächern gezählt. Diese und die durch das Studium an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Aachen erworbenen Kenntnisse seien durch das Jurastudium ergänzt, aktualisiert und vertieft worden und kämen ihm bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zugute. Letztlich hätten sich diese vertieften Kenntnisse auch in der trotz Berufstätigkeit kurzen Studienzeit mit guten Ergebnissen und in seinem raschen beruflichen Aufstieg (Oberamtsrat mit 32 Jahren) niedergeschlagen. Das FH-Studium habe auch zu verschiedenen Vergünstigungen im Rahmen des Jurastudiums geführt (Verzicht auf die sog. kleinen Scheine im bürgerlichen Recht und im öffentlichen Recht etc.). Derzeit stehe ihm auch kein Wechsel in eine andere Berufsart offen, da dies erst nach Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung möglich sei. Dies bzw. einen Wechsel in einen anderen Beruf habe er auch zu keiner Zeit angestrebt. Auch als Beamter des höheren Dienstes würde er im Ministerium keine wesentlich andere Tätigkeit ausüben können, da Leitungsfunktionen erst ab der Ebene der Referatsleiter ausgeübt würden. Seine Motivation ergebe sich auch aus seinem Antrag auf Sonderurlaub zur Vorbereitung der ersten juristischen Staatsprüfung bei seinem Dienstherren, in dem er die Absicht kundgetan habe, sein Wissen dann im Dienste entsprechend einzusetzen. Schließlich habe er sich nach dem Examen im Mai 1996 ja trotz seiner guten Noten auch gar nicht erst um eine Referendarstelle bemüht. Auch seine famili...